Detmold. Heiligabend 2016: Das wird Henry Klinders offiziell letzter Arbeitstag sein. Allerdings nur der letzte Arbeitstag seiner „zweiten Karriere“, der als Schauspieler. Alles in allem hat er drei. Und der dritten, der will er sich dann mit voller Kraft widmen.
Regie – Schauspielerei – Schriftstellerei: Das sind die drei Karrieren des Henry Klinder, der zum Ensemble des Landestheaters gehört. „Zuerst habe ich Theaterwissenschaften studiert. Im Studium haben wir zwei Einakter gemacht, in denen wir selbst auf der Bühne standen, damit wir angehenden Dramaturgen sahen, wie das ist, inszeniert zu werden“, erzählt er. „Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich in die Schauspielerei gewechselt habe.“ Bei dieser Passion ist es geblieben, seit nunmehr 35 Jahren.
„Alles außer Oper“ stehe – sinngemäß – in seinem Vertrag, sagt Klinder. Was bedeute, dass er auch in Operetten oder Musicals besetzt werden könne. „Musical liegt mir nicht so. Ich bin kein ausgebildeter Sänger – davor habe ich einen Heidenrespekt“, so der Schauspieler. Seine Lieblingsdisziplin hingegen ist klar: die Komödie. „Das ist die hohe Schule der Schauspielerei“, findet Klinder. „Leute zu unterhalten, sie ,aufzumachen übers Lachen, das liegt mir. Lachen macht den Geist auf.“
Das Stück, in dem er aktuell zu sehen ist, klingt nicht nach einer Komödie reinsten Wassers – zusammen mit Ewa Rataj und Markus Hottgenroth spielt er unter der Regie von Malte Kreuzfeldt August Strindbergs „Totentanz“ –, und doch: „Bei der Arbeit an dem Stück haben wir entdeckt, dass es auch sehr viele komische und groteske Elemente enthält“, sagt Klinder. Eine Entdeckung, die für sie sehr wichtig gewesen sei. „Wir müssen in diesem Beziehungsstück tief in die Psyche der Figuren einsteigen und viel von seinem Inneren zeigen. Die Tiefe der Figuren und dessen, was in ihnen vorgeht, bleibt natürlich. Aber die komischen Aspekte des Stücks machen es uns leichter“, erzählt der Schauspieler. Dazu komme eine flüssige Erzählweise ohne Umbaupausen auf der sich permanent drehenden Bühne: „Das ist schon eine sehr besondere Situation. Da wird das Ensemblespiel zum Glücksempfinden.“
Der Edgar in „Totentanz“ – Klinders erster Strindberg – zähle auf jeden Fall zu den Traumrollen seiner Laufbahn, erzählt der Schauspieler. Die Titelrollen in Shakespeares „Othello“ und in Taboris „Goldberg-Variationen“ gehören ebenfalls dazu. Und Süskinds Ein-Mann-Stück „Der Kontrabass“. „Philoktet“, „Traumnovelle“, „Die Katze auf dem heißen Blechdach“: lauter Inszenierungen, an die Henry Klinder sich gern erinnert.
Vor fast 20 Jahren ist er selbst unter die Bühnenautoren gegangen. Seine Märchentheaterstücke „Zwerg Nase“, „Rapunzel“ und „Froschkönig“ wurden erfolgreich aufgeführt. Und dem Schreiben, dem will er sich nach dem offiziellen Ende seiner Bühnenlaufbahn intensiv widmen.
„Meine Frau hat dann noch fünf Jahre Bühne vor sich“, sagt der Schauspieler – Kerstin Klinder und er kamen 2006 nach Detmold. „Den Schritt haben wir nie bereut.“ Kennen gelernt hatten die beiden sich auf der Schauspielschule – „und seither sind wir immer im Doppelengagement gewesen“, erzählt Henry Klinder. Denkt kurz nach und ergänzt: „Wir haben Glück gehabt. Wir haben es geschafft, von der Schauspielerei zu leben.“
Persönlich
Henry Klinder wurde 1951 in Quedlinburg geboren. Er studierte zunächst zwei Jahre an der Humboldt-Universität Berlin Theaterwissenschaften, bevor er an der Staatlichen Schauspielschule Rostock ein Schauspielstudium absolvierte. Sein erstes Engagement führte ihn 1980 für fünf Jahre an das Landestheater Eisenach, dort führte er auch Regie. Danach war er 20 Jahre als Schauspieler und Regisseur an den Städtischen Bühnen Quedlinburg, dem späteren Nordharzer Städtebundtheater Halberstadt/Quedlinburg, engagiert. Seit 1996 ist er auch als Autor tätig. Henry Klinder gehört seit der Spielzeit 2006/2007 dem Schauspielensemble des Landestheaters Detmold an.
Vorstellungen von „Totentanz“ sind am Samstag, 11., und Samstag, 18. April, um 19.30 Uhr im Landestheater. Tickets: Tel. (05231) 974803.