Automatisierung im Supermarkt: Werden Self-Checkout-Kassen das neue Normal?

Die Anzahl der Selbstbedienungskassen wächst rasant. In vielen Supermärkten, Drogerien oder Baumärkten gehören Kassen, in denen Kundinnen und Kunden ihren Einkauf selbst tätigen können, längst dazu. Waren es 2021 noch 2.310 Geschäfte, boten 2023 bereits 5.010 Geschäfte die Self-Checkout-Kassen (SCO) an. Das entspricht einem Zuwachs von 117 Prozent. Ein Plus, das sich laut Handelsverband OWL auch in der hiesigen Region abzeichnet.

Self-Checkout-Kassen gibt es in zwei Varianten. Beide sind bereits im deutschen Einzelhandel zu finden. Bei stationären Self-Checkout-Kassen tätigen Kundinnen und Kunden ihren Einkauf wie gehabt. Am Ende scannen sie ihre Ware und führen den Bezahlvorgang selbst aus. 2023 gab es bundesweit 4.270 Geschäfte, in denen Kunden stationäre SCO zur Verfügung standen. Im Vergleich zu 2021 hat sich der Anteil dieser Kassen um 153 Prozent erhöht.

Darüber hinaus gab es im vergangenen Jahr 2.152 Geschäfte, die das sogenannte Self-Scanning anbieten. Wer einkauft, kann die Ware damit per Handscanner, Scanner am Einkaufswagen oder einer App auf dem eigenen Smartphone bereits während des Einkaufs scannen – statt erst am Ende. In rund 1.400 Geschäften standen Kundinnen und Kunden in Deutschland mindestens zwei dieser Varianten zur Verfügung.

Hohe Nachfrage in Deutschland angekommen Vor allem der Lebensmitteleinzelhandel bietet seinen Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, ihren Einkauf mit Selbstbedienungskassen zu tätigen. 60 Prozent aller Geschäfte, die solche Kassen anbieten, sind Supermärkte. Drogerie und Baumärkte haben jeweils einen Anteil von 15 Prozent.

Das Unternehmen Diebold-Nixdorf mit Sitz in Paderborn produziert solche Kassensysteme. &bdquo;Die Nachfrage nach Self-Checkout-Systemen ist nach wie vor sehr hoch. Das spüren wir sowohl in Deutschland, wo Self-Checkout ja im globalen Vergleich noch ein recht neues Thema im Handel ist, aber auch weiterhin in den etablierten Märkten wie Frankreich, Großbritannien oder den USA“, berichtet ein Sprecher von Diebold-Nixdorf.

Wann die neuen Systeme wirklich akzeptiert werden Schon vor etwa 20 Jahren habe das Unternehmen erste Self-Checkouts installiert, die seitdem technologisch weiterentwickelt worden seien. &bdquo;Insbesondere sehen wir einen Trend in immer flexibler werdenden Systemen, die zum Teil nur noch sehr wenig Platz in der Filiale des Händlers einnehmen“, berichtet der Sprecher weiter. Wichtig sei auch die Nutzerführung und die Bedienung, die zu einer hohen Akzeptanz führe.

Liefert das SCO-System einen persönlichen Vorteil – etwa geringere Wartezeiten – steige die Akzeptanz für das System, so das Handelsforschungsinstitut EHI derweil. Für Händler besteht der Vorteil darin, dass das teils ohnehin schon rare Personal an anderer Stelle eingesetzt werden kann. Allerdings: Die Systeme werden im Handel von mindestens einem Angestellten betreut. Es kann zu technischen Problemen kommen, die Kunden nicht selbst lösen können. Auch beim Einkauf von Alkohol oder Zigaretten muss ein Mitarbeiter assistieren.

Fast nur Kartenzahlung möglich Wer ein solches System einführt, muss erst einmal investieren: Nach EHI-Angaben kann die Installation von 4 SCO-Kassen eine sechsstellige Investition erfordern. Deshalb ist auch wichtig, an die Zielgruppe zu denken. Denn wer ein neues System einführt, will schließlich, dass es genutzt wird. Vor allem ältere Menschen bevorzugen es nach wie vor, bar zu zahlen.

Zwar gibt es auch Selbstbedienungskassen, in die Bargeld gezahlt werden kann. Doch laut EHI kommt dadurch eine deutlich höhere Wartungsintensität hinzu als bei reinen Kartenzahlungssystemen. Drogeriemärkte bieten deshalb nur Selbstbedienungskassen mit Kartenzahlung an.

