150 Jahre Hermann

Der Hermann soll verbinden Mit dem neuen Hermanneum und frischen Ideen startet das Hermannsdenkmal in eine neue Zeit. Landesverbands-Chef Jörg Düning-Gast erklärt, was sich geändert hat – und warum es erst der Anfang ist. Yvonne Glandien Kreis Lippe. Wer dieser Tage das Hermannsdenkmal besucht, merkt sofort: Hier hat sich einiges getan. Im neuen Besucherzentrum, dem Hermanneum, empfängt Jörg Düning-Gast, Vorsteher des Landesverbandes Lippe, die LZ-Redaktion. Gemeinsam mit Stadt, Kreis und weiteren Partnern hat der Landesverband das Gelände modernisiert – mit Herzblut, langem Atem und einem klaren Ziel: das Denkmal zukunftsfähig machen. Herr Düning-Gast, wir stehen hier mitten im Hermanneum. Ein ganz neuer Ort – was steckt dahinter? JÖRG DÜNING-GAST: Der Name ist natürlich eine charmante Kombination. Ursprünglich sprachen wir von der „Erlebniswelt Hermannsdenkmal“. Das Projekt wurde über Jahre entwickelt, ein entsprechender Förderantrag geht auf das Jahr 2017 zurück. Das Hermanneum ist nun der zentrale Besuchsort – ein modernes Informationszentrum, das auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnitten ist. Was erwartet Besucherinnen und Besucher dort? Ziel war es, auf zeitgemäße Weise Wissen zu vermitteln. Viele Menschen möchten heute keine Broschüre mehr in die Hand nehmen, sondern sich digital und spielerisch informieren. Es gibt eine eigene App, Filme, ein 180-Grad-Kino, Mitmachstationen und eine Kinderspur für unsere jüngsten Gäste. Erwachsene können zum Beispiel in einem interaktiven Spiel ihr Wissen über den Hermann testen. Alles kostenfrei und barrierearm – das war uns wichtig. Wie viel Arbeit steckt in diesem Projekt? Enorm viel. Also, alles ging damit los, dass wir uns mit der Attraktivität des Standorts und des Denkmals beschäftigt haben, und das ist schon im Jahre 2016 passiert. Da haben sich die Kreisverwaltung, der Landesverband Lippe, die Stadt Detmold zusammengetan und eine Machbarkeitsstudie entwickelt, um das Denkmal aufzuwerten. Sind denn die Arbeiten hier nun abgeschlossen? Nein, der gesamte Umbau umfasst drei Bauabschnitte: Neben dem Besucherzentrum wurde auch das Außengelände komplett neu gestaltet – mit Aufenthaltsflächen, Spielplatz und besseren Wegen. Nach den Jubiläumsfeierlichkeiten folgt ein dritter Abschnitt mit Fokus auf Barrierefreiheit am Denkmal selbst, taktilen Hilfen für Sehbehinderte und optimierten Wanderwegen. Auch der Parkplatz wird ausgebaut und besser genutzt werden. Was ist Ihr persönlicher Lieblingsort im Hermanneum? Hinten rechts, wo wir die anderen europäischen „Helden“ vorstellen. Das Hermannsdenkmal steht ja nicht isoliert – es war Teil einer europaweiten Welle von Nationaldenkmälern im 19. Jahrhundert wie der Kaiser Wilhelm oder das WittekindDenkmal in Herford, aber auch im Ausland: In Frankreich gibt es Vercingetorix, in Belgien ähnliche Figuren, und sogar in den USA findet man einen kleinen „Hermann“. Es geht darum, wie Nationen Identität stiften – und das wollen wir mitdenken. Und welche Bedeutung hat das Denkmal heute für Sie ganz persönlich – und für Ihre Arbeit? Für mich ist der Hermann das Symbol für Lippe. 500.000 Besucher pro Jahr zeigen: Das Denkmal ist ein Magnet. Aber es soll nicht nur Touristen anziehen, sondern auch Identifikation stiften. Hermann war zwar eine kämpferische Figur – aber wir interpretieren ihn heute anders: als identitätsstiftend, tolerant und gemeinschaftsorientiert. Wir fühlen uns als Lipper, wenn wir an ihn denken. Er ist unser Symbol. 500.000 Besucher sind eine ganze Menge. Zeichnet sich ein Trend ab, wie sich der Tourismus am Denkmal entwickelt? Seit das Hermanneum und die Außenanlagen fertig sind, erleben wir schon, dass mehr Menschen kommen. Wir sind vorsichtig davon ausgegangen, dass durch die Umgestaltung rund 15 Prozent mehr Besucher hierher kommen werden. Zum Vergleich: Beim Kaiser-Wilhelm-Denkmal sind es seit der Sanierung etwa 30 Prozent mehr Besucher. Wir haben da erst einmal vorsichtig kalkuliert und hoffen, dass es mehr wird. Aber wir sind uns auch sicher, hätten wir jetzt nichts gemacht, dann würde in zehn Jahren vielleichtnurnochdieHälftederLeute herkommen. Gibt es Herausforderungen, wenn man für so ein Monument verantwortlich ist? Natürlich. Die Sicherheit hat oberste Priorität – etwa lose Platten oder Schäden durch das Wetter