Kommentar zum Solidaritätszuschlag: Konstrukt hat ausgedient

Der Bundesfinanzhof hat eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag abgeschmettert. Die Richter haben damit zwar die Position des Bundes bestätigt, das Thema bleibt aber auf dem Tisch.

Martin Krause

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Der Staat kassiert seit mehr als drei Jahrzehnten den „Solidaritätszuschlag“, der ursprünglich nur für kurze Zeit erhoben werden sollte. - © picture alliance/dpa
Der Staat kassiert seit mehr als drei Jahrzehnten den „Solidaritätszuschlag“, der ursprünglich nur für kurze Zeit erhoben werden sollte. (© picture alliance/dpa)

Bielefeld. Der seit 1991 erhobene Solidaritätszuschlag, den seit 2021 nur noch Spitzenverdiener entrichten müssen, ist verfassungsgemäß und darf das Staatssäckel weiterhin auffüllen. Diese Entscheidung des Bundesfinanzhofes dürfte Bundesfinanzminister Christian Lindner mit großer Erleichterung gehört haben, denn er muss seine Haushaltsplanungen nicht verändern und auch keine Rückforderungsansprüche in zweistelliger Milliardenhöhe fürchten. Die Abschaffung des ungeliebten Ungetüms bleibt als Thema aber auf dem Tisch.

Die Richter sollten beurteilen, welchen Charakter dieser "Zuschlag" auf Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer eigentlich hat: Ist der Solidaritätszuschlag faktisch eine allgemeine Geldleistung der Steuerpflichtigen zur Finanzierung des Staates, der seit der Wiedervereinigung eben einen erhöhten Finanzbedarf hat? Oder ist es wie eine Sonderabgabe eine zweckgebundene Zahlung, in diesem Fall ausschließlich zur Finanzierung der deutschen Einheit und des Aufbaus Ost? Genau dieser Eindruck war eigentlich bei der Einführung des "Solis" erweckt worden - dass er nur ein kurzfristiger Aufschlag wäre, um die neuen Länder auf Vordermann zu bringen.

Jetzt wurde noch einmal klargestellt, dass der "Soli" nichts anderes als eine Steuer ist und nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip erhoben wird. Eine Reichensteuer? So mag man es interpretieren. Aber eben rechtens, wie die Richter des Bundesfinanzhofs meinen. Nur eine Verfassungsbeschwerde könnte den Bund jetzt noch dazu zwingen, auf den Zuschlag zu verzichten.

Es wäre allerdings ehrlicher, den Solidaritätszuschlag allmählich umzubenennen. Vielleicht in "Sonderbelastungszuschlag". Noch besser wäre es, die Einkommenssteuer so zu reformieren, dass der "Soli" wegfallen kann. Dann wäre das ganze Steuersystem ein wenig übersichtlicher. Und die Ostdeutschen müssten nicht mehr den Eindruck haben, dass sie weiterhin den Westdeutschen auf der Tasche liegen. Als "Solidaritätszuschlag" ist das mehr als drei Jahrzehnte alte Konstrukt ein Ärgernis und hat ausgedient.

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