Zappel-Philipp, Suppenkaspar, Struwwelpeter, Hanns-Guck-in-die-Luft, Konrad, der Daumenlutscher, die Pyromanin Paulinchen, der böse Friederich & Co. — die Geschichten von den unartigen Kindern, die ein böses Ende nehmen, sind so legendär wie umstritten. 1844 hatte der Psychiater und Kinderbuchautor Heinrich Hoffmann das Bilderbuch »Der Struwwelpeter« als Weihnachtsgeschenk für seinen dreijährigen Sohn gezeichnet und gereimt. Auf das Drängen von Freunden veröffentlichte Hoffmann sein Werk und das Bilderbuch avancierte zum internationalen Bestseller. Seit ihrer Erstveröffentlichung im Jahr 1845haben die Erzählungen, die den Mädchen und Buben Moral und »anständiges« Benehmen einbläuen sollten, nichts von ihrer gruseligen Faszination verloren. Die britische Kultband »The Tiger Lillies« hat den aus heutiger Sicht äußerst fragwürdigen Stoff zusammen mit den Autoren Julian Crouch und Phelim McDermott zu einer wunderbar anarchischen Junk-Oper umgearbeitet, die die moralischen Lehren der schwarzen Pädagogik ad absurdum führt. In ihrer Adaption lassen sie ein kinderloses Paar auftreten, das sich nichts mehr wünscht als ein Baby. Schön soll es sein, stark soll es sein, es soll aussehen wie die Eltern. Doch Vorsicht mit den Wünschen, sie könnten anders in Erfüllung gehen, als man will! Denn das menschliche Bewusstsein ist voller Ungeheuer. Was wird aus dem Kind, das die Erwartungen nicht erfüllt? Was, wenn ein kleiner ungepflegter Struwwelpeter diesen Hoffnungen so gar nicht entspricht? Regisseur Gustav Rueb erzählt die Geschichte von dem ordnungsliebenden Ehepaar und den »unerzogenen« Kindern als düsteres Märchen und siedelt das Geschehen in einem heruntergekommenen Vergnügungspark, in einer Zwischenwelt zwischen Traum und Wirklichkeit an. Denn wie es in dem Stück heißt: »Nicht alles hier ist, wie es scheint«. Poetisch, düster, fantasievoll, mit viel groteskem Witz und einer musikalischen Mischung aus abgefahrenen Zirkusklängen und schräg-makabrem Sound à la Tom Waits bietet das mehrfach preisgekrönte Musical ein »Mordsvergnügen« für alle, die Spaß an einer gehörigen Portion schwarzen Humors haben. »Willkommen in einer Welt, in der das Unmögliche geschieht, die Zeit stillsteht und das Staunen keine Grenzen kennt. Willkommen in Shockland!« Shockheaded Peter 14+ Ein Musical von den Tiger Lillies, Julian Crouch und Phelim McDermott Musik von Martyn Jacques Junk-Oper nach Motiven aus »Der Struwwelpeter« von Heinrich Hoffmann Musikalische Leitung: MatthiasFlake Regie: Gustav rueb Bühne: Christiane Hilmer Kostüm: Oktavia Herbst Dramaturgie: Katrin Aissen Premiere: Freitag, 23. Januar 2026, 19:30 Uhr, Großes Haus Weitere Vorstellungen: Fr 30.1. / So 15.3. / Sa 28.3. / So 29.3. / Sa 11.4. (15:00 & 19:30 Uhr) / So 12.4.2026, jeweils 19:30 Uhr, wenn nicht anders angegeben EinführungsMatinee: So 11.1.2026, 11:30 Uhr, Lippisches Landesmuseum Detmold NachSpiel — das Publikumsgespräch: So 29.3.2026 Text: Katrin Aissen 9 THEATERZEIT!
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