Interview mit dem scheidenden Intendanten Kay Metzger

Detmold. 2005 kam er als Intendant ans Landestheater – nach insgesamt 13 Spielzeiten verlässt er nun das Haus Richtung Ulm: Kay Metzger. Am Dienstag, 12. Juni, wird Metzger nach der Verleihung des Detmolder Theaterpreises ab 19.30 Uhr im großen Haus offiziell verabschiedet (Tickets für die Feier mit Bühnenprogramm: www.landestheater-detmold.de). Im LZ-Gespräch zieht er nun eine Bilanz seiner Detmolder Zeit.

Herr Metzger, 13 Jahre Detmold – welche zentralen Erinnerungen nehmen Sie mit?

Kay Metzger : Auf jeden Fall die an das sehr schöne Haus, das ist schon etwas ganz Besonderes. Und natürlich die an die unglaubliche Reisetätigkeit. Darüber, dass ich das künftig nicht mehr machen muss, bin ich nicht ganz traurig. (lacht). Vermissen werde ich natürlich viele Kolleginnen und Kollegen und die Nähe zur Musikhochschule. Wir haben viel zusammen gemacht, das war immer bereichernd.

Womit sind Sie zufrieden, wenn Sie eine Bilanz Ihrer Detmolder Zeit ziehen?

Metzger : Ich denke, dass wir die Stadt recht gut durchdrungen haben mit unserer Theaterarbeit. Von Anfang an waren wir mit den Einführungs-Matinéen bei Partnern in ganz Detmold zu Gast, wir waren mit den &bdquo;vis-à-vis"-Veranstaltungen, aber auch mit Aufführungen, in Kirchen vertreten, und auch das Schlossfestival ist ein gutes Beispiel dafür. Ich war immer wieder überrascht, wie offen uns unsere Partner begegnet sind. Überregional war der &bdquo;Ring" wichtig. Er hat unter anderem bei der Landesregierung in Düsseldorf die Wahrnehmung intensiviert, dass hier am Rande des Teutoburger Waldes was Tolles passiert. Außerdem, denke ich, ist das &bdquo;Kaschlupp!" etwas, das das Haus positiv verändert hat. Auf sein Junges Theater kann das Haus stolz sein.

Gab es auch Dinge, die Sie rückblickend gern anders gemacht hätten?

Metzger : In 13 Jahren kann nicht alles gelingen. Es gab Licht und Schatten. Das genau zu differenzieren, überlasse ich aber gerne anderen.

Wie wichtig ist es, dass alle Ensemblemitglieder im Theaterbetrieb ihre Kreativität ausleben können?

Metzger : Das halte ich für sehr wichtig. Wir sind schließlich ein kreativer Betrieb, und ich finde es ganz furchtbar, wenn man Kreativität im Keim erstickt. In dem Zusammenhang hat ein kleines Format wie &bdquo;Chapeau!" eine besondere Rolle gespielt. Da konnten auch Experimente Raum finden, die wir im offiziellen Spielplan so nicht umsetzen konnten.

Warum nicht?

Metzger : Das ist dem schwer umkämpften Gastspielmarkt geschuldet, da kann man nicht allzu viele Experimente riskieren. Andererseits hat zum Beispiel der &bdquo;Freischütz" in der herausfordernden Inszenierung von Jochen Biganzoli auch auf dem Gastspielmarkt erstaunlich gut funktioniert.

Ich finde aber, dass Sie auch im regulären Spielplan etliche Produktionen untergebracht haben, die durchaus aufs Experiment setzten, zum Beispiel im zeitgenössischen Musiktheater ...

Metzger : Stimmt. Angefangen hat es mit der Uraufführung von Giselher Klebes Oper &bdquo;Chlestakows Wiederkehr", die er als Auftragswerk für uns geschrieben hat – das war eine sehr beglückende Zusammenarbeit. Später haben wir gemeinsam mit der Hochschule für Musik den Klebe-Preis ins Leben gerufen und konnten eine Oper von Alexander Muno uraufführen. Die Oper &bdquo;Written on Skin" haben wir zur Aufführung gebracht, deren Inszenierung ja auch von der Königlichen Oper Stockholm übernommen wurde, und ganz aktuell &bdquo;Powder Her Face". Im Schauspiel haben wir den Grabbe-Preis wieder aufgelegt und das Gewinner-Werk, Henriette Dushes &bdquo;In einem dichten Birkenwald, Nebel", gezeigt. Und jetzt zuletzt die &bdquo;Odyssee" von John von Düffel, ebenfalls ein Auftragswerk. Das sind natürlich keine Quotenbringer, aber sie sind gut fürs Selbstverständnis des Hauses – und ich sehe es auch als Aufgabe eines Theaters an, die zeitgenössische Kunst in dieser Form zu fördern.

Aktuell wollen die Gesellschafter der Landestheater GmbH nicht mehr die Tariferhöhungen in vollem Umfang ausgleichen, was zu erheblichen Einsparungen führen muss. Ist es aus dieser Perspektive ein guter Zeitpunkt, um Detmold zu verlassen?

Metzger : (lacht) Es ist ein guter Zeitpunkt, weil das Haus nun neuen Input bekommt. Nach 13 Jahren wird es Zeit für einen Wechsel – ich erlebe es gerade selbst in Ulm, wo mein Vorgänger ähnlich lange im Amt war. Theater lebt von Erneuerung, es ist wichtig, das Haus im kreativen Fluss zu halten. Deshalb haben wir neben dem Kernspielplan immer wieder Großprojekte und ungewöhnliche Dinge realisiert, damit man sich nicht im Kleinen verliert. Die zwei Theater-Festivals, die wir ausgerichtet haben, waren in dem Zusammenhang richtig toll.

Noch mal zurück zur Finanzlage: Einfach ist das nicht, oder?

Metzger : Nein, das ist eine große Herausforderung und alles andere als eine schöne Mitgift für meinen Nachfolger Georg Heckel. Ich finde es gut, dass unser Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Axel Lehmann Spartenschließungen und betriebsbedingte Kündigungen schon einmal ausgeschlossen hat. Wenn es gut läuft, werden wir einen guten Jahresabschluss vorlegen, das verschafft auch noch mal einen Puffer. Gleichwohl wird es schwer, zumal auch dringende bauliche Dinge anstehen. Und ich möchte in dem Kontext hervorheben, dass das Theater für die Stadt ein echter Lottogewinn ist. Es fließt viel Geld von außerhalb in die Stadt, aktuell neun Millionen Euro vom Land, dazu die anderen Gesellschafterbeiträge, und dafür hat Detmold ein Vier-Sparten-Haus mit überregionaler Ausstrahlung.

Was wünschen Sie dem Landestheater und Ihrem Nachfolger?

Metzger : Ich wünsche dem Haus, dass es gut getragen wird von der Politik, nicht nur, aber auch in finanzieller Hinsicht. Und ich wünsche Georg Heckel alles Gute – dass das Publikum nicht fremdelt und offen auf alles Neue zugeht. Und ich danke all denen, die meine Arbeit unterstützt haben, und vor allem unserem begeisterungsfähigen und treuen Publikum.

Brechen Sie Ihre Zelte in Detmold komplett ab?

Metzger : Ja, im Prinzip schon. Allerdings hat meine Tochter beschlossen, hier zu bleiben. Das wird sicher eine schöne Brücke, um doch immer noch mal wieder nach Detmold zu kommen.

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