Bielefeld
Christopher Street Day 2022: Tausende feiern bunte Party in Bielefeld
| von Kurt Ehmke

Party-Alarm am Niederwall: Gegen 15.30 Uhr setzte sich die Parade in Bewegung. - © Sarah Jonek
Party-Alarm am Niederwall: Gegen 15.30 Uhr setzte sich die Parade in Bewegung. (© Sarah Jonek)

Bielefeld. Bielefeld feierte am Samstag den Christopher Street Day - Tausende sind dafür in die Innenstadt geströmt. Vorm Rathaus standen um 15 Uhr mutmaßlich mehr als 3.000 Menschen. Sie mussten sich zu Beginn allerdings etwas gedulden, denn die Parade startete nach einer Ansprache von Oberbürgermeister Pit Clausen rund 30 Minuten später.

Der ausgelassenen Stimmung tat das keinen Abbruch. Bis in die Abendstunden war Party angesagt - und zu "Tainted Love" von Soft Cell tanzte und feierte die sehr junge bis sehr alte Menge schon am Nachmittag in den Farben des Regenbogens.

- © Sarah Jonek
(© Sarah Jonek)

Mit dabei war auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Britta Haßelmann, die vor der Clausen-Zeit zum CSD mit Klaus Rees und der Bielefelder Grünen-Fraktion mehrfach den Rathausbalkon gemietet hatte - und hier ein Regenbogenbanner aufhängte und das damals vom CDU-Oberbürgermeister unerwünschte Hissen der Fahne umging.

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Veranstalter des CSD: "Vielfalt sollte selbstverständlich sein"

Der Christopher Street Day sorgt auch immer für Debatten. Meistens geht es um das, was eben auch das Anliegen ist. „Wir wollen die Sichtbarkeit der Vielfältigkeit in unserer Stadt in den Vordergrund stellen, denn Vielfalt sollte selbstverständlich sein", hatte es Bert-Ulf Prellwitz vom CSD-Team im Vorfeld formuliert - und der wichtigste Aspekt ist dabei das Wort "selbstverständlich".

Denn hier hapert es, das zeigte besonders heftig der vergangene CSD, der wegen der Pandemie Anfang Oktober 2021 vermeintlich kleiner nachgeholt worden war - und sich zu einer großen, überraschend stark besuchten Parade ausgewachsen hatte.

- © Sarah Jonek
(© Sarah Jonek)

Damals gab es im Internet auf den sogenannten sozialen Medien eine massive, hetzende, negative Stimmungsmache gegen den CSD, während auf den Straßen wild und stimmungsvoll gefeiert wurde. 2.000 Menschen feierten, es waren 2018 auch schon einmal 3.500. Und 2019 etwa 3.000. Am Samstag nun feierten wieder Tausende das besondere, politische Fest.

CSD in Bielefeld: Der Ukraine-Krieg ist Thema

Gefeiert wurde immer - auch 2022 - für die Diversität, für die Freiheit des Einzelnen. Das war auch dieses Mal das Thema schlechthin, und weil das Thema Freiheit durch den russischen Angriffskrieg näher an Bielefeld herangerückt ist, stellte sich der CSD auch hinter Geflüchtete aus der Ukraine.

Farbenfroh vor dem Alten Rathaus. - © Kurt Ehmke
Farbenfroh vor dem Alten Rathaus. (© Kurt Ehmke)

Informationen und Beratung gab es unter Mail lsbtiq@bielefeld.de ausdrücklich nicht nur mit der Ansprache "Du bist lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, inter* oder queer?", sondern auch mit der Ansprache "Du bist vor dem Krieg in der Ukraine oder aus Russland geflüchtet?"

Überall im Zug, der vom Rathausplatz über die Körner- und Turnerstraße zum Kesselbrink, weiter über die August-Bebel- und Paulusstraße zum Willy-Brandt-Platz, über die Bahnhofstraße zum Emil-Groß-Platz und dann über die Elsa-Brändström-Straße, den Oberntorwall und den Waldhof zurück zum Rathaus führte, waren Blau und Gelb sichtbar, als Mahnung an die Verbrechen, die seit Februar (und zuvor auch schon) in Teilen der Ukraine von russischer Seite aus begangen werden. Als Zeichen von Solidarität. Solidarität, jenes Wort, das ebenfalls seit 1969 mit dem CSD verbunden wird, damals war ein Aufstand queerer Menschen für Gleichberechtigung in New York gewaltsam niedergeschlagen worden.

- © Sarah Jonek
(© Sarah Jonek)

Regenbogenfahne weht an der Sparrenburg

Für all das steht auch die Regenbogenfahne, die der schwule Oberbürgermeister Pit Clausen seit 2009 zum CSD auch an der Sparrenburg wehen lässt. Auch 2021 flatterte sie im Herbst im Wind.

Und nun, 2022? Nach dem Eklat um die Weigerung Clausens, zum Jubiläum des Hermannslaufes (50 Jahre), die Hermannslauf-Fahne an der Burg zu hissen? Die Regenbogenfahne wurde wie gewohnt am Rathaus gehisst, und auch auf der Sparrenburg, Bielefelds Wahrzeichen.

Clausen stand also zu seinen Ansprüchen, die er 2019 in einem Interview anlässlich des 25. CSD formuliert hatte: "Ich glaube, dass ich akzeptieren muss, dass nicht jede und jeder mit jeder sexuellen Identität klar kommt. Meinen Anspruch trifft deshalb das Wort Respekt am besten. Vorurteile muss man wohl aushalten, Vielfalt ist eben da – und dann gibt es Vorurteile; egal wo, einfach überall da, wo Menschen eben anders sind. Aber bei der sexuellen Identität gebührt jedem Respekt."

Diesen Respekt ließ er - trotz unbequemer Debatten im Vorfeld - weithin sichtbar symbolisch von der Burg aus wehen. Der OB sagte: "Die Regenbogenfahne an der Sparrenburg heute war gesetzt, da gab es keine Debatte. Sie ist ja auch politisch unstreitig, und auch der TSVE als Hermannslauf-Veranstalter war ja nicht gegen die Fahne zum CSD."

Parade zieht durch die Bielefelder Innenstadt

Samstag zog der laute Zug mit seinen Motto-Wagen, der Musik, denjenigen, die sich gerne schrill und wild positionieren, durch die Stadt. Begleitet, wie immer, auch von kritischen Blicken, geringschätzigen Bemerkungen.

Aber eben auch ansteckend, im positiven Sinne. Überall brachte die überbordende gute Laune Menschen dazu, kurz mitzutanzen, Spaß zu haben, zu lachen, in Kontakt zu kommen. So, wie es dann von 17 Uhr bis Mitternacht und später weiterging, vor dem Rathaus, in Muttis Bierstube am Kesselbrink. Bei Konzerten und mit DJs, in aller Lebensfreude. Und Diversität.

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