Bei Protiq kommt das Werkzeug aus dem 3-D-Drucker

Blomberg. 3-D-Druck ist in aller Munde und längst kein Hexenwerk mehr. Aber dass Unternehmen komplette Werkzeuge und Maschinenteile aus Stahl, Edelstahl oder Aluminium, die genau aus so einem Drucker kommen, einfach mal eben online bestellen können, wie mancher Verbraucher ein Buch oder ein Haushaltsgerät im Internet ordert, schon. Die Firma Protiq – eine der jüngsten Töchter in der Phoenix Contact-Familie – bietet ihren Kunden jetzt genau diese Möglichkeit.

Werkzeugteile aus dem 3-D-Drucker entstehen bei Phoenix Contact schon länger. "Wir stellen seit 2010 3-D gedruckte Komponenten her", sagt Dr. Ralf Gärtner, Geschäftsführer bei Protiq und Leiter der Unit Tools und Parts. Brandneu ist die Internetplattform, die den Vertriebsweg um ein Vielfaches verkürzt – von drei Tagen auf drei Minuten. "Das ist wirklich ein Stück Industrie 4.0 und macht einen Heidenspaß", sagt der Chef der jungen Firma und strahlt.

Am Anfang ist die Datei: Am besten ein digitales, dreidimensionales Modell des gewünschten Bauteils. Ein Klick auf die Protiq-Homepage, die 3-D-Daten hochladen, das Material sowie Größe, Form und Farbe auswählen, und schon bekommt der Kunde den Preis angezeigt. Ein weiterer Klick, schnell noch die Zahlungsart – gern auch über Paypal – sowie den Lieferwegbestimmen, und schon tags darauf kann das gewünschte Teil vor Ort sein.

"Das Bahnbrechende ist, dass wir etwas liefern, was wir zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe noch gar nicht vorrätig haben", schwärmt Dr. Gärtner. Und gerade wenn es um Bauteile für komplizierte Maschinen geht, etwa um bestimmte Spritzgießwerkzeugeinsätze, dann hat der Kunde später die Möglichkeit, nachzujustieren: "Dann hat er erst mal den Prototypen in der Hand und wir können gemeinsam beraten, ob es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt" – ein Prozedere, dass früher Wochen verschlungen hat. "Wir wollen die Zeit des Kunden eben nicht verschwenden."

Es geht jedoch nicht nur um Digitalisierung und Effizienz, die neue Art der Werkzeugherstellung bietet auch plötzlich Möglichkeiten, die ohne die 3-D-Technik gar nicht möglich wären. Im strengen Sinne handelt es sich dabei gar nicht um einen Druck, sondern um "selektives Laserschmelzen".

Auf eine Platte im "Drucker" wird ein Metallpulver aufgebracht. Ein Laser schmilzt gemäß der vorgegebenen Form des 3-D-Plans die Pulverschicht, die Platte senkt sich mikrometerweise, neues Pulver landet auf der nun entstandenen Metallschicht und wird wie die Vorgängerin geschmolzen, bis das gesamte Bauteil fertig ist.

So lassen sich auch kleine Stückzahlen herstellen. An so ein simples Bestellsystem müssen sich die Kunden allerdings erst mal gewöhnen. "Wir machen sehr viel Marketing, und immer mehr kleine und mittlere Betriebe kommen auf den Geschmack", berichtet Dr. Gärtner strahlend.

Vereinzelt trudeln auch Privataufträge ein – bis hin zu Kunstwerken, die Protiq aus Kunststoff in die dritte Dimension hebt. Seit der Unternehmensausgründung im September vergangenen Jahres steigt der Umsatz von Monat zu Monat. Über die Umsätze schweigt sich der Geschäftsführer aus, aber die Ziele sind hochgesteckt. Bis ins Jahr 2023 soll sich die elfköpfige Mannschaft vervierfacht haben.

Das Urheberrecht bleibt gewahrt Die neue Protiq-Plattform steht nicht nur Industriekunden zur Verfügung, sondern Jedermann. Voraussetzung ist immer der dreidimensionale Datensatz. Und Protiq vergewissert sich, dass das jeweilige Teil nicht urheberrechtlich geschützt ist.

"Das prüfen wir natürlich als erstes nach", betont Dr. Ralf Gärtner. "Es kommt auch vor, dass ein ganzes Teil wie ein Auto geschützt ist, das einzelne Bauteil aber nicht." So kommen durchaus auch Liebhaber von Oldtimern mit Aufträgen auf Protiq zu, um im Handel nicht mehr erhältliche Ersatzteile zu ordern.

Grundsätzlich geht das. Allerdings: "Wenn das alte Teil bereits verschlissen ist, dann haben wir als Vorlage ja nur die bereits beschädigte Oberfläche. Und dann muss man sich unter Umständen doch an ein Ingenieurbüro wenden, um einen neuen 3-D-Datensatz für das Teil zu erstellen."

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