Es gibt einen zusätzlichen Kongress in Deutschland. In Münster starteten die Organisatoren des Westfälischen Friedenspreises, den sie vor 25 Jahren ins Leben riefen, und zum 375. Jahrestag der Befriedung des 30-jährigen Krieges, ein neues Format. Nun ist es nicht so, dass die Notwendigkeit einer solchen Veranstaltung angesichts der zahlreichen konkurrierenden Gelegenheiten in München, Aachen oder sonst wo sich dem Beobachter unmittelbar erschließt.
Doch entstanden aus der Verlegenheit, dass der aktuelle Preisträger Macron die Auszeichnung erst im Frühjahr entgegennimmt, ist es der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe gelungen, einen beachtenswerten Beitrag zur politischen Debatte zu liefern. Dafür gibt es viele Gründe. Einer der emotional stärksten ist sicher der Auftritt des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko. Beim Betreten des Friedenssaales in Münster erzeugt er einen Gänsehaut-Moment, der niemanden unberührt lässt.
Ebenso stark, aber inhaltlich viel bedeutender sind die Signale von Verteidigungsminister Pistorius. In der gewohnten Klarheit zeichnet er die drei Leitlinien deutscher Politik an der Seite der Ukraine: Es ist ein durch nichts gerechtfertigter Krieg; Europa wird eine gewaltsame Veränderung der politischen Landkarte nicht hinnehmen; Deutschland wird nicht still sitzen bei der Neuordnung der Welt.
Das ist die Botschaft des Verteidigungsministers und die Legitimation einer dauerhaften Stationierung einer Bundeswehr-Brigade in Litauen sowie – auch das deutet Pistorius unter Berufung auf die SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt an – für die Entscheidung zur Lieferung von Taurus-Raketen.
Wie groß die Belastungen daraus vor allem für die deutsche Wirtschaft sein werden, deutete in einem Podium der Ex-Finanzminister Peer Steinbrück an. Im wachsenden Konflikt mit China um Taiwan werde die Autonomie der deutschen Wirtschaft schrumpfen zugunsten wachsender Steuerung durch die Politik.
Da war der Beifall der Manager im Publikum schon deutlich zurückhaltender. Aber auch Einsicht und Akzeptanz wurden erkennbar. Schon diese Erkenntnis der Wirtschaft legitimiert das neue Format von Münster. Man ist gespannt auf das nächste Jahr.