Diese Kostüme sind in vielen Kitas und Schulen nicht erwünscht

Bielefeld/Paderborn. Die jecken Tage haben auch in OWL begonnen, und viele Kitas und Schulen feiern Karneval mit Verkleidungsfesten. Längst aber hat die öffentliche Diskussion um Rassismus und kulturelle Aneignung bei der Kostümierung auch die pädagogischen Einrichtungen erreicht. Und so gibt es auch in OWL Verbote und Anregungen für bestimmte Verkleidungen.

"Bitte denkt daran: Es dürfen keine Waffen zu den Verkleidungen mitgebracht werden." Klar und deutlich hat sich die Leiterin einer Kita im Bielefelder Westen mit dieser Bitte an die Eltern gewandt. Angehängt hat sie außerdem einen Artikel, der über das Thema kulturelle Aneignung bei Kostümen aufklärt und Eltern sensibilisiert. Im Fokus der Kritik stehen dabei vor allem Kostüme wie "Indianer" oder Chinese, Soldat oder Spezialeinheiten der Polizei.

Ähnlich handhabt es die Fürstin-Pauline-Stiftung in Lippe. In den dortigen Kitas sind ebenfalls keine Spielzeugwaffen erlaubt, berichtet der Vorstand Dirk Pruin auf Anfrage. Dies sei die einzige Vorschrift: "Ansonsten überlassen wir die Auswahl der Kostüme den Kindern beziehungsweise den Erziehungsberechtigten", sagt Pruin. Die Kinder dürften auch indigene Völker oder Ureinwohner Amerikas darstellen.

Rassismus-Expertin aus Gütersloh sieht großen Widerstand Auch bei den Katholischen Kitas Minden-Ravensberg-Lippe und im Hochstift Paderborn gibt es kein Verkleidungsverbot – aber ein Waffenverbot. "Die möchten wir gerade in dieser sensiblen Zeit nicht in den Einrichtungen haben", sagt Geschäftsführer Detlef Müller. "In vielen Kitas ist das Motto: Die Welt ist bunt. Und dabei verlassen wir uns darauf, dass Respekt, Wertschätzung und Toleranz, Werte, die wir jeden Tag vermitteln, bei der Auswahl der Kostüme zum Tragen kommen."

Nicht in Ordnung findet das Sophie Brzezinski-Buhan von der Antidiskriminierungsstelle der AWO in Gütersloh. "Diskussionen um Rassismus und kulturelle Aneignung sind kein Gegenstand für Relativierung oder Whataboutism. Der Widerstand ist aber sehr groß, und wir sehen immer wieder, dass Aufklärung zu diesem Thema nur von Betroffenen betrieben wird – zum Beispiel Jahr für Jahr an Karneval. Das ist sehr bedauerlich."

In den vergangenen Jahren bestimmten die Debatten um kulturelle Aneignung zunehmend den Karneval. Dabei ging es im Kern um die Übernahme von Kleidungen, Ausdrücken oder Bräuchen bestimmter Gruppen wie indigener Kulturen, die jahrhundertelang gewaltsam unterdrückt wurden. Kulturelle Aneignung und Rassismus sagen die einen, von einer Kultur des Verbietens sprechen die anderen.

"Liste mit Kostümen nicht zielführend" Martin Booms, Professor für Philosophie an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft, findet die Strenge der Diskussion befremdlich. &bdquo;Ich glaube nicht, dass es zielführend ist, dass man jetzt eine Liste macht mit Kostümen und Rollenmotiven, die noch 'gehen', und solchen, die 'nicht gehen'“, sagt er. Man müsse sich doch mal klar machen, was im Karneval passiere. Rollenklischees würden bewusst eingesetzt. &bdquo;Wer sich ein Kostüm überzieht und in eine fremde Rolle schlüpft, der macht das mit Selbstironie. Genau diese Eigenschaft – über sich selbst lachen zu können – ist eine Kultur, die so etwas wie Diskriminierung und Exklusion verhütet.“

Die Frage sei auch, was kulturelle Aneignung heiße. &bdquo;Man muss aufpassen, dass in dieser Debatte nicht ein Kulturbegriff verwendet wird, der essenzialistisch ist. Der sagt: Bestimmte kulturelle Merkmale 'gehören' einer bestimmten Gruppe“, sagt Booms. &bdquo;Ich halte das für ein problematisches Kulturverständnis.“ Karneval, das sei eigentlich &bdquo;praktiziertes Aufheben von Unterschieden“. &bdquo;Für ein paar Tage ist egal, wer man ist und wo man herkommt“, sagt Booms.

Für Sabine Schubert, Interimsleitung der AWO Ostwestfalen-Lippe, liegt die Lösung in einem fairen Miteinander. Das ist bei uns das oberste Gebot", sagt sie. Den Einrichtungen sei die Kreativität wichtig, "Kinder dürfen in Rollen schlüpfen. Kinder sehen keine diskriminierte Person, vielmehr ihren Helden. "Als früher 'Yakari' im KiKa lief, da wollten alle Kinder als Yakari und sein Pferd Kleiner Donner gehen", erinnert sie sich. Es sei aber ein schwieriges Thema, denn auch politische Korrektheit sei wichtig.

Kirchenkreis in OWL gegen Verbote Von Verboten hält auch Christine Kandler nichts, vielmehr stehe die Wertevermittlung im Vordergrund. Kandler ist Fachberaterin des evangelischen Kirchenkreises für Kindertagesstätten und für 39 Einrichtungen in Ostwestfalen-Lippe zuständig. "Es ist zu kurz gegriffen, Kostüme zu verbieten. Ich kann nur empfehlen, bei dem Thema in einem guten Dialog mit allen Beteiligten zu sein", sagt sie.

Spielzeugwaffen seien lediglich am Rande ein Thema, etwa wenn Kinder als Cowboy verkleidet seien. "Dann treten die Erzieherinnen in den Dialog und erklären, was eine Waffe ist und ob man sie überhaupt braucht", erklärt Kandler. Denn bereits im frühen Kindesalter fingen Kinder an, Dinge zu reflektieren.

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