Krankenhäuser halten geplante Reform für «extrem gefährlich»

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Ein Leuchtkasten mit einem roten Kreuz hängt vor der Notaufnahme eines Krankenhauses. - © Julian Stratenschulte/dpa/Symbolbild
Ein Leuchtkasten mit einem roten Kreuz hängt vor der Notaufnahme eines Krankenhauses. (© Julian Stratenschulte/dpa/Symbolbild)

Die geplante Krankenhausreform könnte die Notfallversorgung bei akuten Herzinfarkten laut einer Analyse für die Krankenhausgesellschaft in gefährlichem Ausmaß verknappen. Das geht aus einer am Dienstag vorgestellten Analyse für die Deutsche Krankenhausgesellschaft hervor.

Die auf Nordrhein-Westfalen heruntergebrochenen Daten wiesen unter anderem auf eine «extrem gefährliche» Konzentration der geplanten Standorte in der sogenannten interventionellen Kardiologie hin, warnte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW), Ingo Morell. Derzeit könnten akute Herzinfarkte in NRW noch an 136 Standorten schnell behandelt werden. Bei der angepeilten Aufteilung der Krankenhäuser in Grundversorger und höhere Notfallstufen blieben nur noch 34 Standorte übrig.

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«70 Prozent der Patientinnen und Patienten müssten auf eines dieser Krankenhäuser ausweichen», kritisierte Morell. «Wenn es um Leben und Tod geht, wenn jede Sekunde zählt, kann in einem Bundesland mit 18 Millionen Einwohnern nicht ein dünnes Netz von wenigen Kliniken die Daseinsvorsorge sichern.»

Extrem wären die Auswirkungen der vor zwei Monaten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Vorschläge demnach auch in der Geburtshilfe: Von 137 Standorten blieben nach einer Spezialisierung der Krankenhäuser nur noch 35 übrig, errechnete ein Essener Wirtschaftsprofessor mit einer auf Krankenhäuser spezialisierten Datenanalyse-Firma. 70 Prozent der Eltern müssten sich dann eine andere Entbindungsklinik suchen.

«Es ist vollkommen unrealistisch, mehr als zwei Drittel aller Geburten kurzerhand auf wenige Geburtshilfen auszulagern», betonte Morell. «Dafür müssten an diesen Standorten mehrere Etagen mit Kreißsälen und zugleich Hotels für Hochschwangere und Angehörige gebaut werden.»

Die Reformvorschläge brächten für die meisten Patienten «rigorose Einschnitte» mit sich - unter anderem in der Neurologie und Urologie. «Wichtige medizinische Leistungen müssten bei konsequenter Anwendung des Reformkonzepts auf nur noch 36 Krankenhäuser im Rheinland und in Westfalen-Lippe konzentriert werden», bilanzierte die KGNW. «Das bedeutet, dass der überwiegende Teil der 337 NRW-Krankenhäuser von elementaren Teilen der Versorgung ausgeschlossen würde.»

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) teilt die Auffassung von Krankenhausgesellschaft und Landkreistag. Die Krankenhausplanung müsse Ländersache bleiben. «Eine Reißbrett-Krankenhausplanung, die mit der Brechstange an gewachsene Strukturen geht, wird weder bei den Ländern noch bei den Bürgerinnen und Bürgern Zustimmung finden», kommentierte er Lauterbachs Pläne in einer Mitteilung.

«Wir dürfen keinen Blindflug bei der Reform des Bundes machen, sondern müssen die Auswirkungen auf die gewachsene Krankenhauslandschaft genau abschätzen können», warnte der CDU-Politiker. Der Diskussionsprozess mit dem Bund und den Ländern über die Zukunft des Krankenhauswesens sei offen. «Ich gehe davon aus, dass der noch zu erarbeitende Gesetzgebungsentwurf keine 1:1-Umsetzung der Kommissionsvorschläge sein wird, sondern sich stark an der NRW-Krankenhausplanung orientiert», unterstrich Laumann.

Auch Morell warnte vor «Krankenhausplanung nach einem Algorithmus» und forderte Bund und Länder auf, bei ihren Gesprächen über eine Krankenhausreform den Fokus auf eine flächendeckend gute Versorgung zu legen. Caritas, Diakonie und der Landkreistag äußerten sich ebenfalls alarmiert über die Ergebnisse der Auswirkungsanalyse.

«Eine Krankenhausreform ist notwendig, sie darf aber nicht zu Versorgungslücken führen», unterstrich der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags NRW, Martin Klein, in einer Mitteilung. «Wir rechnen mit ernsten Folgen nicht nur für die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten», warnte auch die Caritas in NRW.

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