Nachwuchsmangel: Weniger MINT-Studenten in Deutschland

Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sind immer weniger beliebt. Das hat Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Experten fordern Lösungen.

Christoph Höland

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Etwa 37 Prozent aller Akademiker und Akademikerinnen haben sich 2021 dazu entschieden ein MINT-Fach zu studieren. - © Uwe Anspach
Etwa 37 Prozent aller Akademiker und Akademikerinnen haben sich 2021 dazu entschieden ein MINT-Fach zu studieren. (© Uwe Anspach)

Deutschlands Wirtschaft bangt um den technikaffinen Nachwuchs: Erstmals seit 2007 ist dem statistischen Bundesamt zufolge 2021 die Zahl der Studienanfängerinnen und -Anfänger in den MINT-Studiengängen zurückgegangen. „Die Wirtschaft ist dringend auf Nachwuchs im MINT-Bereich angewiesen. Der Bedarf steigt – auch mit Blick auf Energieversorgung und Digitalisierung“, sagte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA dieser Redaktion.

Während 2021 insgesamt 4 Prozent weniger jungen Menschen ein Studium aufnahmen, ließ das Interesse an den in der Wirtschaft begehrten Studiengängen besonders stark nach: 6,5 Prozent weniger Studienanfängerinnen und Anfänger verzeichneten Studiengänge in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik nach Angaben des Bundesamts. Statt 40,5 Prozent wie im Rekordjahr 2015 entschieden sich nur noch 37,7 Prozent der angehenden Akademikerinnen und Akademiker für die entsprechenden Disziplinen, teilte das Bundesamt mit.

Die insgesamt abnehmende Zahl junger Menschen in Deutschland wurde bislang teilweise von ausländischen MINT-Studierenden aufgefangen. Aber auch diese seien vor allem wegen der Pandemie zuletzt seltener nach Deutschland gekommen, erklärte das Bundesamt. Ein Lichtblick ist indes der steigende Frauenanteil: Je nach Fach lag er 2021 zwischen 2 Prozent (Stahlbau) und 88,2 Prozent (Innenarchitektur), insgesamt erhöhte er sich auf die bisherige Bestmarke von 34,5 Prozent.

Zugewanderte Studenten in Deutschland halten

„Der erneute Anstieg des Frauenanteils bei Studierenden in MINT-Fächern ist sehr erfreulich. Es ist allerdings ein Problem, wenn sich generell weniger junge Menschen für ein Studium in MINT-Fächern entscheiden“, so Kampeter. Deshalb müssten alle Potenziale gehoben und frühzeitig Interesse für die Studiengänge geweckt werden, gerade auch bei Mädchen und jungen Frauen. „Wir müssen zeigen, wie viel Spaß diese Fächer machen – und wie viel Geld man hier verdienen kann“, sagte Kampeter.

Allerdings spielten insbesondere ausländische Studierende bei MINT-Fächern eine zentrale Rolle, „selbst wenn wir alle inländischen Potenziale heben, werden wir ohne Zuwanderung den hohen Bedarf nicht bewältigen können“. Oberste Priorität müsse es deshalb haben, wieder als attraktiver MINT-Hochschulstandort wahrgenommen zu werden, erklärte der BDA-Hauptgeschäftsführer. „Ebenso wichtig ist es, ausländische Studierende nach ihrem Studienabschluss auch in Deutschland zu halten.“

Etwas erleichtert zeigten sich indes die Maschinenbauer: Maschinenbau und Elektrotechnik verzeichneten seit 2016 ein Viertel weniger Studienanfängerinnen und -Anfänger, nun sei die Zahl wieder leicht gestiegen, erklärte der stellvertretende VDMA-Hauptgeschäftsführer Hartmut Rauen. Auch würden die Zahlen des Bundesamts duale Studiengänge nicht berücksichtigen, „hier gab es ein deutliches Wachstum über die Jahre“, betonte Rauen.

Bundesregierung in der Pflicht

Insgesamt würden aktuell aber nur 16 Prozent der Unternehmen keinen Mangel an Ingenieurinnen und Ingenieuren erwarten. „Der Fachkräftemangel in diesen Innovationsbereichen droht damit zur Innovations- und Wachstumsbremse zu werden“, warnte Rauen gegenüber dieser Redaktion.

Die Bundesregierung bemüht sich seit Jahren, die Zahl der MINT-Studierenden zu erhöhen, 2022 wurde etwa der MINT-Aktionsplan auf den Weg gebracht. „Um dem vor allem demografisch bedingten Fachkräftemangel zu begegnen, wird dies sicherlich nicht ausreichen“, meint Rauen. Neben qualifizierter Zuwanderung und einer höheren Vollzeitquote müssten auch mehr Menschen zu einem Schulabschluss gebracht und Weiterbildungsangebote insbesondere für Geringqualifizierte geschaffen werden.

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