Detmold. Nicht enden wollender Beifall hat am Sonntag das Landestheater erfüllt. Mit der ersten „großen" Premiere der neuen Spielzeit hat Intendant Kay Metzger die Zielgerade seiner Wagner-Inszenierungen erreicht.
Lange hat es gedauert, bis Wagners einzige komische Oper vom Ruch der Nazi-Jahre befreit werden konnte. Erst Wieland Wagner gelang Mitte der 1950er Jahre die totale Entstaubung. Und genau in dieser Zeit siedelt Metzger jetzt das Geschehen an – weg vom Mief altfränkischer Butzenscheiben-Romantik, hin zum Mief trister Vorstadtgassen und angestaubter Großbürger-Villen.
Die Termine
Die nächsten Aufführungen der „Meistersinger von Nürnberg" sind für Sonntag, 16. Oktober, Sonntag, 20. November, und Samstag, 17. Dezember, angesetzt.Die Vorstellungen beginnen jeweils um 16 Uhr im Landestheater und dauern – mit zwei Pausen – bis etwa 22 Uhr.
Tickets gibt es in den LZ-Geschäftsstellen oder an der Theaterkasse, Tel. (05231) 974803.
Ausstatterin Petra Mollérus versteht es, schon im Outfit der handelnden Personen deren Charakter zu kennzeichnen. Zum Teil etwas langatmig geratene Passagen werden durch kleine, feine Gags belebt.
So fliegen ständig Notenblätter durch die Gegend, und die dröge Erläuterung der Meisterregeln wird durch witzige Folien illustriert. Nicht immer kann die überall latent vorhandene Bereitschaft zur Gewalt unterdrückt werden.
Wenn auch die von einer deftigen Fuge untermalte Prügelei in der Johannisnacht eher einer Kissenschlacht gleicht, so liegt doch Nürnberg am Morgen danach keineswegs „friedsam treuer Sitten" da.
Unverkennbar ist in dieser Inszenierung die von Wagner gewollte Beziehung auf Shakespeares „Sommernachtstraum". Das bezaubert vor allem dann, wenn sich beim ersten Auftritt des jungen Walther von Stolzing die karge Szenerie auf wunderbare Weise verwandelt.
Zudem war es ein trefflicher Gedanke, der Handlung einen mit Spock-Ohren versehenen Kobold in Gestalt des nicht minder trefflichen Tänzers Gaetan Chailly hinzuzufügen.
Generalmusikdirektor Lutz Rademacher versteht es, dem vielzitierten „blechgepanzerten C-Dur" seine Dichte zu nehmen und leitet das famose Landestheater-Orchester zügig und pathosfrei.
Wendig begleitet es das Geschehen und erreicht beim großen Sachs-Monolog des dritten Aktes eine bezwingend meditative Verinnerlichung.
Überhaupt Hans Sachs! Derrick Ballard ist ein deftiges Mannsbild mit zarter Seele und gebietet über ein schier unerschöpfliches Reservat an Stimmkraft und Stimmfärbung.
Auch Heiko Börner verfügt als Walther über die perfekte Mischung heldischer und lyrischer Klangfarben, die diese Rolle verlangt. Eva Bernard erkämpft sich als Evchen ihre Liebe mit lyrischen Spitzentönen.
Andreas Jören kommt als Sixtus Beckmesser in einem Aufzug daher, den man früher als „Hagestolz" bezeichnet hätte – eine skurrile Figur, die bis zum Ende an ihrer Merker-Macke festhält. Christoph Stephinger gibt einen sonoren Pogner, Stephen Chambers agiert als Lehrbube David stimmlich und körperlich äußerst wendig.
Beachtlich in der Riege der hervorragenden Meistersinger ist Insu Hwang als Kothner. Und der von Marbod Kaiser einstudierte, verstärkte Chor liefert wieder einmal eine Meisterleistung ab.
Der Kobold, der mit allen seinen Schabernack treibt, nimmt auch der fein ironisierten Schlußszene die textliche Peinlichkeit. Am Ende ist der zum Großbürger mutierte Edelmann domestiziert. Und ab geht es in die Idylle des trauten Heims, das bereits in der Schusterstube erträumt wurde.