müssen regelmäßig überprüft und repariert werden. Stellen Sie sich vor, es würde sich eine Platte lockern, herunterfallen und jemanden treffen. So etwas darf nicht passieren. Deswegen sind wir da penibel und schauen uns einmal im Jahr jede Schraube und jede Fuge an. Dazu kommt die Belastung durch Veranstaltungen. Das Denkmal steht auf einem historischen Pflaster von 1875. Wenn schwere Fahrzeuge zum Aufbauen kommen, gibt es Schäden. Deshalb wollen wir das historische Pflaster bald in ein modernes Beton-Fundament setzen. Zu den Veranstaltungen kommt noch der tägliche Wandertourismus hinzu. Genau. Da muss man sagen, auch der Klimawandel macht uns zu schaffen. In den umliegenden Wäldern müssen wir genau hingucken und Bäume, die auf Menschen stürzen könnten, rechtzeitig entfernen. So versuchen wir auch, das Areal attraktiv zu halten. Nicht nur für Touristen, sondern auch für Einheimische, etwa mit dem Mondscheinkino, Familienfesten und natürlich den Wanderwegen. Wir sind ja eine besonders zertifizierte Region, und das geht natürlich nur, wenn alle Räder ineinandergreifen und sich gegenseitig unterstützen. Deswegen sind wir so froh, dass wir das hier in Kooperation mit der Lippe Tourismus und Marketing GmbH, die hier ihren Standort hat, regeln können. Die bildet Wanderführer aus und verwaltet quasi die ganzen Wanderwege. Werden Sie eigentlich häufig mit kuriosen Ideen oder Wünschen konfrontiert? Hochzeiten am Denkmal sind ein Klassiker – und bald auch möglich. Wenn jemand einen Heiratsantrag am Abend oben auf dem Denkmal machen möchte, prüfen wir das gern. Unser Grundsatz ist: Wenn es niemandenstörtundFreudemacht,sind wir offen dafür. Wir können trotzdem nicht alles umsetzen, es muss sich ja Personal drum kümmern, aber wir versuchen das. Unsere Einstellung: Wir sind als Landesverband LippefürganzLippeda,undwirmüssen uns immer die Frage stellen, was ist für Lippe eigentlich gut. Und das Denkmal ist ja auch öffentlich finanziert. Das heißt, wir müssen den Lipperinnen und Lippern so viel wie möglich wiedergeben. ... oder wenn der Hermann ein riesiges Trikot tragen soll? Ja, also diese Partnerschaft mit Arminia Bielefeld ist ja lose schon sehr lange existent. 1999 hat der HermannzumAufstiegvonArminiaBielefeld in die 1. Bundesliga schon einmal das Trikot getragen und zu diesem besonderen Erlebnis, also dass eine Mannschaft aus der dritten Liga plötzlich, nachdem sie mehrere Bundesligisten ausgeschaltet hat, im Finale des DFB-Pokals steht, geht sowas mal. Das ist ja so eine Geschichte, die passt so wunderbar zum Hermann. Das ist David gegen Goliath, Germanen gegen Römer. Sie sprachen die Finanzierung an – wie funktioniert das bei einem öffentlichen Denkmal? Wir finanzieren einen Teil über Parkgebühren und Eintrittsgelder für den Aufstieg. Der Großteil der Veranstaltungen aber wäre ohne unsere Sponsoren und Spender nicht möglich. Sie tragen mit viel Herzblut dazu bei, dass wir ein vielseitiges, hochwertiges Programm auf die Beine stellen können. Ein trauriges Ereignis war der Brand der Bandelhütte. Wie geht es damit weiter? Die Hütte ist komplett abgebrannt – damit ist der Bestandsschutz erloschen. Ein originalgetreuer Wiederaufbau ist rechtlich nicht möglich. Aber wir denken über eine moderne Interpretation nach, mit Informationen zu Bandel, seiner Familie und seinem Werk. Im Herbst starten wir dazu einen Gestaltungswettbewerb. Was ist Ihre schönste persönliche Erinnerung an das Denkmal? Das war tatsächlich der Herbst 2020. Nach der langen Corona-Pause konnten wir endlich wieder das Mondscheinkino veranstalten – in einer abgespeckten Version auf der Bismarckwiese. Ich habe auf der Bühne gestanden, es war frisch – aber die Menschen waren glücklich. Das werde ich nie vergessen. Zum Abschluss: Was wünschen Sie dem Hermann zum Geburtstag? Natürlich weiterhin viele Fans. Ich wünsche ihm zum Geburtstag, dass er verstanden wird als Symbol für Toleranz und Miteinander, und ich wünsche ihm außerdem, dass er in denHerzenderLipperinnenundLipper weiterhin eine große Rolle spielt. Jörg Düning-Gast, Verbandsvorsteher des Landesverbands Lippe, Auge in Auge mit dem berühmtesten Lipper. Das Bild entstand im Rahmen der jährlichen Prüfung des Denkmals. Foto: Nicole Ellerbrake 150 Jahre Hermann 5 SAMSTAG/SONNTAG 9./10. AUGUST 2025

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