Moskau - Allen Warnungen des Westens zum Trotz hat der russische Präsident Wladimir Putin die Entsendung von Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine befohlen. Wann die russischen Soldaten dort einrücken, ist zunächst unklar. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150.000 Soldaten an den Grenzen zum Nachbarland zusammengezogen. Ein baldiges Vorrücken in die Ostukraine wäre daher leicht möglich. Moskau hatte seit Wochen Befürchtungen des Westens widersprochen, dass ein Einmarsch bevorstehen könnte. Separatistenführer: «Historischer Moment» Die Einheiten sollen in den selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk für «Frieden» sorgen, wie es in einem Dekret heißt, das der Kremlchef in Moskau unterzeichnete. Zugleich erkannte Putin die beiden von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete, die völkerrechtlich zur Ukraine gehören, als unabhängige Staaten an - «Freundschaftsverträge» wurden auf der Internetseite der Staatsduma veröffentlicht. Danach darf Russland eigene Militärstützpunkte in der Ostukraine errichten und betreiben. Es ist zudem die Rede von einem gemeinsamen Grenzschutz. Die Vereinbarung solle zunächst über zehn Jahre Bestand haben, mit der Möglichkeit einer automatischen Verlängerung. Der Separatistenchef von Donezk, Denis Puschilin, bezeichnete die Anerkennung als «historischen Moment». Sie wurde in der Stadt mit einem angeblich spontanen Feuerwerk gefeiert. Der vor Jahren vereinbarte Waffenstillstand in Donezk und Luhansk hält angesichts Hunderter Verstöße längst nicht mehr. UN-Schätzungen zufolge wurden seit 2014 mehr als 14.000 Menschen getötet. Ohne Beweise: Putin spricht von Genozid im Donbass Putin sprach in seiner Fernsehansprache trotz fehlender Beweise von einem Massenverbrechen am russischstämmigen Volk in der Ostukraine. «Die sogenannte zivilisierte Welt zieht es vor, den von Kiew begangenen Genozid im Donbass zu ignorieren», sagte Putin. Vier Millionen Menschen seien betroffen. Die USA hatten Russland zuletzt beschuldigt, möglicherweise den Vorwurf des Völkermordes als Vorwand für eine Invasion nutzen zu wollen. Putin warf der Nato überdies eine jahrelange Täuschung vor. Russland sei zu Sowjetzeiten bei der Wiedervereinigung Deutschlands versprochen worden, dass die Nato sich kein bisschen nach Osten ausdehne. «Sie haben uns betrogen», sagte Putin und warf dem westlichen Bündnis vor, bereits fünf Wellen der Ausdehnung nach Osten durchgezogen zu haben - und Russland wie einen Feind zu behandeln. «Warum das alles? Wozu?», fragte Putin. Er hatte zuletzt mehrfach vor einer Aufnahme der Ukraine in die Nato gewarnt. Botschaft an Selenskyj Mit Blick auf die verschärften Kämpfe im Donbass forderte Putin die ukrainische Führung unter Präsident Wolodymyr Selenskyj auf, sofort das Feuer einzustellen. Andernfalls werde Kiew die volle Verantwortung dafür tragen, sagte er. Im Falle militärischer Provokationen drohte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York zudem mit weiteren Konsequenzen. Kiew habe «militärische Pläne» und würde Luhansk und Donezk beschießen und provozieren. Nach der Anerkennung durch Moskau könne dies «äußerst gefährliche Folgen haben», so Nebensja. «Wir beabsichtigen nicht, ein neues Blutbad im Donbass zuzulassen.» Für die Eskalation gab der Botschafter der ukrainischen Führung die Schuld. Die Weigerung Kiews, direkt mit den Separatisten zu verhandeln, habe gezeigt, dass es das Minsker Abkommen nicht habe erfüllen wollen. Um einen Krieg zu vermeiden, müsse die Ukraine nun zu einem Ende seiner Provokationen gezwungen werden. © dpa-infocom, dpa:220221-99-231596/12