120 – das ist die Zahl der möglichen Ausbildungsberufe im Bereich, für den die IHK Lippe zu Detmold zuständig ist, die man theoretisch in Lippe ergreifen kann. Bundesweit sind es sogar – Handwerksberufe mit eingerechnet – fast 330 Berufe. Schwer, da den Überblick zu behalten. Zumal: Die große Zahl an möglichen Ausbildungsrichtungen führt dazu, dass gängige Berufe wie Industriekaufmann oder Mechatroniker für Betriebstechnik noch geläufig sind, aber was macht ein Lebensmitteltechnologe? Gerade mit der Schule fertig, kann es angesichts der Möglichkeiten eine Qual der Wahl sein. Wenn man nicht genau weiß, wohin, hilft die „Passgenaue Besetzung“. Wie, das verrät die Verantwortliche, Sarina Scholz, im Interview.
Frau Scholz, was passiert bei der „Passgenauen Besetzung“? Ist das so eine Art Jobbörse?
Sarina Scholz: Nein, das wäre nicht ganz richtig. Die „Passgenaue Besetzung“ ist vielmehr eine zielgerichtete Vermittlung zwischen zwei Seiten, die sich sonst vielleicht gar nicht finden würden.
Können Sie das etwas genauer erläutern?
Scholz: Sehr gerne! Ein Beispiel: Unternehmen melden bei mir freie Ausbildungsplätze oder ob jemand kurzfristig abgesprungen ist. Ich berate die Unternehmen, erstelle nach deren Angaben ein Anforderungsprofil und fahre zu den Unternehmen raus, um mir ein Bild zu machen. Umgekehrt können sich auch Jugendliche bei mir melden, die auf der Suche nach einer Ausbildung sind. Am besten ist es, wenn sie schon ungefähr wissen, wohin sie wollen, aber auch Unentschlossenen kann geholfen werden.
Also muss ich mir vorher keine Gedanken machen, wenn ich mich bei Ihnen melde?
Scholz: Doch, je mehr, desto besser, denn das erleichtert meine Arbeit ungemein! Dabei helfen übrigens auch Praktika. Kommt ein Bewerber zu mir, führe ich dann eine Art klassisches Vorstellungsgespräch, indem ich mir Notizen über Vorstellungen und Interessen mache. Ebenso bespreche ich gemeinsam mit dem potenziellen Azubi die Jobvorstellungen, aber ich frage auch nach artverwandten Alternativen.
Ist eine Berufsorientierung Teil des Angebots?
Scholz: Mir wurde gesagt, ich bin die Beratung, nicht die Orientierung (lacht). Aber Scherz beiseite, eine Berufsorientierung gebe ich nicht, das macht die Agentur für Arbeit. Ich gebe Impulse und versuche, Verbindungen herzustellen.

Wie läuft die Beratung bei der „Passgenauen Besetzung“ ab?
Scholz: Mir ist es am liebsten, wenn die Beratung hier vor Ort stattfindet, denn da kann ich mir ein genaueres Bild von dem Bewerber machen. Ich suche dann nach Übereinstimmungen mit den Informationen, die ich von den Firmen bekommen habe. Passt es, stell ich den Kontakt her und sende auch die Unterlagen an die Firmen oder die Firma, mit der Bitte, sich direkt beim Kandidaten zu melden.
Unterlagen?
Scholz: Schulzeugnisse zum Beispiel. Die sind sehr wichtig, aber dabei geht es noch nicht mal ausschließlich um die Noten. Ganz wichtig ist es, keine unentschuldigte Fehlstunden zu haben. Oder zumindest müssen diese erklärbar sein. Darauf schauen viele Unternehmen, weil sie daraus Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit des Bewerbers ziehen.
Kommen wir nochmal auf die Beratung zurück: Reicht denn ein Termin aus für eine fundierte Einschätzung?
Scholz: Meiner Erfahrung nach ja. Bisher hatte ich immer nur einen Termin, aber ich rufe oft im Nachhinein nochmal an, um etwas zu klären. Manchmal fällt mir im Nachhinein noch etwas ein, was hilfreich bei der Vermittlung sein könnte.
Was kann der potenzielle Azubi noch tun neben der Vorbereitung auf das Beratungsgespräch?
Scholz: Er kann sich auch noch selbstverständlich parallel woanders bewerben, damit steigen die Chancen. Und ich sage meinen Bewerbern: Seid erreichbar, die Unternehmen melden sich bei euch für das Gespräch.

Gibt es auf der anderen Seite noch etwas, was Firmen tun können?
Scholz: Frühzeitig vakante Ausbildungsplätze melden. Dazu klare Anforderungen und Erwartungen formulieren. Und offen sein für junge Talente, auch wenn der Lebenslauf nicht ganz perfekt ist. Bei Zweifeln lieber ein Praktikum zu viel als eines zu wenig anbieten.
Was gefällt Ihnen persönlich denn an Ihrer Aufgabe hier bei der IHK?
Scholz: Die Vielseitigkeit meiner Aufgabe macht besonders viel Spaß. Wegen der individuellen Beratung gleicht kein Auftrag dem anderen. Und ich habe auch einen persönlichen Ansporn, gut zu beraten. Denn ich habe meine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement selber durch die „Passgenaue Besetzung“ gefunden. Das will ich anderen auch ermöglichen.