Viele Demonstrationen zum Kriegs-Jahrestag - auch in OWL

Pro-ukrainische Organisationen haben zu Solidaritätsaktionen aufgerufen. Doch auch Rechtsextreme zieht es auf die Straße.

Jan Sternberg und Anke Groenewold

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Am 24. Februar ist es genau ein Jahr her, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Bundesweit ist rund um den 24. Februar eine Vielzahl an Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen angekündigt (Symolfoto). - © Vesa Moilanen
Am 24. Februar ist es genau ein Jahr her, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Bundesweit ist rund um den 24. Februar eine Vielzahl an Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen angekündigt (Symolfoto). (© Vesa Moilanen)

Der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine sorgt auch für zunehmende Aktivitäten auf deutschen Straßen: Bundesweit ist rund um den 24. Februar eine Vielzahl an Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen angekündigt, darunter auch in OWL. In rund 50 Städten haben pro-ukrainische Organisationen zu Solidaritätsaktionen aufgerufen. In Köln wird unter anderem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprechen, in Berlin Grünen-Parteichef Omid Nouripour.

Zudem wollen Friedensinitiativen in rund 20 Städten unter dem Motto „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“ demonstrieren. Hinter diesen Protestaktionen steht ein Bündnis aus der klassischen Friedensbewegung.

Doch auch Rechtsextreme zieht es auf die Straße: In Dresden wollen am Freitag Akteure wie Pegida und die AfD-Landesverbände Sachsen, Thüringen und Brandenburg protestieren. Sie schreiben sich dabei das alte Motto der linken westdeutschen Friedensbewegung auf die Fahnen: „Frieden schaffen ohne Waffen“. Vielen derer, die sich dort versammeln werden, dürfte es jedoch eher um Solidarität mit dem Aggressor Russland gehen, als um eine Ablehnung des Krieges. Als Redner ist auch der rechtsextreme Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke angekündigt.

Der Leipziger Kulturwissenschaftler Alexander Leistner spricht von „drei Protestmustern“, die alle mit dem Oberbegriff „Frieden“ hantierten: Die Ukraine-Solidaritätsdemos kämpften dafür, dass „die russische Aggression aufhört“, bei den klassischen Friedensbewegten blieben Bild und Adressat „diffus“, und schließlich sei „aus den Corona-Protesten, aus Gruppen der extremen Rechten und rechtsoffenen Rändern der Friedensbewegung heraus das Friedensthema neu besetzt“ worden.

Und dann ist da noch die Großkundgebung von Alice Schwarzer, Linken-Politikern Sahra Wagenknecht und dem Ex-Bundeswehr-Brigadegeneral Erich Vad, die am Samstag am Brandenburger Tor in Berlin stattfinden soll. Schwarzer und Wagenknecht hatten zuletzt eine Petition gegen Waffenlieferungen initiiert, die am Mittwoch fast 600.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner hatte. Mit der Petition riefen sie auch zur Kundgebung in Berlin auf.

Doch für diesen Protest kündigen sich nicht nur klassisch-friedensbewegte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Bei der Veranstaltung könnte es zur bisher größten „Querfront“ zwischen linken und radikal rechten Gegnern einer militärischen Unterstützung der Ukraine kommen. Wagenknecht betonte im Vorfeld, dass auch AfD-Sympathisanten nicht ausgeschlossen seien. Jeder, „der ehrlichen Herzens für Frieden und gegen Waffenlieferungen demonstrieren möchte“ sei willkommen. „Was wir nicht dulden werden, sind rechtsextreme Flaggen, Embleme und Symbole.“

Auch Rechtsextreme rufen zur Teilnahme an der Kundgebung auf

Auch rechtsextreme Akteure rufen dementsprechend zur Teilnahme an der Kundgebung auf. So etwa das vom Verfassungsschutz beobachtete rechtsextreme „Compact-Magazin“. Auch Influencer aus der Corona-Leugner-Szene und bekannte Verbreiter russischer Kriegspropaganda mobilisieren nach Berlin.

Vorwürfe, die Kundgebung sei „rechtsoffen“, bezeichnete Wagenknecht trotzdem als „schwachsinnig“. Im Vorfeld hatten mehrere Erstunterzeichner des „Manifests für den Frieden“ ihre Teilnahme an der Demo abgesagt. Wer sich für Frieden einsetze, müsse sich klar von nationalistischen und menschenfeindlichen Personen und Gruppen abgrenzen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Theologin Margot Käßmann und des Bundessprechers der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Jürgen Grässlin.

