Lederhose als Symbol für die Kindheit - Ausstellung im Freilichtmuseum

Detmold. Wenn es um die 1960er Jahre geht, werden bei vielen Erinnerungen wach. Dann geht es nicht nur um die Mondlandung, Kennedy oder die 68er Revolte, sondern auch um ganz alltägliche Dinge. Zum Beispiel Lederhosen für Kinder, die damals voll im Trend lagen. Und schon wird erzählt.

&bdquo;Die Lederhose war damals das, was heute die Jeans ist", berichtet Jörg Hagemann aus Lemgo, der zusammen mit seinen Eltern Erika und Hans ein Exemplar für die neue Ausstellung im Freilichtmuseum gespendet hat. Genauer gesagt ist es die Hose, die er und seine drei Geschwister – allesamt in den 1960ern geboren – nacheinander aufgetragen haben und die hier als Zeichen für die Kindheit in diesem Jahrzehnt stehen soll.

&bdquo;So eine Lederhose, die kostete ja auch was", sagt Hans Hagemann mit Blick auf die Weitergabe von Kind zu Kind. Außerdem war sie robust und durfte auch mal dreckig werden. &bdquo;In der Landwirtschaft war sie deshalb sehr praktisch", ergänzt seine Ehefrau. Und wenn doch einmal etwas daran kaputt ging, dann wurde sie eben genäht – und weitergetragen.

&bdquo;Erst wenn sie richtig speckig war, war sie richtig gut", weiß auch Gabriele Powell aus Detmold, die sich lange eine Lederhose gewünscht hat, als Mädchen aber zunächst keine bekommen durfte. Erst später habe es auch Modelle für Mädchen gegeben, doch zu diesem Zeitpunkt sei sie schon zu alt dafür gewesen.

Gabriele Powell hat aber ein anderes Objekt beigesteuert: einen Wohnzimmertisch. &bdquo;An diesem Tisch wurde gegessen, gespielt, es wurden Hausaufgaben daran gemacht, meine Schwester wurde darauf gewickelt, es wurde genäht und gebügelt, mein Vater hat mit seiner Schreibmaschine daran gesessen. Praktisch das ganze Leben spielte sich an diesem Tisch ab", erklärt die Detmolderin. Die Familie war als Ostvertriebene nach Detmold gekommen und war glücklich, dass sie nach einiger Zeit eine eigene Wohnung im Bereich Südholzstraße bekommen hatte. Allerdings war, so wie in den 1960ern üblich, im Winter nur ein Raum beheizt.

Im restlichen Haus froren die einfachverglasten Scheiben schon einmal bis oben hin zu. Und somit konzentrierte sich das Leben mehr oder weniger auf das Wohnzimmer.

&bdquo;Trotzdem war es eine wunderschöne Kindheit, obwohl es für meine Eltern oft auch hart war und manchmal zum Monatsende hin kein Geld mehr vorhanden war", sagt Powell. &bdquo;Es war die Zeit der Bescheidenheit", weiß auch Jörg Hagemann und erinnert daran, dass häufig zusätzlich zum Beruf Heimarbeit gemacht wurde. Seine Eltern fertigten abends auch noch Brillengestelle an, um die Familie durchzubringen. &bdquo;Es war eine harte, aber schöne Zeit. Es gab nicht so viel Hektik. Und es ging um den Zusammenhalt und die Gemeinsamkeit", ergänzt Erika Hagemann.

Ablenkung verschaffte das Fernsehen, viele sparten für ein eigenes TV-Gerät. Und später wurde darauf dann die Mondlandung verfolgt. Viele Geschichten könnten die Zeitzeugen noch erzählen. Und genau das gehört zum Konzept der Ausstellung. &bdquo;Wenn wir an die 1960er-Jahre denken, haben wir häufig ikonische Bilder wie die Mondlandung oder das Wembley-Tor im Kopf. Uns geht es darum, diese festen Vorstellungen aufzubrechen", erläutert Kurator Mathis Kleinitz, der die Ausstellung zusammen mit Janina Raub konzipiert und von der Mitarbeit der Lipper geradezu überwältigt ist. Rund 70 Zeitzeugen hätten sich gemeldet und Angebote gemacht, nun sei die Schau komplett.

Darin soll es aber nicht nur um Anekdoten gehen. Vielmehr sollen über die Erzählungen und Objekte gesellschaftliche Prozesse dargestellt werden. Der Titel &bdquo;Raus aus dem Spießerglück ist bewusst provokant gewählt. &bdquo;Nicht um das Jahrzehnt und die Menschen abzuqualifizieren, sondern um die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Gesellschaft aufzuzeigen", sagt Kleinitz. Raub: &bdquo;Die 1960er sind in der Erinnerung vielleicht spießig. Aber es war auch ein Jahrzehnt des gesellschaftlichen Aufbruchs."

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