Gewerkschaft: Einführung nicht zulasten der Arbeitnehmer Diebold-Nixdorf als Produzent der Systeme beobachte aktuell eine hohe Nachfrage an KI-Unterstützung, etwa eine automatische Alterserkennung, etwa beim Kauf von Alkohol. Dass es an den Kassen bald nur noch selbstständig funktioniert, strebe das Unternehmen übrigens nicht an. &bdquo;Für uns steht der richtige Mix im Vordergrund, sodass sowohl Kunden mit wenigen Artikeln am Self-Checkout schnell bezahlen können und somit Wartezeiten vermeiden und andere Kunden, die auf menschliche Interaktion Wert legen, weiterhin Personal an der Kasse vorfinden“, betont der Sprecher. Self-Checkouts seien eine gute Lösung gegen den Fachkräftemangel im Handel.

Sarah Bauer, Gewerkschaftssekretärin für den Dachbereich Handel bei Verdi OWL, betont, die Gewerkschaft werde darauf achten, dass in der Region durch diese Systeme keine Stellen abgebaut werden oder Angestellte Gehaltseinbußen hinnehmen müssen. &bdquo;Die Einführung dieser Systeme ist eine Entwicklung, die wir nicht stoppen können“, sagt Bauer. Kritisch stehe man dieser jedoch nicht unbedingt gegenüber. &bdquo;Aber nicht zulasten der Arbeitnehmer“, betont sie einmal mehr. Ihr Vorschlag, wie die Einführung gar zur Chance werden kann: &bdquo;Sollten durch die Systeme tatsächlich Jobs wegfallen, dann sollten die betroffenen Mitarbeiter weitergeschult werden, statt womöglich ihre Anstellung zu verlieren.“

Haben Diebe wirklich leichtes Spiel? Eine weitere Kritik an dieser Art des Bezahlens: Diebe hätten leichtes Spiel. Produkte könnten, ohne gescannt zu werden, in den Warenkorb und aus dem Geschäft wandern. Durch diverse Sicherheitssysteme will der deutsche Handel dem allerdings Einhalt gebieten – etwa durch Ausgangsschleusen, Gewichtskontrollen durch Waagen oder KI-Systeme.

Nach Angaben deutscher Lebensmittelhändler ist es bislang nicht zu größeren Inventurschäden gekommen: &bdquo;Ladendiebstahlfeststellungen machen weit weniger als ein Promille unserer Kundenkontakte aus“, sagte ein Sprecher von Kaufland dieser Redaktion. Bei Kaufland sind aktuell rund 1.100 SCO-Kassen in 190 Filialen im Einsatz. Die Kundenresonanz fiele sehr positiv aus, so der Sprecher. Rund 40 Prozent der Kunden würden diese nutzen.

Kasse als sozialer Ort Bislang ist es aber so, dass diese Selbstbedienungskassen im Lebensmitteleinzelhandel nur als ergänzendes Angebot dienen. Das bestätigt auch der Discounter Lidl auf Anfrage. &bdquo;Aus unserer Sicht werden Selbstbedienungskassen herkömmliche Kassen grundsätzlich nicht ersetzen. Vielmehr bieten wir unseren Kunden einen zusätzlichen Service.“

Sarah Bauer von Verdi OWL sieht hier einen weiteren Punkt: &bdquo;Gerade in ländlichen Regionen ist der Altersschnitt höher. Menschen, die einkaufen gehen, sehen die Kasse auch als sozialen Ort für Gespräche mit den Mitarbeitern“, berichtet sie von Erfahrungen Angestellter im regionalen Einzelhandel. &bdquo;Zudem muss auch beachtet werden: Nicht alle kommen mit der Technik zurecht.“

Automatisierung im Supermarkt: Werden Self-Checkout-Kassen das neue Normal?

Diebstahl an SB-Kassen: So schützen sich die Händler

SB-Kassen boomen - warum sie trotzdem nicht jeder mag

Eintritt im Supermarkt? Was hinter der Aldi-Initiative in England steckt

Wenn Tresore „heiraten“: Das passiert im Paderborner Diebold Nixdorf Werk

Keine Bargeldzahlung in Bäckerei in OWL: Müssen Geschäfte Bargeldzahlung anbieten?

Geschäfte ohne Personal machen Kunden neugierig

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

LZplus Black-Deal

1 € pro Woche

Weiterlesen mit LZplus