Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Kreis Lippe

Bauer soll Bio-Hof zu einer „Kloake“ verkommen lassen haben

Eine Wörderfelderin wirft ihrem Pächter Vernachlässigung vor

Kreis Lippe. Am Freitag steht ein Biobauer aus Lügde-Wörderfeld wegen angeblichen Betruges vor dem Detmolder Amtsgericht. Er soll bei Discountern Hühnerfleisch gekauft und dieses als Bioprodukt an Naturkostläden weiterverkauft haben. Dahinter steht allerdings noch eine andere Geschichte. Denn die Frau, die den Mann angezeigt hat, wirft ihm schlechte Hofhaltung und Tierquälerei vor.

Susanne Köster-Wienkemeier hat den Hof vor Jahren selbst betrieben. Am 1. Januar 2013 pachtete der heute angeklagte Ex-Polizist den Hof und die zugehörigen Rinder. Doch er habe die Tiere vernachlässigt. „Die standen bis zum Bauch in der Scheiße", sagte sie gestern der LZ. „Ich habe ihn immer wieder angerufen und gesagt: So geht das nicht." Sie hätten dann zusammen eingestreut.

Information
Abmahnung vom Erzeugerring

Der Angeklagte hat sein Hühnerfleisch unter dem Label „Biokreis" vertrieben. Mit dem Label arbeiten 1100 Landwirte. Weil er beziehungsweise sein Vater als offizieller Betreiber den Beitrag nicht gezahlt habe, habe der Biokreis ihn rausgeworfen. Das sei aber nur die halbe Wahrheit, schrieb der Biokreis auf LZ-Nachfrage: „Da es Unstimmigkeiten in der Betriebsführung des Biohofs Kösters Kamp zu Wörderfeld gab, forderte der Geschäftsführer des Erzeugerrings NRW die Kontrollstelle IMO auf, eine unangekündigte Kontrolle auf dem Betrieb durchzuführen, die eine Abmahnung bezüglich der Tierhaltung zur Folge hatte." Der Angeklagte sei weder seinen Zahlungen gegenüber anderen Biokreis-Mitgliedern noch gegenüber dem Biokreis nachgekommen.

Mit der Kündigung Ende April hätte er sofort alle Unterlagen zum Markenzeichen zurückgeben müssen, was er nicht getan habe. „Die Verpächterin seines Hofes sicherte dem Biokreis zu, das Hofschild zu entfernen und uns zuzuschicken." Der Biokreis habe den Fall außerdem einem Rechtsanwalt übergeben.

Und Susanne Köster-Wienkemeier wandte sich ans Veterinäramt, wie Dr. Ulrich Kros vom Kreis Lippe bestätigt. Der Kreisveterinär schaute sich den Betrieb an, der Biobauer erhielt eine Verfügung, auszumisten und vernünftig einzustreuen. „Das haben wir in regelmäßig Abständen kontrolliert, und er hat sich daran gehalten", sagt der Veterinär.

Der Pächter selbst bestreitet nicht, dass die Tiere im hohen Mist gestanden haben: „Man macht das in Schichten, da kommt immer wieder frisches Streu drauf. Das war eine Momentaufnahme, was das Veterinäramt gesehen hat, ich hätte an dem Tag schon noch eingestreut", sagt er. Dagegen spricht allerdings die Einschätzung von Sabine Schmitz vom Bioladen aus Schieder: „Ich habe mir den Hof im Januar angeguckt, und weil die Kühe so tief im Mist standen, habe ich meinen Vertrag mit ihm sofort gekündigt", erzählt die Geschäftsfrau. Von ihrem Besuch will der Bauer aber nichts mitbekommen haben.

Sabine Schmitz ist – ebenso wie der Kreisveterinär – heute als Zeugin vor Gericht geladen. Allerdings sei sie niemals von ihm mit falsch etikettiertem Hähnchenfleisch beliefert worden, betont sie.

Das Veterinäramt ist noch ein zweites Mal auf dem Wörderfelder Hof vorstellig geworden, wiederum nach einer Meldung von Susanne Köster-Wienkemeier. Zuvor hatte sie Bilder von toten Hühnern auf einem Misthaufen, einer toten Katze und auf dem Mist verstreuten Eiern auf Facebook gepostet: „Stinksauer und angewidert: Unglaublich, mein verpachteter Hof in Wörderfeld ist eine Rattenburg und Kadaverstelle... Ohne Worte, eine völlig heruntergewirtschaftete Kloake", schrieb sie dazu und meldete die Zustände erneut in Detmold.

Wieder schaute sich der Veterinär Dr. Kros die Lage vor Ort an: „Die Tiere waren in einem guten Zustand", sagte er. Allerdings hätten die Hühnerkadaver nicht auf dem Mist liegen dürfen. „Das ist allerdings eine falsche Kadaverlagerung", hier habe der Züchter eine Auflage bekommen.

Einige der toten Hühner habe das Veterinäramt sezieren lassen, jedoch keine Auffälligkeiten gefunden, die auf schlechte Haltung schließen ließen. „In einer Hühnerzucht kommt es immer mal vor, dass Tiere verenden", sagt er. Mittlerweile ist der Angeklagte komplett vom Hof, sein Vater, auf dessen Name der Pachtbetrieb gelaufen ist, hat Insolvenz für den Betrieb angemeldet. Der Pachtvertrag zwischen Susanne Köster-Wienkemeier und dem Pächter endete am 15. August 2016.

Die Tiere sind in neuen Händen. Weil sie den Hof aus gesundheitlichen Gründen nicht bewirtschaften kann, hat Susanne Wienkemeier in Jasper Ratmeyer jemanden gefunden, der sich um die etwa 150 Hühner kümmert. „Die meisten taugen nicht mehr zum Verkauf, aber er will sie nicht alle umbringen", sagt sie. Darum versuche er, die meisten Hühner „für einen Appel und ein Ei" an Hobbyhühnerhalter zu verkaufen. Ihren ehemaligen Pächter will sie jedenfalls nicht mehr auf dem Hof sehen. „Ich hoffe, der darf nie wieder Tiere halten."

Empfohlener redaktioneller Inhalt


Wir bieten an dieser Stelle weitere externe Informationen zu dem Artikel an. Mit einem Klick können Sie sich diese anzeigen lassen und auch wieder ausblenden.

Externe Inhalte

Wenn Sie sich externe Inhalte anzeigen lassen, erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Hinweise dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.