Macron bleibt Präsident: Jetzt Regierungsbildung im Fokus

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Nach der Wiederwahl von Präsident Macron steuert Frankreich auf die Bildung einer neuen Regierung zu. (© Francois Mori/AP/dpa)

Paris - Der Liberale Emmanuel Macron ist als französischer Präsident wiedergewählt worden. Laut Hochrechnungen nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend setzte er sich deutlich gegen die rechtsnationale EU-Kritikerin Marine Le Pen durch.

Laut den Sendern France 2 und TF1 kam Macron auf etwa 58 bis 58,2 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 41,8 bis 42 Prozent.

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Sorge vor Le Pen war groß

Aus Deutschland und Europa kamen viele Glückwünsche an Macron. Die Sorge vor einer Wahl Le Pens war zuvor groß. Sie wollte sich von der seit Jahrzehnten engen Zusammenarbeit mit Deutschland lossagen. Die europaskeptische Nationalistin Le Pen strebte zudem danach, den Einfluss der Europäischen Union in Frankreich entscheidend einzudämmen, und hätte in Brüssel etliche Vorhaben aus Eigeninteressen ausbremsen können. Der Pro-Europäer Macron hingegen gilt im Tandem mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Europa als treibende Kraft.

Auch Le Pens Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin schürte in der aktuell eskalierenden Krise zwischen dem Westen und Russland Sorgen. Befürchtet wurde, dass die feste Pro-Ukraine-Front des Westens unter Le Pen bröckeln könnte. Immerhin stellte sie bereits wieder eine Kooperation mit Russland nach dem Krieg in Aussicht und kündigte an, Frankreich aus der Kommandostruktur des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato auslösen zu wollen. Macron gilt im Gegensatz dazu als einer der wichtigsten westlichen Vermittler in dem Krieg. Immer wieder telefoniert er mit Putin.

Le Pen sieht trotzdem Erfolg für sich

Le Pen hält ihr Ergebnis dennoch für einen Erfolg. «Das Ergebnis selbst stellt einen strahlenden Sieg dar», sagte sie. «Wir sind entschiedener denn je, die Franzosen zu verteidigen», betonte Le Pen. «Dieses Ergebnis ist ein Zeugnis für das große Misstrauen des französischen Volkes ihnen gegenüber», sagte sie mit Blick auf die Regierenden in Frankreich und der Europäischen Union. «Tausend Mal wurden wir schon beerdigt», meinte Le Pen zu ihrer Partei. Diese werde eine Opposition bilden, um die Franzosen weiter zu verteidigen gegen die Einwanderung, die Unsicherheit und ein Anheben des Rentenalters.

Sie kündigte auch an, weiter politisch aktiv bleiben zu wollen. «Ich werde mein Engagement für Frankreich und die Franzosen fortführen mit der Energie, der Beharrlichkeit und der Zuneigung, die Sie von mir kennen», sagte Le Pen am Sonntagabend vor Anhängern in Paris. Denn Macron werde nichts tun, um die Spaltung im Land zu reparieren. «Ich habe heute keinen Groll.»

Die AfD gratulierte Le Pen trotz der Niederlage. Parteichef Tino Chrupalla gratulierte «unserer Partnerin Marine Le Pen zu ihrem starken Ergebnis». Macron habe nur einen «Scheinsieg errungen». Ungarns Regierungschef «Victor Orban und Marine Le Pen stoßen in ihren Ländern auf enorme Zustimmung». «Gemeinsam werden wir den Kontinent Europa verändern», fügte er hinzu.

Zemmour ruft zu Rechts-Bündnis auf

Der im ersten Wahlgang ausgeschiedene extrem-rechte französische Präsidentschaftskandidat Éric Zemmour hat zu einem nationalen Bündnis der Rechtsparteien aufgerufen. Bei den anstehenden Parlamentswahlen im Juni müssten seine Bewegung Reconquête, das Rassemblement National von Marine Le Pen und das rechte Lager der konservativen Républicains zusammenarbeiten, forderte Zemmour.

Zugleich ging er die bei Präsidentschaftswahl unterlegene Rechtsnationalistin Marine Le Pen hart an. «Das ist die achte Niederlage eines Le Pen», sagte Zemmour mit Blick auf die gescheiterten Kandidaturen Marine Le Pens und ihres Vaters Jean-Marie Le Pen. «Heute Abend haben die verloren, die Frankreich lieben», meinte Zemmour. Der einzige Verlierer sei Frankreich. «Ich habe getan was ich konnte, um dieses Ergebnis zu verhindern.»

Der Präsident des Rassemblement National, Jordan Bardella, erteilte Zemmours Aufforderung zu einem Schulterschluss rechter Parteien postwendend eine Absage. «Es gibt keine Allianz mit Reconquête», sagte er.

Macron profitierte von Bündnis gegen Le Pen

Macrons Sieg ist vor allem als Niederlage Le Pens zu verstehen. Denn viele Franzosen waren mit seiner ersten Amtszeit unzufrieden. Etliche Parteien hatten nach der ersten Wahlrunde dazu aufgerufen, eine Mauer gegen Rechts zu bauen und eine Präsidentin Le Pen, die trotz betont gemäßigteren Auftretens weiterhin extrem rechte Positionen vertritt, durch eine Stimme für Macron zu verhindern. Diese Dynamik hatte es bereits 2017 gegeben, als Le Pen und Macron sich erstmals in der Stichwahl gegenüberstanden, sowie 2002 als Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen krachend gegen den Konservativen Jacques Chirac verlor.

