Detmold. Homers „Odyssee": „Seit fast 3000 Jahren hält die Faszination dieses Werkes an, fesselt als ,Mutter aller Erzählungen, als facettenreiches Abenteuer voller verblüffender Wendungen Leser, Hörer und Zuschauer." Das stellt das Landestheater der Produktion voran, die am Freitag, 11. Mai, Premiere feiert – in besonderer Form. Denn John von Düffel, der als raffinierter Bearbeiter berühmter literarischer Vorlagen gilt, hat eigens für das Detmolder Haus eine Bühnenfassung von Homers Meisterwerk geschrieben. Erzählt wird in der „Odyssee" die Geschichte einer Heimkehr: Wider seinen Willen in einen Krieg gezogen, wünscht sich Odysseus nun nach dem Ende des schier endlosen Kampfes nichts sehnlicher, als in die Heimat zu seiner Gattin Penelope und zum Sohn Telemach zurückzukehren, den er nicht heranwachsen sah. Doch der Heimweg wird zu einer abermals jahrelangen Irrfahrt ... Schon im Original erfahre der Leser die Geschichte nie aus erster Hand, sagt Jasper Brandis, der das Stück inszeniert, er bekomme sie erzählt. Und so beginne auch auf der Detmolder Bühne die Figur N.N. – der Niemand, als der Odysseus zu Beginn firmiert – zu erzählen und erschaffe so die Welt. Eine Welt aus der Sicht eines Kriegs-Veteranen. John von Düffel, der auf Vorschlag des Detmolder Chefdramaturgen Dr. Christian Katzschmann den Homer-Stoff bearbeitet hat, habe diesen höchst interessanten Ansatz gewählt, findet Brandis. „Es ist schlüssig, dass man die ,Odyssee als Innenansicht eines Veteranen liest. Als Reise eines Trauma-Patienten." Krieg ist nicht nur eine Seite von Zivilisation – die Zivilisation fußt vielmehr auf dem Krieg: Das sei die Ausgangsthese für den ersten Teil, so Brandis. „Und wenn im zweiten Teil die Phäaken ins Spiel kommen, die friedlichen Seefahrer, die Fremde aufnehmen – allerdings nicht zu viele, und die Übrigen werfen sie wieder ins Wasser –, dann sind wir bei uns", sagt der Regisseur. „Die Phäaken sind wir." Ein komplexer Stoff? Durchaus, sagt Brandis, allerdings: „Wenn man sich für eine Perspektive entschieden hat, wird aus der Komplexität eine Reichhaltigkeit, aus der man schöpfen kann. Das ist sehr dankbar." Die Kostüme der Protagonisten, die Torsten Rauer entworfen hat, sind heutig gehalten, und für die Bühne hat Andreas Freichels einen abstrakten, zeitlosen Raum gebaut. Licht und Wasser sind dabei die zentralen Elemente. „Auf der Bühne ist ein großes Wasserbecken, die komplette Handlung findet im Wasser statt", so Freichels. Im zweiten Teil würden die Zuschauer durch einen besonderen Kunstgriff, eine Spiegelung, zum Teil der Handlung. Insgesamt entstehe eine „Nicht-Welt" – „eine große Leere, in der sich die Gestalten bewegen."Die Bilder, die im Kopf der Zuschauer entstehen, müssten ohnehin sprachlich evoziert werden, sagt Jasper Brandis – „und das ist John von Düffel in gut gelungen. Mit einer Sprache, die niemals pathetisch ist, aber auch nicht alltäglich." Die Premiere beginnt am Freitag, 11. Mai, um 19.30 Uhr. Weitere Termine: 16. Mai sowie 2. und 10. Juni. Tickets gibts unter Tel. (05231) 974803.