Türen zu: So wird das Freilichtmuseum Detmold winterfest gemacht

Detmold. Die Ziegen meckern im Sonnenschein, Pferde grasen auf der Wiese, per Kutsche fahren Besucher an historischen Gebäuden vorbei, in denen längst vergangene Zeiten zum Leben erweckt werden. So - oder so ähnlich - kennt wohl jeder Lipper das LWL-Freilichtmuseum in Detmold. Doch bei Regen, Schnee und Kälte hat das Museum zu, die Saison endet - wie bislang in jedem Jahr - Ende Oktober. Doch was machen Ziege, Pferd und Co. im Winter und wie werden die Gebäude vor Unwettern gesichert? Museumsleiterin Dr. Marie Luisa Allemeyer klärt auf.

Die Tiere Acht Westfälisch-Rheinische Kaltblutpferde, zwei Senner, vier Rinder (Siegerländer Rotvieh) und Schwarzbunte Niederungsrinder, dazu Deutsche Edelziegen, Westfälische Schwarzkopf- und Bentheimer Landschafe, zwei Esel, Lippe-Gänse, Warzenenten sowie zahlreiche Hühner - Italiener, Lakenfelder, Bergische Kräher, Westfälische Totleger und Westfälische Krüper - sind im Freilichtmuseum zuhause. "Insgesamt über 100 Tiere", weiß Dr. Marie Luisa Allemeyer.

Während der Saison sind sie alle auf dem Gelände, kommen abends in ihre Stallungen. "Die Hühner zum Beispiel sind den Höfen zugeordnet", erklärt Allemeyer, die Krüper zum Beispiel dem Mindener Hof. Doch im Winter geht's für das Geflügel in den Winterstall, der sich ebenfalls auf dem Gelände des Museums befindet. "Hier haben sie natürlich auch Auslauf." Auch Rinder, Ziegen und Co. beziehen ihre Stallungen auf dem Gelände, zwei Tierpfleger kümmern sich um die Tiere.

Nur die acht Kaltblüter, die das Museum im vergangenen Jahr gekauft hatte, gehen an ihre Vorbesitzer zurück, "in Winterpension. Das wollen wir aber umstellen, dann bleiben auch sie den Winter über auf dem Gelände." Das sei ein Unterschied zu anderen Freilichtmuseen: "Die Tiere gehören uns, andere Museum leihen die Tiere bei den Besitzern aus."

Auch das Futter, dass die Tiere im Winter bekommen - im Sommer sowieso - , werde auf den Feldern des Museums gewonnen und rechtzeitig eingelagert. "So wollen wir den Kreislauf abbilden." Denn auch der Mist des Viehs gehe als Dünger auf die Felder zurück. "Früher wurden Tiere zum Teil extra für den Dünger gehalten, Ziel war, den Getreideertrag zu erhöhen. Schlachten war gar nicht so wichtig."

Die Gebäude "Die Gebäude werden zum Teil mit Netzen geschützt", erklärt die Museumsleiterin. Die Wetterseite werde mit einem grünen, durchlässigen Mesh-Gewebe schräg abgespannt. Damit werde bewirkt, dass der Regen nicht direkt auf das Gemäuer schlägt, keine Staunässe und "der Feuchtigkeitsdruck verringert" werde. "Eine kluge Maßnahme", findet Allemeyer.

Zudem werden die Gebäude natürlich verschlossen, die - wenn vorhanden - Fensterläden geschlossen. "Früher wurden die Häuser ja auch im Herbst und Winter bewohnt und beheizt, hier werden die Häuser aber nur temperiert." Auf sechs bis acht Grad. Um Energie zu sparen. Schutz des Gebäudes bei minimalem Energieaufwand.

Es sei durchaus schon mal passiert, dass nach einem Sturm Dachziegel hochgekommen oder Schäden an den Gebäuden entstanden seien. "Unsere interne Bauabteilung ist ständig dabei, die Dächer zu kontrollieren", weiß die Chefin. "Nach einem Unwetter gibt es immer Begehungen. Auch während der Saison übrigens. Es ist wichtig, auf der Hut zu sein." Denn sei der Schaden erst mal da, könne das große Auswirkungen haben.

Das Team Inventarpflege und Restauration hole zudem empfindliche Gegenstände aus den Gebäuden und bringe sie ins Magazin, etwa Gemälde, Wandschmuck aus Haaren oder Lederstücke. "Möbel, die drin bleiben, werden gegen Staub abgedeckt."

