„Fit for Future“: Auf diese neue Strategie setzt die Recycling-Börse

Kreis Herford. &bdquo;Fit for Future“ - so lautet der Name der Strategie, mit der sich die Recycling-Börse, beziehungsweise der Trägerverein &bdquo;Arbeitskreis Recycling“ für die Zukunft wappnen will. Neben vier Cityläden in Herford, Bielefeld, Bad Salzuflen und Spenge gehören vier Kaufhäuser in Herford, Bünde, Löhne und Bielefeld zur Recycling-Börse. Diese erzielen mit dem Verkauf von etwa 1,3 Millionen Teilen einen Umsatz von rund vier Millionen Euro im Jahr.

Neben gebrauchten Textilien zählen dazu unter anderem Hausrat, Bücher, elektronische Medien, Deko-Artikel, Möbel, Fahrräder und Spielzeug. Diese Zahlen möchte die Recycling-Börse in den kommenden fünf Jahren jeweils um zehn Prozent pro Jahr steigern und damit eine entsprechend hohe Abfallvermeidungsquote erzielen.

Eine Schlüsselrolle dabei nimmt der Textilbereich ein. &bdquo;Die Textilmengen nehmen zu, die Qualität nimmt ab“, beschreibt Claudio Vendramin vom Arbeitskreis Recycling die Situation. Der Absatz am Textilmarkt kranke an den derzeit in Osteuropa und dem Nahen Osten geführten Kriegen, so Vendramin. &bdquo;Die Ukraine und Weißrussland sind als Märkte weggebrochen, nun ist auch der Nahe Osten versperrt“, erklärt Vendramin. Billig-Marken wie Temu oder Shein lieferten nach Afrika und seien mit der billigen Neuware ebenfalls eine große Konkurrenz für Second-Hand-Textilien.

Zulauf an gebrauchten Textilien ist immens Der Zulauf an gebrauchten Textilien sei jedoch noch immer immens. Ein Blick in die mit einer schier unendlichen Menge an blauen Säcken sehr gut gefüllten Lagerräume der Recycling-Börse an der Kiebitzstraße in Herford bestätigt das. Etwa 50 Prozent der abgegebenen Textilien gehen in den Verkauf, der Rest werde aussortiert. Das sei aber eine deutlich höhere Quote als bei gebrauchter Kleidung, die in Containern lande, betont Vendramin. &bdquo;Unsere Textilien geben die Leute direkt hier ab oder stellen sie vor die Tür, da achten sie mehr auf Qualität.“

Generell setze die Börse beim Verkauf auf einen schnellen Umschlag der Ware. &bdquo;Wir wollen so schnell wie möglich so viel wie möglich wieder in den Kreislauf bringen“, begründet Vendramin diese Strategie. &bdquo;Wir haben immer die gleichen Aufgaben, aber wechselnde Zuschüsse für die Mitarbeiter. Derzeit läuft es gut, aber das sichere Geld ist das, was die Kunden im Laden ausgeben“, ergänzt Vendramin.

Derzeit sind rund 170 Menschen in Vollzeit-/Teilzeit- und Mini-Jobs bei der Recycling-Börse beschäftigt. Dazu kommen 30 Arbeitsgelegenheiten (AGH)-Jobs für Langzeitarbeitslose sowie 15 Ehrenamtler und 15 Mitarbeitende mit Schwerbehinderten-Ausweis.

An dieser Stelle kommt Michael Pedersen ins Spiel. Der Textil- und Marketingexperte arbeitet für Re-Use Deutschland, einem Netzwerk sozial-und gemeinwohlorientierter Unternehmen in der Wiederverwendung. Der Verband unterstützt seit 2013 insbesondere die Professionalisierung von Secondhand-Kaufhäusern.

Recycling-Börse will neue Zielgruppen gewinnen Pedersen hat sich in den Cityläden und Kaufhäusern der Recycling-Börse umgesehen und gemeinsam mit dem Arbeitskreis Recycling verschiedene Maßnahmen entwickelt, um den Absatz zu steigern. Dazu gehört neben einer einheitlichen Beschilderung in einer neuen Farbe auch die stilvolle Einrichtung von Vintage/Retro-Ecken, zum Teil mit älteren Möbeln, in denen hochwertige Ware zum Beispiel von Marco Polo oder Tommy Hilfiger angeboten wird. Pedersen setzt hier auch auf das Interesse von jungen Leuten an Second-Hand-Kleidung. &bdquo;Viele junge Leute finden Vintage und Retro cool“, so Pedersen.

Generell tickten die Kunden ähnlich wie im Einzelhandel, ist der Experte überzeugt. &bdquo;Die Kunden wollen etwas erleben. Je länger sie im Laden bleiben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas kaufen“, will Pedersen durch Emotionen Kauferlebnisse schaffen. Auch den Kids-Bereich mit Kleidung und Spielzeug für Kinder haben die Verantwortlichen umgestaltet. Neue Zielgruppen gewinnen lautet eines der übergeordneten Ziele.

Cooler, lebendiger und interessanter will die Recycling-Börse insgesamt werden. Dazu sollen Marketing-Aktionen wie die Woche der Abfallvermeidung mit Koch Marc Höhne vom Elsbach-Haus, die Schultüten-Aktion, die Modenschau auf dem Hoeker-Fest oder Verkaufsaktionen wie der &bdquo;Green Friday“ ebenso beitragen wie eine deutlich verstärkte Präsenz in den sozialen und regionalen Medien. Im Gespräch sei auch der Aufbau einer Kooperation mit der Uni Bielefeld. &bdquo;Der Pop-up-Store im Herforder Marta damals hat super funktioniert“, kann sich Pedersen ähnliches auch in Bielefeld vorstellen.

Neues Gremium als Führungsebene Stärken soll &bdquo;Fit for Future“ aber auch den Aufbau einer Führungsebene. Mit Petra Seehausen, Bibiana Vendramin und Franziska Tschernay bilden künftig drei Frauen mit verschiedenen Schwerpunkten weiteres Potenzial zur Verbesserung. Hier habe sich jedoch bereits durch einen sehr engagierten Mitarbeiter, der ein spezielles Programm geschrieben habe, eine deutliche Verbesserung ergeben, sagt Petra Seehausen.

Infokasten: Die neue EU-Verordnung zur Getrenntsammlungspflicht von Textilien ist für Betriebe wie die Recycling-Börse eine große Herausforderung. &bdquo;Viele Textilsammelbetriebe ziehen sich zurück oder gehen pleite“, sagt Michael Pedersen. Ein Kollaps der Entsorgungssysteme drohe. &bdquo;Wir wollen das Privileg der gemeinnützigen Sammlungen erhalten“, sagt Claudio Vendramin. Gemeinsam mit anderen gemeinnützigen Unternehmen wie der Diakonie oder der Caritas spricht sich die Recycling-Börse daher für die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien aus, so dass diese sich finanziell an der Entsorgung beteiligen müssten. Bis es soweit ist, werde es allerdings noch ein wenig dauern, schätzt Pedersen. Frühestens 2027 könne das realisiert werden.

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