AfD-Chef Tino Chrupalla ließ gegenüber der Redaktion offen, ob er selber zur Demonstration kommen wird. Er betonte aber: „Wenn unsere Mitglieder an der Friedensdemo am 25. Februar teilnehmen wollen, werden wir sie nicht daran hindern.“

Der sachsen-anhaltische Landesvize Hans-Thomas Tillschneider, einer der lautesten Russland-Verteidiger in der AfD, kündigte der Redaktion seine Teilnahme an der Wagenknecht-Demonstration an. Noch am Montag sagte der vom Verfassungsschutz beobachtete Landtagsabgeordnete auf einer Kundgebung in Magdeburg: „Wenn wir eine Regierung haben, die gegen uns Krieg führt, dann führen wir Krieg gegen diese Regierung.“

Der Berliner Landesverband der Linken erklärte, man stehe „solidarisch an der Seite der ukrainischen Bevölkerung“ und rief zu einer Mahnwache am Freitag vor der russischen Botschaft auf. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) teilte zudem auf Twitter den Aufruf für die Demonstration der ukrainischen Organisationen am Freitagnachmittag.

Polizei legt besonderes Augenmerk auf Unterkünfte

Auch die Polizei bereitet sich bundesweit auf die Versammlungen zum Jahrestag des russischen Angriffs vor. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, rechnet mit einem stärkeren Zulauf zu proukrainischen, als zu prorussischen Protestaktionen.

„Ein Aufeinandertreffen beider Seiten wird in jedem Fall hochemotional“, sagte Kopelke der Redaktion. „Man wird versuchen lautstark auf die Gegenseite einzuwirken. In genau diesem Spannungsfeld steht die Polizei, um ihrem Auftrag – dem Schutz der Versammlungsfreiheit – nachzukommen“, erklärte er. „Im Speziellen setzen wir das Verbot des ‚Z‘ als Symbol des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in Versammlungen und im Kontext des Tages konsequent durch.“

Ein besonderes Augenmerk werde die Polizei auf Unterkünfte geflüchteter Ukrainerinnen und Ukrainer legen müssen, sagte Kopelke. „Hier besteht das größte Provokationspotenzial für pro-russische Versammlungen. Das erfordert besonderes Fingerspitzengefühl der Versammlungsbehörden.“

Aktionen in OWL

Bielefeld

- Ein Zeichen für den Frieden setzen Bielefelder Chöre am Freitag, 24. Februar. "Make Peace Not War" ist das Motto des Konzerts mit Vocomotion, Can carmina, Quintenkomplott, Vocapella und dem KuMuChor. Ab 18 Uhr singen die Chöre mit dem Publikum in der Neustädter Marienkirche, Bielefeld, Papenmarkt 10a.

- Die Friedensinitiative Bielefeld/OWL ruft am Samstag, 25. Februar, zur Kundgebung unter dem Motto "Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen" auf. Beginn ist um 13 Uhr auf dem Jahnplatz.

Gütersloh

Die Gütersloher Friedensinitiative ruft am Freitag, 24. Februar, zur Mahnwache zum Jahrestag des russischen Angriffskrieges auf. Beginn ist um 13 Uhr am Berliner Platz in Gütersloh

Herford

- Die Regionalgruppe Ostwestfalen-Lippe der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK OWL) ruft am Freitag, 24. Februar, zu einer Kundgebung auf dem Alten Markt in Herford auf. Beginn ist um 16 Uhr.- Unter dem Motto „Stand with Ukraine“, einer bundesweiten Initiative, die überall zur gleichen Zeit stattfinden wird, gibt es in Herford am Freitag, 24. Februar eine Mahnwache. Beginn ist um 17 Uhr auf dem Alten Markt. - Ein Bus zur Menschenkette zwischen dem Friedenssaal Münster und dem Friedensaal Osnabrück startet am Freitag, 24. Februar, in Herford. Der Bus fährt um 13 Uhr ab der Markuskirche ab und hält anschließend noch am Penny-Markt in Enger. Die Herforder Gruppe wird in Lengerich zur Menschenkette stoßen. Anmeldung und Infos bei Berthold Keunecke, Tel. 0 52 21/14 35 692, b.keunecke@web.de. Organisiert wird die Menschenkette (15 bis 17.30 Uhr) von den Friedensinitiativen in Münster und Osnabrück. www.friedenskette23.de

Detmold

Eine halbstündige Mahnwache für Frieden und Abrüstung des Netzwerks Friedenskooperative beginnt am Samstag, 25. Februar, um 12.30 Uhr in der Fußgängerzone in Detmold, Lange Str. 73.

Lippische Landeskirche

Die Lippische Landeskirche hat zu Friedensgebeten und Mahnwachen am 24. Februar eingeladen. So gibt es um 10 Uhr eine Mahnwache auf dem Marktplatz in Lage und um 12 Uhr ein ökumenisches Friedensgebet in der Marktkirche Lage. Eine Gedenkstunde der Flüchtlingshilfe Lemgo findet um 17 Uhr in der Kirche St. Pauli in Lemgo statt. Für 18 Uhr ist ein Friedensgebet in der Erlöserkirche am Markt Detmold angekündigt, das vom ökumenischen Friedensgebetskreis und Gemeinden des Stadtkonvents Detmold gemeinsam mit Geflüchteten aus der Ukraine gestaltet werde. Ein weiteres ökumenisches Friedensgebet ist zudem 18.30 Uhr in der Klosterkirche in Blomberg geplant.

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