einnahmung des Denkmals durch die Rechte zu stoppen oder rückgängigzumachen.Wasfolgtausdieser Forderung? Wir müssen immer gucken, dass wir unsere Verantwortung als Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen. Uns einmischen und Verantwortung nicht nur zu delegieren und zu sagen, da sollen sich mal die anderen drum kümmern. Es geht darum, zu widersprechen und aktiv zu werden. Wir dürfen nicht immer nur auf Institutionen gucken und die Zuständigkeit bei anderen suchen. Die AfD nutzt den Hermann parteipolitisch. So hat sie im Februar 2021inMainzmitdemSlogan„Raus aus dem Lockdown, Versager abwählen“ mit dem Hermannsdenkmal auf dem Emblem geworben. Kein Wunder. Wir haben hier die Hermannstreffen gehabt, die dem damaligen Flügel um Björn Höcke zuzuordnen waren. Das Hermannsland wird auch hier als germanisches Kernland gesehen und an dem Mythos angeknüpft. Das haben wir vorher auch bei der NPD gehabt, wie bei anderen neonazistischen Kleinstparteien und auch rechtsmilitanten Gruppen. Man nutzt das Denkmal, um diese Kontinuität über die letzten 2000 Jahre darzustellen. Die es ja so gar nicht gab. Die extreme Rechte arbeitet ja nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern ihr geht es vor allem um das Belegen der eigenen Bilder und der eigenen Argumentation. Sie erzählt historisch grundsätzlich andere Narrative als die der Wissenschaft. Das wohl prägnanteste Beispiel ist die Auschwitz-Lüge. Im überwiegenden Teil der Gesellschaft ist klar, dass Auschwitz und der Holocaust historische Fakten sind; die extreme Rechte leugnet das. Hier geht es vor allem darum, Ideologie und Politik zu machen. Forschung stört sie eher, oder sie ignorieren sie. Die von der extremen Rechten behauptete Kontinuität gibt es so nicht, sondern viel Migration und Kulturaustausch unter den diversen Stämmen und auch mit den Römern. Die extreme Rechte propagiert aber diese Kontinuität und versucht sie zu belegen, daher behauptet sie auch immer wieder, dass der Ort, an dem das Hermannsdenkmal errichtet wurde, ein alter germanischer Siedlungsplatz sei. Danach hat Ernst von Bandel ja gar nicht geguckt. Er hat das Denkmal auf die Grotenburg gebaut, weil man es wirklich von überall gut sehen konnte. Aber die extreme Rechte will nun mal die germanische Kontinuität. Die Varusschlacht muss deshalb auch nahe Detmold stattgefunden haben. Dabei hat es die Germanen als solche nicht mal als Stamm gegeben – nicht mal als etwas, was irgendwie unter „Volk“ zusammengefasst wird: mit einer kollektiven Identität, überhaupt einem Bewusstsein für ein Gemeinwesen. Arminius hätte sich nie als „Germane“ bezeichnet. Das war die römische Bezeichnung. Er hätte gesagt, ich bin ein „Cherusker“. Das war sein Stamm, und dann hat er sich Verbündete gesucht, um seine Interessen zu vertreten. Dass die Germanen ein Volk und Vorgänger der Deutschen waren, hat es so nicht gegeben. Aber es reimt sich so schön: „Hermann the German“... Totaler Unsinn. Sind die extrem Rechten da einfach beratungsresistent, wollen sie das alles gar nicht hören? Sie brauchen es für ihre Identitätsbildung, und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen ist das Hermannsdenkmal eine Ikone, eine Ideologie. Zum anderen der physische Ort; dieser Ort wird erwandert, besucht und genutzt, um sich und seine Gruppe oder Partei zu präsentieren. Im November 2018 ist es gelungen, am Hermann eine Versammlung zu verhindern, indem einige gesellschaftliche Gruppen miteinander demonstriert haben. Der damalige AfD-nahe „Alternative Kulturkongress“ hatte dort in der Folge nicht getagt. Es gelingt immer wieder mal, durch konkrete Intervention zu verhindern, dass bestimmte Gruppen auf das Gelände kommen, das Denkmal nutzen können, es besteigen oder sich dort in Ruhe präsentieren können. Das ist aber noch lange nicht der Bruch des Mythos. ZurPerson ■Jan Raabe analysiert seit Mitte der 1990er Jahre die Entwicklung des Neonazismus; sein Arbeitsschwerpunkt liegt im Bereich der rechten Jugendkulturen und der rechtsextremen Musik. Zusammen mit dem Sozialwissenschaftler Christian Dornbusch gab er 2002 den Sammelband „RechtsRock – Bestandsaufnahme und Gegenstrategie“ heraus. „Music is the key – Die Mechanismen und Netzwerke des RechtsRock als Vorbilder für den NS-Kampfsport“ (2020); „Die Externsteine und die extreme Rechte“ (2018) oder Antisemitismus in Jugendkulturen und deren Musik“ (2017) sind weitere Publikationen, die von Jan Raabe erschienen sind. (mah) Das Schwert gen Frankreich gerichtet: So steht das Denkmal seit 150 Jahren da. Foto: Martin Hostert 150JAHRE HERMANNSDENKMAL » MASKOTTCHEN HERMANN UND DER TBV GRATULIEREN ZUM JUBILÄUM! ES GEHT WIEDER LOS! 29.8., 20 UHR | VS. SC MAGDEBURG TICKETS: TBV-LEMGO-LIPPE.DE 19050101_800125 150 Jahre Hermann 41 SAMSTAG/SONNTAG 9./10. AUGUST 2025
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