Dieser Pensionär ist ein Experte für Orchideen

Bad Salzuflen. Es gibt Menschen, die wissen sofort, was sie nach dem Beginn des Ruhestandes machen wollen. Bei Jürgen Hokamp (73) entwickelte sich sein Plan, sich mehr für Naturschutz einzusetzen, im wahrsten Sinne des Wortes erst Schritt für Schritt. Als er seine Frau Charlotte, Grundschullehrerin von Beruf, beim Anlegen eines Herbariums – das ist eine Sammlung aus getrockneten und gepressten Pflanzen – unterstützte, war es um den sportlichen Pensionär in Sachen Natur vollends geschehen. Denn beim Sammeln entdeckten sie auch heimische Orchideen, und er war von der Schönheit dieser Pflanzen sofort fasziniert.

&bdquo;Ab diesem Zeitpunkt hatten meine Frau und ich ein gemeinsames Hobby.“Als der Vertriebsleiter eines Chemieunternehmens in Rente ging, intensivierte er zunächst sein sportliches Hobby Laufen, startete für die LG Bad Salzuflen beim Hermannslauf und nahm seinen ersten Marathon unter die Füße. &bdquo;Bei meinen Trainingsläufen durch die Bad Salzufler und Herforder Wälder habe ich immer wieder entdeckt, wie schön die Natur ist“, schwärmt der Familienvater. Für ihn selbst muss es schon eine Bestimmung gewesen sein.

Denn fortan sammelte er alle Informationen, die er zum Thema Orchideen bekommen konnte, reifte schnell zu einem anerkannten Spezialisten heran und arbeitete unter anderem an den Büchern &bdquo;Die Orchideen Nordrhein-Westfalens“ und &bdquo;Natur im Wandel“ mit. Heute ist Jürgen Hokamp Mitglied des Arbeitskreises &bdquo;Heimische Orchideen“ und dort der Ansprechpartner für Ostwestfalen-Lippe. Unter anderem nimmt er Kartierungen vor, hält also fest, in welchen Gebieten welche Orchideenarten wachsen. Als wäre dies noch nicht Beschäftigung genug, ist der Naturfreund auch im Vorstand des Umweltzentrums Heerser Mühle (siehe Kasten) tätig.

Als Spezialist gefragt Was treibt einen Menschen wie ihn zu so viel Engagement an? &bdquo;Ich verspüre bei meinen Tätigkeiten eine große innere Zufriedenheit. Und ich versuche, kleinteilig die Welt zu verbessern“, sagt der Naturschützer. Er lerne immer wieder neue, hochinteressante Menschen kennen und sei als Spezialist für Orchideen vielerorts gefragt. Manchmal würden durch sein Tun sogar ganze Entwicklungspläne geändert, erzählt er.

So sei er in Ostwestfalen-Lippe mit einer Kartierung beschäftigt gewesen. Plötzlich tauchten im Bereich des Orchideenstandortes Besucher auf und erzählten ihm, das sie im betreffenden Bereich einen Erlebnispfad errichten würden. Jürgen Hokamp entgegnete, dass dies aufgrund der dort unter besonderem Schutz stehenden Orchideenfelder nicht realisierbar sei. Scheinbar war seine Argumentation so schlüssig und überzeugend, dass die Pläne an dieser Stelle umgearbeitet wurden und die Orchideen ihre angestammte Heimat behielten.

&bdquo;Ich bin immer für den Konsens" An diesem Beispiel zeigt sich, dass er viele seiner beruflichen und persönlichen Fähigkeiten sinnvoll für den Natur- und Orchideenschutz einsetzen kann. Von sich selbst sagt er, strukturiert zu arbeiten und gut kommunizieren zu können, ohne dabei andere &bdquo;über den Tisch ziehen“ zu wollen. &bdquo;Ich bin immer für den Konsens“, sagt Hokamp. Dies sei bisweilen anstrengend, aber aus seiner Sicht die beste Methode, Ziele zu erreichen.

Natürlich gibt es auch Niederlagen, etwa wenn er auf Missstände im Bereich des Umweltschutzes aufmerksam macht, von behördlicher oder privater Seite aber nichts passiert. Hier zeigt sich dann der &bdquo;lange Atem“ des Langstreckenläufers.Ulrich Kaminsky, Leiter des Umweltzentrums Heerser Mühle, ist jedenfalls froh, dass es &bdquo;Spätberufene“ wie Jürgen Hokamp gibt. &bdquo;An unseren älteren Ehrenamtlichen bewundere ich unter anderem deren Beständigkeit“, sagt er. Sie seien zudem mit ihrer Lebenserfahrung eine wichtige Stütze für die Einrichtung.

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