Paderborn. Was lange als Qualitätssiegel galt, scheint mehr und mehr gefährdet. Ist Hightech "Made in Germany" wegen des Abschwungs der deutschen Wirtschaft nur noch ein Auslaufmodell – oder doch ein Zukunftsgarant? NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff findet diese Frage fast schon provokant. "Natürlich Zukunftsgarant", sagt er bei einer Veranstaltung der Ostwestfalen-Lippe-GmbH in Paderborn. "Was denn sonst?" Die Gegenfrage stellt der 68-jährige Unternehmer geradezu erwartungsgemäß. Immerhin spricht er in einer Fabrikhalle des Fraunhofer-Instituts für Entwurfstechnik Mechatronik, Zukunftsmeile 2 – und "gerade in Südwestfalen, Ostwestfalen und im Münsterland zeigen wir doch Tag für Tag, dass unsere Hightech-Industrie die DNA unserer gesamten erfolgreichen Volkswirtschaft ist". Kirchhoff hofft auf Kraftakt Dass die Zukunftsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland nun endlich einmal hinterfragt wird, begrüßt Kirchhoff gleichwohl. "Viel zu lange waren die Debatten die eines Landes, das glaubte, sich alles leisten zu können." Nicht nur Kirchhoff erscheint Deutschland heute satt, antriebslos und reformmüde. Die Bundesrepublik ist in kurzer Zeit vom Wachstumsmotor Europas zum Schlusslicht der westlichen Industriestaaten abgestiegen. Übermäßige Regulierungen, zu wenig Fachkräfte, hohe Energiekosten schränken wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten ein. Meldungen zum Digitalen oder zur Mobilität wirken wie aus der Zeit gefallen. Deutschland ist träge geworden. Verbandspräsident Kirchhoff, der mit Unternehmer NRW landesweit rund 80.000 Betriebe vertritt, hatte beim Unternehmertag Mitte August in Düsseldorf den Bundeskanzler zu Gast. Einige der Mitglieder hätten Olaf Scholz (SPD) "schnörkellos den Ernst der Lage geschildert", sagt Kirchhoff. Nun hat Scholz im Bundestag einen "Deutschlandpakt" vorgeschlagen, womit er nach all dem Regierungsstreit eine gewisse Sehnsucht nach Einigkeit bedient. "Ich bin jetzt mal sehr gespannt", sagt Kirchhoff an der Zukunftsmeile, "ein politischer Kraftakt ist überfällig." Standortvorteil Sozialpartnerschaft Der Unternehmer Arndt Kirchhoff lernte die Managertugend auf dem Sportplatz. "Wirtschaftlicher Erfolg gelingt nur, wenn die Menschen mitziehen", erklärte er einmal in einem Interview. Derzeit aber, sagt er vor den rund 80 Gästen aus Industrie, Wissenschaft und Politik in Paderborn, gebe es ziemlich viele Menschen, die in großer Zukunftssorge lebten. Es passiere alles gleichzeitig: der digitale Wandel, die ökologische Transformation, obendrein die Pandemie, dann der russische Angriffskrieg in der Ukraine mit all seinen negativen Folgen. "Die Menschen haben Angst, und das ist gefährlich." Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt wirft zumindest Fragen auf. Auch für Günter Korder, Geschäftsführer von It's OWL. "Der Charme dieser neuen Technologie liegt darin, dass man sich ihr offensiv nähern muss", sagt Korder während des Podiumsgesprächs. Miele-Geschäftsführerin Rebecca Steinhage warnt unterdessen davor, die gewaltigen Umwälzungen durch die künstliche Intelligenz nur in exklusiven Kreisen zu erörtern. "KI darf kein elitäres Thema bleiben", mahnt Steinhage. Sonst fühlten sich die Sozialpartner dazu ermutigt, "ihre Leute davor zu beschützen". Mit Blick auf eine menschengerechte Gestaltung von künstlicher Intelligenz setzt das Technologie-Netzwerk It's OWL auch auf die Meinung von Gewerkschaften. Überhaupt seien Sozialpartnerschaften in schwierigen Phasen von großer Bedeutung, betont Arbeitgeberpräsident Kirchhoff: "Unsere Sozialpartnerschaft bleibt eine stabile Säule in unserer sozialen Marktwirtschaft." Vor allem in dieser Zeit der Stapelkrise sei sie ein Standortvorteil. Wenn Menschen für höhere Löhne auf die Straße gehen, "brennen hier keine Autos".