"Konfliktlinie der Klimakrise nicht zwischen Polizei und Klimabewegung“

"Fridays for Future" bezeichnen die Proteste in Lützerath als Erfolg für die Klimabewegung. Die Diskussion um gewalttätige Demonstrierende lenke vom Thema ab.

Jan Sternberg

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Umweltaktivistin Luisa Neubauer (M.) beim Lützerath-Protest. - © ROBERTO PFEIL
Umweltaktivistin Luisa Neubauer (M.) beim Lützerath-Protest. (© ROBERTO PFEIL)

Die Klimabewegung „Fridays for Future“ sieht die Demonstrationen in Lützerath trotz der Räumung des Weilers als Erfolg. „Fridays for Future“-Sprecherin Pauline Brünger sagte dieser Redaktion: „Wer nach breiten Mehrheiten für den Klimaschutz sucht, wurde in Lützerath fündig. Durch Lützerath ist es für die Regierungen teurer denn je geworden, konsequenten Klimaschutz zu blockieren.“

Die Debatte um Gewalt seitens der Demonstrierenden lenke vom Thema ab: „Wer jetzt Gründe sucht, um die Klimabewegung zu diskreditieren, anstatt den aktuellen gesellschaftlichen Rückenwind zu nutzen, um mehr Klimaschutz umzusetzen, wird der Lage nicht gerecht“, sagte Brünger. „Menschen machen sich zurecht Sorgen, ob und wie die Regierung ihre Klimaziele noch einhalten will.“

„Fridays for Future“-Vertreterin Luisa Neubauer sagte dieser Redaktion: „Die Konfliktlinie der Klimakrise verläuft nicht zwischen Polizei und Klimabewegung, sondern zwischen der Gesellschaft, die auf intakte Lebensgrundlagen angewiesen ist, und denjenigen, die eben diese zerstören wollen.“ Auch die Innenminister und Innenministerinnen seien „gefragt, ihrer Verantwortung für konsequenten Klimaschutz gerecht zu werden. Ihre Strategie kann nicht sein, gegen immer größere Mengen an engagierten Menschen, immer größere Polizeieinsätze zu fahren“, sagte Neubauer. Es seien „nicht zuletzt Klimakatastrophen wie die Flut im Ahrtal, die die innere Sicherheit gefährden“. Neubauer kündigte weitere Proteste an: „Die Kohle unter Lützerath ist noch im Boden, nun gilt es, gesammelte Kräfte darauf zu konzentrieren, dass sie dort auch bleibt.“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte diese Woche die friedlichen Demonstranten in Lützerath gelobt. Sie machten „erfolgreich auf eine der größten Aufgaben unserer Zeit aufmerksam“. Diese Menschen stünden für den Teil der Klimabewegung, für den Gewalt in einer Demokratie nie ein Mittel der Auseinandersetzung sein dürfe, „egal wie überzeugt man von einer auch noch so guten Sache am Ende auch ist“, sagte Wüst. „Gewalt bleibt inakzeptabel. Sowohl beim Feiern als auch beim Demonstrieren.“

Wüst machte gleichzeitig darauf aufmerksam, dass bei den Einsätzen an dem Braunkohleort 102 der 3.700 Polizisten verletzt worden seien. „Vielen von ihnen schlug auch dort Hass und Gewalt entgegen“, sagte Wüst. Trotz der aufgeheizten Stimmung von einem Teil von Aktivisten seien die Polizisten vor allem umsichtig und vorsichtig gewesen.

Ermittlungen nach Protesttagen

Im Zusammenhang mit der Räumung von Lützerath sind nach Angaben von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) fast 500 Straftaten begangen worden. In fünf Fällen werde gegen Polizisten ermittelt.

Greta Thunberg, Luisa Neubauer und andere Klimaaktivistinnen hatten der Polizei unverhältnismäßige Gewaltanwendung vorgeworfen. Reul hat diese Vorwürfe zurückgewiesen. Die schwerste Verletzung bei der Demo sei eine Gehirnerschütterung gewesen. Es habe 14 Transporte in Krankenhäuser gegeben - fünf davon hätten Polizisten betroffen, der Rest seien Demonstranten gewesen. Es habe sich vor allem um Fuß-, Bein-, Arm- und Handverletzungen sowie um Platzwunden gehandelt.

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