Lage. Dass mal eine handwerkliche Ausbildung auf seinem Lebenslauf stehen würde, hätte sich Agwan Mkrtchyan nie gedacht. Der Armenier hat in seinem Heimatland Wirtschaftswissenschaften studiert. Jetzt beginnt er in Lage eine Lehre zum Elektroniker. Wer viel fragt, erhält auch viele Informationen. Mit diesem Motto ist Agwan Mkrtchyan gut gefahren, seit er vor dreieinhalb Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen ist. In Lage hat er sich schnell eingelebt, was unter anderem an der Fahrradwerkstatt der evangelisch-methodistischen Kirchengemeinde liegt. „Hier in der alten Schmiede wurde mir die deutsche Welt erklärt", lacht der 27-Jährige und ist dankbar, dass Menschen wie Helmut Behnisch hier stets für Fragen und Antworten zur Verfügung standen. „Agwans Fragen gingen immer gleich ins Eingemachte: Was ist eine Handelskammer, warum gibt es einen Ausbildungvertrag und was macht man in der Berufsschule?", nennt Behnisch Beispiele. „Das gibt es in Armenien alles nicht", weiß der pensionierte Berufsschullehrer. Agwan Mkrtchyan ließ nicht locker, wollte unbedingt einen Beruf erlernen, da sein Studium hier in Deutschland nicht anerkannt wird. „Dabei war er in seinen Gedankengängen sehr sprunghaft", schmunzelt Heinrich Schüring, der als Berufsberater der Agentur für Arbeit in Detmold den jungen Mann unter seine Fittiche nahm. Verschiedene Wünsche wurden diskutiert und wieder verworfen, Berufs-Messen besucht und Praktika absolviert. „Danach hatte Agwan drei Zusagen für eine Ausbildungsstelle", zeigt sich Schüring stolz auf seinen Schützling. Entschieden hat er sich für die Firma IB Verfahrens- und Anlagetechnik in Heiden. „Die Arbeitsatmosphäre gefiel mir dort sehr gut, und die Kollegen sind unheimlich nett", nennt der angehende Elektroniker, Fachrichtung Betriebstechnik, ein wichtiges Kriterium. Sein Ausbilder Adriano Koss macht sich keine Sorgen, was die fachlichen Leistungen von Agwan angeht: „Er hat bereits im Praktikum auf ganzer Linie überzeugt." Ob die – wenn auch sehr guten – Deutschkenntnisse für die Anforderungen in der Berufsschule reichen, müsse man abwarten. „Das ist oft der Knackpunkt in den Ausbildungen von Zuwanderern. Die Betriebe sind dagegen in der Regel absolut zufrieden mit ihren Lehrlingen", kann Ilka Wächter von der Ausländerbehörde des Kreises Lippe aus Erfahrung bestätigen. Agwan Mkrtchyan dagegen macht sich wenig Sorgen. Im Gegenteil, er peilt ehrgeizig eine Lehrzeitverkürzung an, um sich anschließend fachlich weiterzubilden. „Industriemeister", lautet sein Berufsziel.