SEK stürmt falsche Wohnung

Dirk Ulrich Brüggemann

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Symbolbild: Ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) in Frankfurt am Main. - © picture alliance / dpa
Symbolbild: Ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) in Frankfurt am Main. (© picture alliance / dpa)

Horn-Bad Meinberg. Drei Explosionen wecken am frühen Morgen des vergangenen Mittwochs die Bewohner eines beschaulichen Wohngebiets in Horn-Bad Meinberg. Gegen vier Uhr haben Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Bielefeld die drei Irritationsgranaten gezündet und fordern mit Lautsprecherdurchsagen: „Herr K., kommen sie mit erhobenen Händen raus.“

So schildert Tim K. den Einsatz der Polizeispezialisten vom 8. Juli. Ein Sprecher im Bielefelder Polizeipräsidium bestätigte im Gespräch mit dieser Zeitung auch den Einsatz des SEK in Horn-Bad Meinberg. Zum weiteren Verlauf des Geschehens wollte der Polizeisprecher keine Auskünfte mehr geben.

Die Angehörigen des SEK sollen nach dem Auslösen der Granaten zunächst in eine falsche Wohnung gestürmt sein. Zuvor sollen sie mit einem Rammbock die Wohnungstür aufgebrochen und zusätzlich noch zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert haben. Den Mieter der Wohnung sollen die Polizisten zu Boden geworfen und mit Kabelbindern gefesselt haben.

Einige Zeit später soll ein Kripobeamter die Wohnung betreten und festgestellt haben, dass der am Boden liegende Mann nicht der gesuchte Tim K. sei. Daraufhin hätten die SEK-Polizisten die Kabelbinder durchschnitten und sich kommentarlos und ohne Entschuldigung entfernt.

Buchautor und Ex-SEK-Beamter: Tim K. mit seinem ersten Buch, „Treibjagd“ - © Privat
Buchautor und Ex-SEK-Beamter: Tim K. mit seinem ersten Buch, „Treibjagd“ (© Privat)

Im zweiten Anlauf sollen die Beamten die Wohnung von Tim K. im selben Haus gestürmt haben. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärte Tim K., dass er sich zum Zeitpunkt der Explosionen und der Lautsprecherdurchsagen auf den Boden in seiner Wohnung geworfen und immer wieder „Hier bin ich“ gerufen habe.

K. weiß genau, wie man sich bei solchen Einsätzen der Elitepolizisten verhalten muss. Früher gehörte der 41-Jährige selbst zu einem Spezialeinsatzkommando, bevor er aus dem Polizeidienst ausschied.

Information
Die Bücher von Tim K.
Treibjagd – zensiert. Vom Cop zum Outlaw
Eine unvorstellbare, aber dennoch wahre Geschichte, geschehen mitten in Deutschland. Der Autor sah und sieht sich noch immer einem Rachefeldzug der Polizei ausgesetzt. Deswegen saß er unschuldig sieben Monate in U-Haft. In dieser Zeit zeichnete er seine Erlebnisse in Buchform auf.

Vergeltung. Rache verjährt nicht
Ein Mord und lebenslänglich: Ein Mensch wird ermordet. Ein Unschuldiger wird aufgrund eines Indizienprozesses zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er sitzt lebenslänglich für eine Tat, die höchstwahrscheinlich von einem möglichen V-Mann der Polizei begangen wurde.

Grund des Einsatzes in Horn-Bad Meinberg war nach Auskunft des Bielefelder Polizeisprechers der Verdacht auf illegalen Waffenbesitz und der Bezug von K. zu der Rockergruppe „Brothers MC“. So setzten die Polizisten einen Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 29. Mai um, der dieser Redaktion in Kopie vorliegt.

Darin wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, ohne Erlaubnis im Besitz einer „scharfen Pistole“ zu sein. Der Verdacht ergebe sich aus der glaubhaften Aussage eines Zeugen.

K. vermutet, dass der morgendliche Polizeieinsatz mit der Veröffentlichung seiner zwei Bücher über seine Zeit beim Spezialeinsatzkommando zusammen hängt. „Und offenbar bin ich in ein Wespennest gestoßen. Anders kann ich mir den martialischen Polizeieinsatz nicht erklären. Natürlich haben die SEK-Beamten bei mir keine scharfe Pistole gefunden, sich dafür aber brennend für meine Buchaufzeichnungen interessiert. Und sie haben auch alles fotografiert.“

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