Der 44-Jährige Macron profitierte außerdem angesichts des Ukraine-Krieges von Wünschen in der Bevölkerung nach Stabilität und einer gemäßigten Politik. Zudem hat er klare Erfolge am Arbeitsmarkt sowie einen robusten Durchstart der französischen Wirtschaft nach der Corona-Krise vorzuweisen.

Wahlbeteiligung rückläufig

Bis 17.00 Uhr hatten nach Angaben des Innenministeriums 63,23 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgegeben. Damit lag die Wahlbeteiligung knapp 1,8 Prozentpunkte unter der Nachmittagsquote des ersten Wahldurchgangs am 10. April. Auch im Vergleich zur Präsidentschaftswahl vor fünf Jahren ist die Beteiligung rückläufig. Damals hatten in der zweiten Runde bis zum Nachmittag bereits 65,3 Prozent gewählt.

Le Pen und Macron haben sich beide gewandelt

Bereits 2017 standen der damalige Politjungstar Macron und die Rechte Le Pen sich in der Stichwahl um die Präsidentschaft gegenüber. Damals war Le Pen ihrem Kontrahenten aber viel deutlicher unterlegen - sie holte nur ein Drittel der Stimmen. Le Pen bemühte sich im jüngsten Wahlkampf nun um ein gemäßigtes Auftreten und gilt mittlerweile auch in Teilen der bürgerlichen Rechten als wählbar. Der Frust über Macrons Amtszeit und seinen mitunter als arrogant empfundenen Politikstil kamen ihr zugute.

Macron, der im Wahlkampf auf wirtschaftlichen Fortschritt setzte, hatte 2017 mit seiner Bewegung La République en Marche den Einzug in den Élyséepalast geschafft. Damals ein eher linker Kandidat, vertritt er mittlerweile verstärkt liberal-konservative Themen. Bevor er Präsident wurde, arbeitete der Nordfranzose als Investmentbanker, beriet den sozialistischen Präsidenten François Hollande und war unter diesem von 2014 bis 2016 Wirtschaftsminister.

Macrons Wiederwahl ist auch historisch gesehen nicht selbstverständlich: Seit Gründung der fünften Republik 1958 traten vor ihm nur drei Präsidenten eine zwei Amtszeit an, zuletzt der Konservative Jacques Chirac (1995 bis 2007). Der Konservative Nicolas Sarkozy scheiterte 2012 in seinem zweiten Anlauf auf das Präsidentenamt.

Frankreich wartet auf die nächste Wahl

Der französische Staatschef hat weitreichende Machtbefugnisse und amtiert fünf Jahre. Etwa 48,7 Millionen Französinnen und Franzosen waren zur Wahl eingeschrieben. In der ersten Runde vor zwei Wochen traten zwölf Kandidatinnen und Kandidaten an. Die traditionellen Volksparteien der Sozialisten und Republikaner fuhren historisch schlechte Ergebnisse ein.

Für die Geschicke Frankreichs wird es nun entscheidend sein, ob Macron bei den im Juni anstehenden Parlamentswahlen ebenfalls auf eine Mehrheit kommt. Geschieht dies nicht, müsste er einen Regierungschef aus dem Mehrheitslager benennen. Seine Macht wäre dann deutlich geschwächt und das Treffen politischer Entscheidungen würde entscheidend schwieriger. Während Macron in der Stichwahl noch auf die Unterstützung linker Parteien und der Konservativen zählen konnte, verfolgen diese für die Parlamentswahl eigene Interessen.

Der gescheiterte linke Präsidentschaftsanwärter Jean-Luc Mélenchon will Macron bei den Parlamentswahlen eine Niederlage zufügen. «Resigniert nicht!», rief er am Sonntagabend in einer Online-Ansprache seinen Anhängern zu. «Im Gegenteil: Werdet aktiv! (...) Eine andere Welt ist noch möglich», sagte er mit Blick auf die Wahlen im Juni. Dann sollten Linkswähler den Abgeordneten ihres Lagers eine Mehrheit verschaffen. «Die dritte Wahlrunde beginnt heute Abend. Ihr könnt Macron schlagen», sagte Mélenchon. Macrons «präsidielle Monarchie» habe nur aus Mangel an Alternativen überlebt. Mélenchon hatte in der ersten Wahlrunde mit mehr als 20 Prozent den dritten Platz hinter Macron und der Rechten Marine Le Pen erreicht.

Partystimmung rund um den Eiffelturm

Anhänger von Frankreichs Präsidenten Macron haben nahe dem Eiffelturm die Wiederwahl des Mitte-Politikers gefeiert. Zu elektronischer Musik eines DJs schwenkten Hunderte auf dem Champ-de-Mars in Paris Frankreich- und Europaflaggen und tanzten. Macron hatte sich Hochrechnungen zufolge am Sonntagabend deutlich gegen seine rechte Herausforderin Marine Le Pen durchgesetzt, die zum dritten Mal Anlauf aufs französische Präsidentenamt genommen hatte.

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