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Joachim Ruczynski verlässt die Bühne

Barbara Luetgebrune

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Joachim Ruczynski (links) im "Andalusischen Mirakel" - © Landestheater/Klein
Joachim Ruczynski (links) im "Andalusischen Mirakel" (© Landestheater/Klein)

Detmold. Seit 45 Jahren steht er als Schauspieler auf der Bühne, knapp 20 davon auf denen des Detmolder Landestheaters: Mit Ende der Spielzeit geht Joachim Ruczynski in Ruhestand. Wenn am Dienstag, 28. Juni, der sechste Detmolder Theaterpreis verliehen wird, wird er mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet.

Joachim Ruczynski wurde 1950 in Wolfsburg geboren und studierte an der Theaterhochschule Leipzig. Nach Engagements in Halle, Greifswald und Meiningen ging er als Oberspielleiter nach Zwickau. Von dort kam er 1997 nach Detmold, gemeinsam mit seiner Frau, die als Dramaturgin tätig war.

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Feierstunde zur Verleihung

Im „Heiler" und im „Andalusischen Mirakel" wird es auch in der nächsten Spielzeit noch die Chance geben, Joachim Ruczynski auf der Bühne zu erleben. Oder ganz aktuell bei der Verleihung des Theaterpreises. Die Feierstunde ist öffentlich. Beginn ist am 28. Juni um 19.30 Uhr im großen Haus. Neben der feierlichen Preisverleihung gibt es ein künstlerisches Bühnenprogramm und im Anschluss einen Sektempfang mit Imbiss. Tickets zu 10 Euro gibt es in den LZ-Geschäftsstellen und an der Tageskasse.
„Wir wollten endlich wieder gemeinsam an ein Haus. In Detmold war das möglich", sagt Ruczynski. Längst ist seine Frau freiberuflich tätig, aber das gemeinsame Arbeiten an einem Theater ist ihm in guter Erinnerung geblieben. „Da konnte man auch mal ein paar Dinge beim Spaziergang im Leistruper Wald klären."

Er kam als Schauspieler ans Landestheater – und verlässt es als Schauspieler. Zwischendurch aber war Joachim Ruczynski einige Jahre lang Oberspielleiter, inszenierte viel selbst. Dass er dies mittlerweile den jüngeren Kollegen überlässt, hat auch mit der Sicht des Regisseurs einer anderen Generation auf Theater zu tun. „Irgendwann muss man nicht mehr modern sein. Ich habe meine Sprache gefunden, und die möchte ich beibehalten. Als Schauspieler kann ich das."

Was hat sich denn verändert beim Handwerk des Inszenierens? Joachim Ruczynski überlegt nur kurz. „Die Bedeutung der Autoren hat stark nachgelassen. Es geht heute nicht mehr so sehr darum, ihren Text auf die Bühne zu bringen, sondern irgendeine Sichtweise des Regisseurs - mit dem Vehikel des Textes", sagt er. „Ich sehe eine Inszenierung dagegen als gemeinschaftliche Arbeit zwischen Autor, Regisseur und Schauspielern."

Auf der Bühne hat sich Joachim Ruczynski stets als äußerst wandelbarer und somit vielseitiger Schauspieler empfohlen. Detmolder Produktionen, an die er gern zurückdenkt, sind etwa „Tod eines Handlungsreisenden" und „Nachtasyl", aber auch Komödien wie „Nächstes Jahr, gleiche Zeit". „Oder auch ,Onkel Wanja’, weil ich Tschechow sehr mag", sagt er.

Aktuell ist er in Oliver Bukowskis Solo „Der Heiler" zu sehen – auch das sei eine spannende Erfahrung, zwei Stunden komplett allein zu gestalten. Die intime Atmosphäre im Grabbe-Haus oder die große Bühne im Landestheater – der Schauspieler schätzt beide. „Einzig das Hoftheater ist nur bedingt meine Strecke. Dort braucht es einen Humor, der nicht unbedingt der meine ist." Joachim Rucynski lacht.

Als er nach Detmold kam und einen ersten Blick auf den Spielplan warf, haben ihn die zahlreichen Gastspiele auch an weit entfernten Abstecherorten abgeschreckt. „Ich habe gedacht: Das machst du maximal zwei Jahre mit", erinnert er sich.

„Aber dann habe ich gesehen, mit welcher -Professionalität diese Gastspiele vom Landestheater gemacht werden, mit welch großem Qualitätsunterschied zu den Tourneetheatern, und wie dankbar die Zuschauer dafür sind. Das ist wirklich schön zu erleben." Allerdings werde es aufgrund der leeren öffentlichen Kassen nicht leichter, auf dem Gastspielmarkt mit Qualität zu punkten.

Eine Entwicklung, die Ruczynski mit Sorge sieht, weil sie vermutlich künftig noch stärker zu Lasten seiner Kollegen gehen wird. „Die einzige Chance eines Intendanten, am Personal zu sparen, ist bei den Bühnenkünstlern, weil die frei verhandelbare Gagen haben."

Ein großes Failble von Joachim Riczynski, der auch gern Lesungen konzipiert und gibt, ist die Literatur. „Wenn die Spielzeit läuft, komme ich allerdings kaum zum Lesen", sagt er. Das, so hofft er, könnte sich künftig ändern.

Dann dürfte anders als bisher, wo er nur im jährlichen Urlaub in Kärnten die Chance hatte, in fünf, sechs Wochen 30 Bücher am Stück zu verschlingen, auch im heimischen Lesesessel die Halbwertzeit selbst des dicksten Wälzers auf unter zwei Tage sinken...

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