Augustdorf. Seien wir ehrlich. Wenn es ums Cheerleading geht, haben die meisten von uns gleich ein gängiges Klischee im Kopf: Kurze Röckchen und Pompons. Schlimmer noch sind die Vorurteile. „Das ist doch kein richtiger Sport", meinen die Skeptiker. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Cheerleader sind hart im Nehmen. Das beweist eine Trainingstunde bei den „Crazy Angels" der TuSG Augustdorf.
„Komm schon, ich weiß, dass du das besser kannst", ruft Trainer Alexander Knust der zierlichen Marie zu, die kurz zuvor von vier Teamkolleginnen in die Luft gewirbelt wurde – und dabei ganz nebenbei einen Rückwärtssalto bewältigt hat. Für die 13-Jährige ist der Höhenflug kein Problem, nicht umsonst hat sie die Position des „Flyers" inne.
Leicht und beweglich muss man für den Job an oberster Stelle der Pyramide sein. „Und der gesamte Körper gehört auf Spannung", ergänzt Trainerin Sarah Knust (29), die die amerikanische Sportart seit 16 Jahren betreibt. Am Boden brauchen die Mädchen dagegen vor allem Kraft.
Eine gehörige Portion Mut mit einer Prise Vertrauen gehört auch dazu, denke ich mir aus der sicheren Position des Beobachters. Bei der Höhe muss man sich auf seine Teamkolleginnen blind verlassen können. Das kann Marie auch. Die Augustdorfer Cheerleader sind routiniert, einige Mädels der Truppe sind gar schon von Klein auf dabei.
„Viele sagen Cheerleader können nichts. Das stimmt aber nicht. Wir trainieren verschiedene Disziplinen, bei allen kommt es auf Ausdauer an", sagt Jolina (13), die seit sieben Jahren dazu gehört. Ob Turnen, Tanzen oder Akrobatik – beim Cheerleadertraining ist der ganze Körper gefordert.
Das merke ich bereits beim kläglichen Versuch, mit den jungen Turnerinnen mitzuhalten. Während die Truppe ihre Abfolge an Sprungkombinationen schnell, souverän und (natürlich) synchron bewältigt, wirken meine „Jumps" noch wie die ersten Hoppelversuche eines unbeholfenen Kaninchens. „Das kommt mit der Zeit. Aber ohne Ehrgeiz geht es nicht", gibt die Trainerin zu. Es gehe auch darum, die eigene Scheu zu überwinden.
Kaum ausgesprochen, stemmt Alexander die kleine Marie wieder in die Luft – bis die 13-Jährige mit nur einem Fuß auf der Handfläche ihres Trainers schwebt. Geschickt verbiegt sich die Schülerin in ihrer Pose, dabei gleicht sie einer Balletttänzerin auf der großen Bühne. „Wie fühlt sich das an, wenn man da oben ist?", will ich wissen. Die Antwort folgt prompt – und ist unerwartet: „Willst dus selbst mal ausprobieren?"
Skeptisch nicke ich. Glücklicherweise hat sich die Halle mittlerweile mit ein paar älteren (und somit kräftigeren) Cheerleadern gefüllt, sonst könnte das Experiment gar nicht erst stattfinden. „Elevator" heißt die schulterhohe Anfängerpose, die mir die jungen Frauen tatsächlich zutrauen. Vorsichtig hocke ich mich in die Hände der vier Angels, dann geht es mit einem Ruck nach oben.
„Nicht nach unten sehen", lautet der Tipp vom Boden aus. Bloß nicht, denke ich. Nach anfänglichen Wacklern findet der Körper allmählich ins Gleichgewicht zurück, die Arme werden siegessicher ausgestreckt. So fühlt es sich also an, wenn man Flyer ist. Wie schwerelos.
Mehr Informationen gibt es unter www.cheerleader.tusg-augustdorf.de.