Detmold. Sie habe ja schon einige Routine in diesen Angelegenheiten, sagt Dr. Traute Prinzessin zur Lippe mit einem Lächeln. Nervös sei sie daher nicht besonders. Tatsächlich, ihr heutiger 90. Geburtstag schließt sich demjenigen ihres Mannes nur um wenige Monate an.<br /><br />Große Feste versteht man im Schloss zu feiern, und so hieß es bereits Ende vergangener Woche wieder: Stühle und Tische rücken. Am Samstag hat Prinzessin Traute zur Lippe bereits den engsten Familienkreis zu Kaffee und Kuchen begrüßt: den Sohn, die Schwiegertochter, die Enkel und den etwas jüngeren Bruder. Heute erwartet sie rund 60 Gäste zum Buffet im Schloss. „Dinner for 60“ sozusagen.<br /><br />Es kommen Freunde vom Literaturkreis, vom Kunstverein, der Pauline-Stiftung und Verwandte. „Ich bin da schon ein bisschen mutig“, freut sich die Prinzessin zur Lippe und lacht. Die kleine Aufzählung zeigt: Die Interessen der heute 90-Jährigen sind breit gefächert – und schon erzählt sie, soeben eine E-Mail in Sachen „Blühende Landschaften“ erhalten zu haben. Sie ist Schirmherrin der Initiative, die sich für mehr Grün am Wegesrand engagiert. Mit leuchtenden Augen und reicher Gestik schwärmt die promovierte Biologin von den bunten Kreisverkehren und Straßenrändern. „Für solche Initiativen gebe ich gern mein Gesicht. Aber wichtiger als Blümchen ist soziales Engagement“, stellt sie klar, dass der Einsatz für die Fürstin-Pauline-Stifung eine Herzensangelegenheit sei. Es gelte, Sozialarbeit den modernen Zeiten anzupassen, fordert sie – wissend, dass die Welt in ihrer Kindheit anders aussah als heute und auch in Zukunft anders aussehen wird, sie verweist etwa auf den „allzu großen Individualismus“ heutzutage. Doch sie hadert mit diesen Veränderungen nicht, sondern blickt nach vorn. Sie ist ein politisch denkender Mensch, top informiert, interessiert an Stadtentwicklung ebenso wie an den Geschehnissen in der Ukraine.<br /><br />So ist Traute zur Lippe eine in der Tradition verwurzelte, der Gegenwart sehr aufgeschlossene, moderne und jung gebliebene 90-Jährige. Eine „patente Großmutter“, wie sie selbst sagt – eine Oma, die für die Enkel Gespensterpartys auf dem Schloss-Dachboden organisiert, eine geachtete und beliebte hohe Repräsentantin des Fürstenhauses, eine an Musik, Malerei, Theater und Literatur höchst interessierte Frau, ein neugieriger Mensch, der wissen will, was sich in den „vollgestopften, kleinen Butzen“ im Schloss verbirgt, von denen sie auch nach 45 Jahren Leben im Schloss noch nicht alle kennt. Sie erzählt mit blitzenden Augen von alten Uhren, ihrem Blumengarten, von Scotch-Terrier Harry und davon, dass das viele Treppensteigen sie und ihren Mann Dr. Armin Prinz zur Lippe fit halte.<br /><br />Es ist übrigens nicht nur die Organisations-Routine, die Traute zur Lippe entspannt auf den heutigen Tag hat blicken lassen. Es ist auch eine ein halbes Jahrhundert alte Anekdote, die eine positiv-gelassene Einstellung fürs Leben prägte: „Über meinen 40. Geburtstag hatte ich damals nur schwer gehen können – da habe ich gegen angesehen. Mein Mann wusste das und brachte mir deswegen an jenem Tag eine riesige Wortmann-Torte mit einer großen 30 drauf mit. Ich musste so lachen, und seitdem ist mir egal, ob ich 70, 80 oder 90 werde.“