Kreis Lippe. Am 30. April wird in einigen Regionen in nord- und mitteleuropa die Walpurgisnacht, auch Hexenbrennen genannt, gefeiert. Der Brocken im Harz ist einer der bekanntesten Feierorte. Hier versammeln sich jährlich Tausende Schaulustige und Feierwütige.
Name: Er geht auf die heilige Walburger zurück. Sie war eine Äbtissin, deren Leben in Zusammenhang mit Hexen und Teufel stehen. Sie ist Schutzpatronin der Seeleute und wird auch als Patronin der Kranken aber auch der Bauern verehrt. Sie wurde am 1. Mai heiliggesprochen. Walpurgisnacht wurde durch Goethes Faust populär. Hier heißt es in Kapitel 24: "Walpurgisnacht - Harzgebirg - Gegend von Schierke und Elend".
Das passiert: Am 30. April heißt es, sollen sich die Hexen verabreden und sich auf erhöhten Orten (wie dem Brocken/Blocksberg im Harz) treffen und ein Fest abhalten. Auch der Teufel soll dabei anwesend sein.
Ursprung Hexenverfolgung: Tanz mit dem Teufel unter der Folter gestanden
Hahnenklee (dpa/lni). In zwei Dutzend Orten gibt es wie jedes Jahr "Hexenspuk", "Höllenlärm" und "Teufelstreiben". Geschichtlicher Hintergrund der fröhlichen Feiern seien die Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit, sagte die Göttinger Erzählforscherin und Mitherausgeberin der Enzyklopädie des Märchens, Ines Köhler-Zülch, der Deutschen Presse-Agentur. Geständnisse angeblicher Hexen, sich in der Walpurgisnacht auf dem Brocken mit dem Teufel zu treffen, seien den Frauen unter Folter abgepresst worden.
Woher kommt der Name Walpurgisnacht?
Köhler-Zülch: Er wird auf Walburga zurückgeführt, eine Nichte des heiligen Bonifatius, die im Jahr 761 Äbtissin des Klosters Heidenheim wurde und deren Festtag der 1. Mai ist.
Was hat der Harz mit Hexen zu tun?
Köhler-Zülch: Zunächst einmal nichts Spezielles. Im 14. Jahrhundert deklarierten Theologen Hexen als sektenähnliche Gruppe und Gefahr für die Kirche. Dies war die Basis für die Hexenverfolgungen, die es in den folgenden Jahrhunderten im Harz gab wie andernorts auch, und denen europaweit nach Schätzungen in katholischen wie evangelischen Gebieten etwa 50.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.
Welche Rolle spielt der Brocken?
Köhler-Zülch: In regionalen Hexenprozessen des 16. Jahrhunderts wird der Brocken als Veranstaltungsort für den Hexentanz zur Walpurgisnacht erstmals genannt. So gestand die als Hexe angeklagte Grete Wroist aus Elbingerode im Jahr 1540, in der Nacht zum 1. Mai zum Hexentreffen auf den Brocken geflogen zu sein. Solche durch Folter erzwungenen Geständnisse dienten der Kirche als Beweise ihrer Auffassung vom Hexentanz als Teufelskult. Und unter den vielen angeblichen Hexenversammlungsplätzen nahm der auch als Blocksberg bezeichnete Brocken bald eine herausragende Stellung ein.
Der Brocken – ein dämonischer Berg?
Köhler-Zülch: Zu diesem Ruf haben religiöse, aber auch nicht-theologische Schriften beigetragen. In der Reiseliteratur seit dem 18. Jahrhundert waren Hinweise auf die Hexentänze und Treffen mit dem Teufel die Regel. Um 1800 war der Hexentanz in der Walpurgisnacht ein geradezu inflationäres Modethema. Dabei wurde der Hexensabbat allerdings aus dem historischen Kontext der Hexenverfolgungen herausgenommen und als harmlose Sage wiedergegeben. Besonders bekannt wurde der Brocken durch das Werk "Blockes-Berges Verrichtung" von Johannes Praetorius (1668) und später durch Goethe und die Walpurgis-Szene im "Faust".
Den Walpurgisnachtfeiern wird oft ein heidnischer Ursprung zugeschrieben. Gibt es dafür Belege?
Köhler-Zülch: Im frühen 18. Jahrhundert entwickelte sich die These, dass Hexentanzplätze Opferplätze der alten heidnischen Sachsen gewesen seien. Dabei ist der Brocken auch entgegen der Meinung Jacob Grimms nie ein Kultplatz gewesen. Populär wurde die Erklärung, Karl der Große hätte - als er die Sachsen zum christlichen Glauben bekehren wollte - Wachen aufgestellt, um die Harz-Bewohner davon abzuhalten, nachts zu Kult-Festen auf die Berge zu ziehen. Die Sachsen sollen sich verkleidet haben, etwa als Hexen oder Teufel, um die Wachen zu erschrecken und ihnen zu entkommen. Diese Geschichte hält sich bis heute hartnäckig. Sie wurde aber erwiesenermaßen 1752 vom Bibliothekar Peter Christian Decker erfunden.
Seit wann gibt es Walpurgisnachtfeiern?
Köhler-Zülch: Sie sind am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Auf Initiative des Harzklub-Zweigvereins Bad Harzburg fand 1896 die erste dokumentierte öffentliche Walpurgisfeier auf dem Brocken statt, auf der seltsamerweise nur Männer feierten, darunter viele Studenten aus der Clausthaler Bergakademie. Ab 1908 hat dann das Wernigeroder Verkehrsamt zusammen mit dem Brockenwirt das Walpurgisfest organisiert.
Zur Person: Die studierte Germanistin, Slawistin und Romanistin Ines Köhler-Zülch hat bis zu ihrem Ruhestand 2006 an der Enzyklopädie des Märchens, einem Projekt der Göttinger Akademie der Wissenschaften, mitgearbeitet. Bis heute ist sie Mitherausgeberin des Standardwerks.
Externsteine: Auch die Externsteine locken zur Walpurgisnacht immer wieder Besucher an. Aus diesem Grund setzt der Landesverband Lippe zusammen mit der Stadt Horn-Bad Meinberg, der Schutzgemeinschaft e.V. und der Kreispolizeibehörde ein Schutzkonzept um.
Zelten sowie offenes Feuer sind am Denkmal sowie im dem Naturschutzgebiet drumherum nicht gestattet. "Spirituell inspirierte Besucherinnen und Besucher dürfen die Nacht an den Externsteinen verbringen und friedlich feiern und musizieren", heißt es in einer Pressemitteilung des Landesverbandes. Das Besteigen der Felsen ist nur zu den Öffnungszeiten gestattet.