Kreis Lippe. Auch wenn Dr. Mario Herger im heimischen Silicon Valley einen Tesla fährt, der sich immerhin per Smartphone ausparken lässt: Zu seinem Vortrag zum Thema Mobilität bei den „Zukunftsperspektiven" im Hangar 21 kam er doch mit Zug und Taxi. Und all die Zuhörer, die ihm gebannt auf seinem Parforceritt in die schöne neue Welt des Fahrens folgten, sind garantiert nicht mit einem autonom gesteuerten Fahrzeug angereist. Immerhin konnte LZ-Printchefin Silke Buhrmester bei ihrer Anmoderation zumindest eine Schlagzeile zitieren, in der die LZ an diesem Tag immerhin den ersten selbstfahrenden Bus in Nordrhein-Westfalen vermeldet, wenn auch nicht in Lippe. Und doch ist wohl den meisten spätestens nach diesem spannenden Abend klar: Auch wenn die Entwicklung im ländlichen Raum vielleicht ein bisschen länger dauern wird als in den großen Metropolen dieser Welt, so wird das autonome Fahren eines Tages Standard sein. Schwindelig konnte den Zuhörern schon werden, als Dr. Mario Herger, bekennender Fan des autonom gesteuerten Elektroautos, mit seinem Wiener Dialekt und in einem atemberaubenden Tempo noch atemberaubendere Thesen aufstellte. „Der letzte Führerscheinbewerber ist schon geboren, weil in naher Zukunft Menschen aus Sicherheitsgründen vom Steuer verbannt werden", sagte der Experte überzeugt. Nicht nur mit Erzählungen, sondern auch mit diversen Videobeweisen schilderte er den Alltag in Kalifornien, in dem bereits jetzt schon 800 Prototypen unterschiedlicher Autohersteller ohne menschliche Unterstützung im öffentlichen Straßenraum fahren. Sie seien die Zukunft: „Ein Drittel aller Arbeitsplätze in der Automobilindustrie sind gefährdet", prophezeite der Wiener, und „mehr als die Hälfte aller Hersteller werden verschwinden", und wenn sie nicht aufpassten, könnten seiner Ansicht nach die Deutschen Automobilriesen darunter sein. Probleme, mit denen sich die Lipper derzeit noch nicht befassen. „Womit wir zurzeit kämpfen, ist die immer größere Verkehrsdichte beispielsweise in Detmold", sagte Karin Hake, Projektmanagerin bei der Stadtverkehr Detmold. Mehr Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs kann Teil der Lösung sein, meinte sie, während Detlef Wehrmann auch das Verhalten der Menschen ansprach: „Man muss überlegen: Sind alle Wege nötig, wo könnte ich vielleicht auch aufs Rad steigen?" Digitalisierung ist notwendig Christel Schlingmann ist bei der OWL Verkehr zuständig für die bedarfsgesteuerte Variante des ÖPNV, wie etwa die Anrufsammeltaxis: „Immerhin haben wir endlich die Taxizentrale digitalisiert", und die jährlich 15.000 Passagiere könnten auch außerhalb klassischer Haltestellen Sammelpunkte finden, wo sie sich abholen lassen können. Für Dr. Mario Herger würde das jedoch in einigen Jahren obsolet: „Dann halten Sie einfach eine Flotte von Robotertaxis vor, die die Leute zu Hause abholen." Aus Christel Schlingmanns Sicht eines Tages vielleicht auch bitter notwendig: „Wir finden ja keine Fahrer mehr." Natürlich ist auch Dr. Herger klar, dass das alles nicht hopplahopp geht: „Aber wichtig ist, dass sich Städte mit ihrer Infrastruktur auf diese Entwicklung einstellen, vielleicht erst mal auf häufig genutzten Strecken autonom fahrende Elektrobusse einsetzen." Eine verlockende Option, die den Zuhörern am Ende der Veranstaltung allerdings noch nicht zur Verfügung stand: „Ich fürchte, Sie werden dann wohl doch in Ihre eigenen Autos steigen und sie steuern müssen. Also kommen Sie gut an", gab ihnen Moderatorin Silke Buhrmester augenzwinkernd mit auf den Weg. Allerdings hatten sie zunächst die Gelegenheit für mehr Diskussion bei einem Imbiss. Am Ende zog eine begeisterte Zuhörerin ihr persönliches Fazit, mit dem sie offenbar nicht allein steht: „Was für ein spannender Abend."