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Staatsbad setzt auf Sole und Kneipp

Dieter Asbrock

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Erfrischend: Das Armbecken am Gradierwerk Uhrenturm lädt bei sommerlicher Wärme dazu ein, die Arme zur Abkühlung für eine Weile hineinzutauchen. Arm- und Tretbecken nach Sebastian Kneipp finden sich auch an anderen Stellen der Stadt. - © Staatsbad Salzuflen/Andreas Hub
Erfrischend: Das Armbecken am Gradierwerk Uhrenturm lädt bei sommerlicher Wärme dazu ein, die Arme zur Abkühlung für eine Weile hineinzutauchen. Arm- und Tretbecken nach Sebastian Kneipp finden sich auch an anderen Stellen der Stadt. (© Staatsbad Salzuflen/Andreas Hub)

Bad Salzuflen. Wie bedeutsam ist Kneipp für die Kurstadt Bad Salzuflen? Sehr wichtig, sagt der Kneipp-Verein - und lehnt eine Öffnung der Wandelhalle als Gefährdung des Kurort-Status strikt ab. Ein Minderheiten-Programm, finden die Freien Wähler - und stellen die geplanten Investitionen des Staatsbades in Frage.

Kneipp sei ein Angebot für einen ganz geringen Teil der Gäste und Einwohner, findet Monika Prüßner-Claus, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. Die Kneippsche Lehre zu leben begleite einen Menschen sein ganzes Leben und ende nicht an einem Kassenhäuschen. Man müsse diese Lebenseinstellung nicht einmal mit dem Wort Kneipp belegen.

Als Beleg führt sie den Premium-Kneipp-Kurort Göhren auf Rügen an, den sie jetzt besuchte. Es gebe einen gepflegten Kneipp-Garten, in dem sie jedoch bei mehreren Besuchen niemanden angetroffen habe. Die Kneipp-Becken seien ohne Wasser, es gebe keine Wandelhalle, keinen bezahlpflichtigen Kurpark und keine Ruhebereiche für die Seele, schreibt sie in einer Stellungnahme.

"Wir sind natürlich der Ansicht, dass das Prädikat ,Kneipp-Kurort' ein wichtiger Bestandteil unseres Gesundheitsstandortes ist, halten diese Angebote [aber] für zu speziell, um darauf für das Gros der Gäste aufzubauen und zu investieren", schlussfolgert Prüßner-Claus. "Bevor wir als Freie Wähler unsere Zustimmung zu Investitionen in den Kneipp-Kurort geben, möchten wir belastbare Zahlen von den touristischen Einrichtungen, wie viele Übernachtungen ausschließlich wegen der Kneippangebote in Bad Salzuflen stattgefunden haben, bzw. wie hoch die Umsätze bei den verschiedenen Einrichtungen und Dienstleistern durch die Kneippgäste sind."

Der Kneipp-Verein kann diese Sicht der Dinge nicht nachvollziehen. Vorsitzende Marie-Therese von Langenn und ihr Ehemann Ernst waren ebenfalls vor kurzem im Kneipp-Kurort Göhren. "Das ist eine hervorragende Anlage mit einem modernen Kneipp-Hotel und einem sehr gut laufenden Kneipp-Shop", sagte Ernst von Langenn auf Anfrage der LZ. Dass man den Wert Kneipps für das Staatsbad mit Zahlen unterfüttern kann, wäre auch dem Kneipp-Verein durchaus recht. Es sei aber schwer zu greifen, wer genau wegen Kneippscher Anwendungen nach Bad Salzuflen komme.

Allenfalls lasse sich zählen, wer eines der Kneipp-Gesundheitsurlaubs-Angebote gebucht oder eine Kneipp-Kur verordnet bekommen habe. Im September will der Kneipp-Verein erstmals eine Bestandsaufnahme vorlegen. Fragebögen in den Zimmern der Kurgäste könnten für weitere Erkenntnisse sorgen.

Die könnte auch die Gästebefragung auf der Internet-Seite des Staatsbades liefern - aber die fragt das Kriterium "Kneipp" derzeit nicht ab. Ein Manko, gibt Martin Pohl vom Staatsbad-Marketing zu. Anteil und Wirkung Kneippscher Anwendungen ließen sich aber kaum aus dem Gesundheitsangebot des Staatsbades heraus sezieren. "Viele Gäste kommen im Rahmen ihrer Anwendungen bewusst, aber auch unbewusst mit Kneipp in Kontakt", sagte Pohl gegenüber der LZ. Sie kämen aber in der Regel nicht wegen Kneipp allein, sondern wegen der Mischung, die das Staatsbad biete.

"Wir sind bestrebt, ein ansprechendes Angebot für alle fünf Säulen der Kneippschen Lehre zu präsentieren", sagte Pohl. Und diese Lehre müsse zeitgemäß in die Gegenwart transportiert werden. So habe ein Restaurant durch ein spezielles Kneipp-Menü einen neuen Gästekreis erschlossen. Geschäftsreisenden zum Beispiel bringe das Kneipp-Armbecken auf dem Dach des Best-Western-Hotels die Vorteile der Hydrotherapie näher.

Das vielseitige Angebot des Staatsbades hat sich unter Kneippianern längst herumgesprochen, wissen Pohl und von Langenn. Man habe dieses Jahr bereits sechs große Gruppen von Kneipp-Vereinen begrüßt, die davon hellauf begeistert gewesen seien - wichtige Multiplikatoren für das Staatsbad.

Die Kooperation mit Bad Wörishofen, der Geburtsstadt Sebastian Kneipps, und die in Deutschland einmalige Kombination aus Sole und Kneipp biete Bad Salzuflen die Chance, das Kneipp-Mekka des Nordens zu werden. "Man muss dem zarten Pflänzchen aber auch die Chance geben, zu wachsen", so von Langenn. "Wir wollen Bad Salzuflen als Heilbad mit diesem Doppelprädikat nach vorn bringen", sagt Martin Pohl. Es wäre gut, wenn das auf allen Ebenen für wichtig erachtet werde.

Information
Kneipp-Kurorte

Die Qualitätsmerkmale eines Kneipp-Kurortes umschließen

a) verschiedenartige Einrichtungen zur Durchführung von wissenschaftlich anerkannten hydrotherapeutischen Kuren, insbesondere nach Kneipp, in mindestens drei Kurbetrieben mit stationärem Anteil,

b) wissenschaftlich anerkannte und durch Erfahrung bewährte klimatische Eigenschaften und eine entsprechende Luftqualität, die überwacht werden,

c) mindestens eine Praxis eines Badearztes,

d) Betreuung durch Physiotherapeuten, Krankengymnasten oder Personen mit der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Masseur und medizinischer Bademeister",

e) Kurpark, vom Straßenverkehr hinreichend ungestörte Spiel-, Sport- und Liegewiesen sowie Waldanlagen mit gekennzeichnetem Wegenetz für Terrainkuren,

f) während der Kurzeit Diätberatung; in Krankenhäusern und Diätküchen Beschäftigung mindestens eines Diätassistenten.

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