Bad Salzuflen-Schötmar. Zum 1. März hatte der Otto-Konzern seine Tochter Alba Moda an die Pforzheimer Klingel-Gruppe verkauft. Seitdem schossen die Spekulationen unter den 340 Mitarbeitern in Salzuflen ins Kraut - sogar Gerüchte von einer Komplett-Schließung machten die Runde. Seit gestern ist klar: Ganz so schlimm kommt es nicht, aber der Aderlass ist enorm.
Wie von der Belegschaft befürchtet, wird der neue Besitzer die berühmten Synergieeffekte zur Kostenersparnis umfangreich auskosten. So fallen künftig beispielsweise die Bereiche Logistik und Kundenservice in Salzuflen komplett weg. "Sie werden stillgelegt und zukünftig als Dienstleistung durch die Klingel-Gruppe aus Pforzheim erbracht, wo diese ein hochmodernes Logistik- und Servicezentrum betreibt", heißt es in einer Mitteilung eines PR-Unternehmens, über das die gesamte Pressekommunikation abgewickelt wurde.
Mit rund 400 Beschäftigten zählte Alba Moda noch vor wenigen Jahren zu den "Top 5" der Salzufler Arbeitgeber. Doch die Lage bei dem auf Damenmode spezialisierten Versandhändler war schon länger brisant; die Verantwortlichen kämpften gegen rote Zahlen. 2013 hatte der Otto-Mutterkonzern in einem sogenannten Bieterverfahren den Marktwert seines Salzufler Unternehmens abgeklopft. Zunächst offenbar noch ohne ein befriedigendes Ergebnis. Anfang 2016 dann die Wende: Alba Moda wurde an die Pforzheimer Klingel-Gruppe verkauft. "Mit dem hochwertigen Mode-Sortiment von Alba Moda können wir unser eigenes Damenoberbekleidungs-Markenportfolio optimal ergänzen", begründete Dirk Hauke, Sprecher der "K-Mail Order"-Geschäftsführung, damals die Übernahme. In Salzuflen ging seitdem die Sorge um, dass der neue Besitzer nur an der Marke Alba Moda, nicht aber an dem Betrieb an sich interessiert sei. Nach LZ-Informationen gehört das mehr als 50.000 Quadratmeter große Grundstück zwischen Benz- und Daimlerstraße neben dem Messezentrum noch immer dem Otto-Konzern. Unter dem Dach der Klingel-Gruppe agieren europaweit zehn verschiedene Versender mit rund 2000 Mitarbeitern, darunter die Marken Klingel, Wenz und Mona.
Ein ähnliches Schicksal wird demnach auch Buchhaltung, Informationstechnik (IT) und Personalmanagement treffen. Erhalten bleiben sollen dagegen laut eines "Restrukturierungsplans" rund 75 Arbeitsplätze in den Bereichen Einkauf, Marketing, E-Commerce und Vertrieb. Auch der Outlet-Store im Gewerbegebiet in der Daimlerstraße bleibe fester Bestandteil der Geschäftsstrategie. Zudem werde die Klingel-Gruppe ein Investitionsbudget bereitstellen und Kampagnen zur Wiederbelebung der Marke Alba Moda auflegen. Wie diese Investitionen genau ausfallen werden, blieb gestern auch auf Nachfrage der LZ im Unklaren.
Die Betriebsrats-Vorsitzende von Alba Moda musste die Botschaft, die den Mitarbeitern gestern Mittag überbracht wurde, nach eigenen Angaben erst einmal verdauen: "Selbst bei einem Verbleib in der Otto-Gruppe hätte es einen Stellenabbau gegeben. Aber wohl nicht so extrem. Wir hatten uns mehr versprochen." Nun warte man darauf, dass die neue Geschäftsleitung das konkrete Konzept vorlege.
So stand gestern beispielsweise noch nicht genau fest, wie viele Menschen ihren Job verlieren. Zieht man die in der Pressemitteilung genannten 75 Stellen von der aktuellen Mitarbeiterzahl ab, würden rund 265 Personen arbeitslos. Laut der Betriebsrats-Vorsitzenden war aber von 75 Vollzeitstellen die Rede, die sich auch auf mehrere Köpfe verteilen könnten: "Wir gehen davon aus, dass 200 bis 250 Mitarbeiter betroffen sind." Nun gelte es für Betriebsrat und Gewerkschaft, in die Verhandlungen über einen Sozialplan einzusteigen.