Kreis Lippe. Nach der Landtagswahl gibt es einige Verlierer. Der Christdemokrat Walter Kern hat zwar ein sehr gutes Ergebnis erzielt, ist aber trotzdem nicht mehr Landtagsabgeordneter. Die Grünen im Kreis Lippe haben massiv an Stimmen verloren. Christian Sauter (FDP) wäre im Landtag, ist aber durch einen Fehler bei der Übermittlung und Prüfung der Wahlunterlagen um seinen Platz gebracht worden. Am Tag nach der Wahl steht für ihn fest: „Ich erwarte aus Düsseldorf eine umfangreiche Aufarbeitung in jede Richtung." Christian Sauter hatte den Listenplatz 24, allerdings war sein Name mit dem von Martina Hannen (Platz 48) vertauscht worden. Nach dem amtlichen Endergebnis haben die Liberalen 12,6 Prozent eingefahren – und damit 28 Sitze im Landesparlament. Doch keiner der lippischen Liberalen wird dabei sein – auch Hannen nicht. Sie hatte vor der Wahl schon erklärt, dass sie das Mandat nicht annehmen würde, und am Montag auch offiziell bekräftigt, dass sie nicht in den Landtag einziehen wird. „Wir brauchen Rechtssicherheit, damit wir als FDP die Arbeit aufnehmen können. Und ich bin mir sicher, dass wir uns als Lipper in Düsseldorf Gehör verschaffen werden", sagt Hannen in Richtung Parteizentrale. Geklärt ist auch noch nicht, wie es zu dem Fehler kam. Im Raum steht, dass die beiden Listenplätze gestrichen werden. Solch einen Fall, so erklärt Frank Schäffler, Vorsitzender des Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe, habe es noch nie gegeben. „Es ist eine schwierige Situation für die Lipper", sagt Schäffler. Die juristische Prüfung laufe, der Landesvorstand der FDP werde darüber sprechen, wie so etwas künftig verhindert wird. Der Landesparteitag habe im November über die Kandidaten abgestimmt und die Listenplätze festgelegt. Das Protokoll sei korrekt, der Fehler sei bei der Übertragung in die Wahlunterlagen passiert. Das sieht das Ministerium anders. Wie ein Sprecher des Innenministeriums auf Nachfrage der LZ erklärt, sei das Protokoll der Versammlung mit den eingereichten Wahlunterlagen identisch – in beiden Schriftstücken seien die Plätze vertauscht worden. Der Wahlleiter des Landes NRW habe so nicht erkennen können, dass ein Fehler vorlag. Ob sich der Wahlprüfungsausschuss noch einmal mit dem Fall befasse, hänge davon ab, ob es einen entsprechenden Antrag gebe. Jeder Bürger könne diesen einreichen, wenn er 50 Unterstützerunterschriften vorlege. „In der kommenden Woche wollen wir am Mittwoch mit dem Kreisvorstand der FDP klären, was man jetzt machen kann", sagt Schäffler. Christian Sauter ist am Tag nach der Wahl vor allem eins: enttäuscht. Nicht, weil er mit seinem Wahlergebnis hadert – im Gegenteil. Im Extertal hat er 26,48 Prozent der Erststimmen geholt. Dass es nun trotz des zweistelligen Ergebnisses im Land nichts mit dem Landtagsmandat wird, sei schon nicht ganz einfach. Ob ihm vielleicht andere Posten durch die Landes-FDP in Aussicht gestellt werden könnten, möchte er momentan nicht kommentieren. „Ich bin angetreten, um im Parlament mitzuarbeiten. Es geht mir darum, etwas zu bewegen", sagt Sauter. Würden beide Plätze gestrichen, ändere das für ihn nichts. „Ich habe mich beim Landesparteitag mit meinen Zielen vorgestellt und bin auf diesen Platz gewählt worden. Nun möchte ich erst einmal die Entwicklungen abwarten." Mit einer ganz anderen Aufarbeitung der Wahl beschäftigen sich die lippischen Grünen. Dr. Inga Kretzschmar, die Sprecherin des Kreisverbandes, ist mit ihrem Ergebnis im Wahlkreis III (6,2 Prozent der Erst- und 6,5 Prozent der Zweitstimmen) zufrieden, insgesamt allerdings hätten die Grünen deutlich verloren. „Wir haben unsere Erfolge nicht ausreichend kommuniziert und unsere grünen Themen nicht stark genug herausgestellt", sagt die Lemgoerin. Dass die Wahlplakate zu unverständlich waren, glaubt sie nicht. „Die sind von einer Agentur entworfen und bei bestimmten Zielgruppen getestet worden. Ich denke eher, dass wir bei den Themen Sicherheit und Schule, die die Wahlentscheidung dominiert haben, unsere Position nicht genügend rüber gebracht haben." Walter Kern (CDU) zeigte sich am Montag gefasst über die endgültige Nachricht, nicht im neuen Landtag vertreten zu sein. Nach Angaben des Lemgoers zieht kein CDU-Kandidat über die Reserveliste nach Düsseldorf. So half ihm auch sein guter Platz 26 nicht, der vor fünf Jahren noch locker für den Einzug gelangt hätte. Parteikollegin Heike Görder weist darauf hin, dass die Liste diesmal überhaupt nicht zieht. „Es gibt sehr viele Direktmandate, und das zeigt, wie stark die CDU-Kandidaten sind", sagt sie. Die Salzuflerin bedauert, dass kein lippischer CDU-Kandidat im Landtag vertreten sein wird. „Ich bin mir aber sicher, dass wir in Düsseldorf Gehör finden. Armin Laschet ist bewusst, dass OWL eine sehr starke Region ist." Kommentar: "Lippes Einfluss bröckelt" von Astrid Sewing Ob die CDU in NRW künftig mit der FDP regieren wird, ist nicht so einfach ausgemacht. Es wäre ein Vabanquespiel, denn mit einer Stimme ist eine Mehrheit nicht wirklich stark. Kommt es zu Schwarz-Rot, dann hätte Lippe auch sehr gute Karten, denn die drei Direktkandidaten säßen nicht in der Opposition – was ja bekanntlich die härtere Bank ist –, sondern hätten größere Chancen, die lippischen Interessen zu vertreten. Zumal die lippische CDU es nicht geschafft hat, wenigstens einen Abgeordneten über einen Listenplatz so abzusichern, dass er in den Landtag kommt. Umso ärgerlicher ist es, wenn jetzt Schwarz-Gelb das Ruder übernimmt. Denn Lippe hätte einen Liberalen im Landesparlament gehabt, wenn es diesen Fehler nicht gegeben hätte. Hannen und Sauter haben sehr gut abgeschnitten und bleiben jetzt erst einmal in Wartestellung. Die lippischen Interessengruppen, die in Düsseldorf bislang wohlwollend Gehör gefunden haben, werden sich auf anderes gefasst machen müssen. Da kann sich zum Beispiel der Kreis Lippe noch so darüber freuen, dass er bei dem Projekt „Kein Kind zurücklassen" mitmachen darf – diese Bildungspolitik der bisherigen NRW-Landesregierung ist abgewählt worden. Und wenn nach 2018 diese Projektphase abgeschlossen ist, dann braucht man kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass das nicht in die Verlängerung geht.