Höxter. Die Frauen suchten das schnelle Abenteuer oder sie waren einsam und wünschten sich eine neue Beziehung für immer. Vor den vielen Reaktionen auf seine Bekanntschaftsanzeigen konnte sich Wilfried W. aus Höxter kaum retten.
In ganz Deutschland, teilweise in Tschechien und sogar in Spanien gab er seine Kontaktanzeigen auf. Um eine möglichst schnelle Reaktion zu erhalten, veröffentlichte er in den meisten Fällen seine Handy- oder Festnetznummer.
In blumigen, kurzen und knappen Worten hatte er seine Persönlichkeit beschrieben. Einsam, romantisch, sympathisch, naturverbunden, verständnisvoll – diese Schlagworte kamen bei vielen Frauen gut an. Auch bei seinem Alter variierte er ständig, mal war er 30 Jahre alt, dann wieder 45 Jahre.
Die Frauen konnten nicht ahnen, dass sie Kontakt mit einem bereits 1995 verurteilten Frauenquäler aufnahmen und in höchster Lebensgefahr schwebten. Kamen Reaktionen auf die Anzeigen, musste seine Lebensgefährtin Angelika W., ebenso hauptbeschuldigt im Doppelmord von Höxter, einspringen. Denn Wilfried W. hatte die Schule in Bochum ohne Abschluss verlassen, keine Berufsausbildung und war des Schreibens eher unkundig. Bei den britischen Streitkräften in Paderborn war er kurzfristig mal als Hundeführer tätig, später wechselte er immer wieder seine Arbeitsstellen.
In einem Gespräch mit ihrem Strafverteidiger Peter Wüller, der Angelika W. in der Untersuchungshaft aufsuchte, erzählte sie, wie sehr Wilfried W. auf ihre Mithilfe angewiesen war. Sämtlichen Schriftverkehr, der sich aus den neuen Bekanntschaften ergab, musste sie für ihn abwickeln. Auch bei seiner Abwesenheit hielt Angelika W. Kontakt zu den Frauen. Reagierten sie nicht so, wie es Wilfried W. erwartete, griff sie auch schon mal zum Telefonhörer, um den Wünschen ihres Partners teilweise mit scharfen Worten Nachdruck zu verleihen. In Kurzmitteilungen oder Sprachnachrichten beschimpfte, verängstigte oder nötigte sie die Frauen, den Kontakt zu Wilfried W. zu halten. Sie antwortete auf Kurznachrichten, die auf dem Handy eingingen, sie chattete im Internet auf Partnerschaftsportalen oder hielt den Kontakt zwischen interessierten Frauen und Wilfried W.
Nach ihrer Schätzung hatte der 46-Jährige zu etwa 600 bis 700 Frauen Kontakt aufgenommen. Mit etwa 30 bis 50 Frauen pflegte er regelmäßige persönliche Treffen. Hierbei kam es vor, so Angelika W. gegenüber ihrem Rechtsanwalt, dass es bei einem einmaligen Zusammensein blieb.
Zu den Dates fuhr das Folterpaar dann quer durch Deutschland. Angelika W. saß immer am Steuer, weil ihr Ex-Mann keinen Führerschein besaß. Wegen Fahrens ohne Führerschein sei er vom Landgericht Paderborn 1995 zu 33 Monaten Haft verurteilt worden, erzählte er ihr. Dass der Grund für diese Strafe schwere Misshandlungen einer Frau waren, verschwieg Wilfried W.
Am Reiseziel angekommen, musste Angelika im Wagen sitzenbleiben, während ihr Ex-Mann teilweise kurz, teilweise länger in den Wohnungen derjenigen verschwand, die für ihn schwärmten und noch an die große Liebe glaubten.
Zwei Frauen bezahlten die Kontaktaufnahme zu Wilfried W. mit dem Leben. Sieben weitere konnten mit zum Teil schwersten Verletzungen das Folterhaus in Höxter wieder verlassen. Ob es noch weitere Opfer gibt, die ihre Suche nach sexuellen Abenteuern oder einer ständigen Beziehung mit dem Tod oder Verletzungen bezahlten mussten, ist unklar.