Die Gärten Auch im Herbst und Winter werden die Gärten gepflegt, "unsere Gärtner sind das ganze Jahr über im Einsatz". Ob Pflanzungen für das kommende Jahr, Rückschnitt, Saatgut-Vermehrung, es sei einiges zu tun. "Die Gärten gehen nicht in den Winterschlaf", sagt Allemeyer lachend.

Die ganze Fläche müsse von den Gärtnern umsorgt werden, die Felder bewirtschaftet, der Forst gepflegt. Und auch Wälder gibt es auf dem Museumsgelände: Niederwald, Mischwald, Monokultur, der Hauberg. Die müssten durchgeforstet werden, "eine typische Winterarbeit", sagt die Museumsleiterin. Die Gärtner seien enorm eingespannt, Mitarbeiter der Lebenshilfe Detmold unterstützten sie. Denn auch für den Museumsadvent (Freitag bis Sonntag, 8. bis 10. Dezember) werde zum Beispiel die Gründeko erstellt, Kränze aus echten Tannenzweigen, Dekoration aus Tannenzapfen und Äpfeln.

Die Baustelle Es ist ein Multimillionen-Projekt , das sich am Rand des Geländes zur Paderborner Straße hin auftut: Der neue Eingangs- und Ausstellungsbereich des Freilichtmuseums, der mit 58 Millionen Euro beziffert wird. Der Bau liege im Zeitplan, derzeit seien der Betonrohbau und die Lehmwände an der Reihe, die voraussichtlich bis Ende dieses Jahres fertiggestellt sein sollen. Noch vor Weihnachten soll dann mit dem tragenden Holzbau begonnen werden . "Die Baustelle ruht auch im Winter nicht." Richtfest sei übrigens voraussichtlich für Ende Juni geplant.

Ganzjahres-Öffnung "Die wird kommen, wenn der Neubau fertig ist", verspricht die Museumsleiterin. Der werde voraussichtlich Ende 2025 eröffnet und dann auch im Winter Besucher begrüßen. Die Gebäude auf dem Gelände blieben aber wie bislang geschlossen, "die werden schließlich nur temperiert, nicht geheizt. Da kann keine Aufsicht bei acht Grad rein." Auch die Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich der Bäume und Wege - es soll und darf schließlich keinem Besucher etwas passieren, sprächen gegen eine komplette Öffnung des gesamten Geländes im Winter.

Aber auch so habe das Museum dann genug zu bieten. Platz für Vereine, um sich zu präsentieren, Veranstaltungen, Infos rund um das Museum, aber auch das Bauen seien vorgesehen. Und die jeweiligen Sonderausstellungen natürlich. "Der Neubau wird quasi der Schlüssel zum Gelände."

Ausblick Ein wenig Vorfreude auf die kommende Saison darf auch schon sein: Die beginnt nämlich bereits am 23. März 2024, also am Samstag vor den Osterferien, "damit wir die Ferien mit drin haben". Und das Thema hat Marie Luisa Allemeyer auch schon verraten: Das Motto "Museum Under Construction" werde bleiben. Aber der Fokus werde darauf gelegt, in die Stadt auszuschwärmen und den Menschen zu zeigen, was der Neubau alles zu bieten habe.

"Was entsteht da vor den Toren der Stadt? Wie kann ich das nutzen? Die Detmolder und Lipper sollen stolz auf das Gebäude sein", denn das sei ein echter Vorreiter - bundesweit. Ein Plus-Energiehaus mit Photovoltaik, Geothermie, Regenwasser-Rückgewinnung. "Das wird die ganze Bundesrepublik hinschauen. Sonst wäre das Geld hierfür gar nicht nach Detmold geflossen", ist sie sicher. Man darf also gespannt sein.

Letzte Veranstaltungen dieser Saison Am Sonntag, 29. Oktober, werden von 11 bis 17 Uhr im Haus Düsterdieck Rübengeister aus Futterrüben geschnitzt. Wer mitmachen will, sollte ein normales Essbesteckmesser mit stabiler Klinge oder ein Kinderschnitzmesser mit feststehender, stabiler Klinge mitbringen, ein Küchenmesser mit Spitze, einen stabilen Löffel, unempfindliche Kleidung und Verpflegung. Kosten: 2 Euro pro Rübe.

Von 14 bis 16 Uhr gibt es zudem eine Vorführung am Schafstall zum Thema Gemüse einwintern.

Die letzte Führung der Saison startet am Dienstag, 31. Oktober, um 16 Uhr am Museumseingang. Unter dem Motto "Verflixt!" geht es dabei um das Thema Aberglauben.

Letzter Höhepunkt des Jahres wird der Museumsadvent von Freitag, 8. Dezember, bis Sonntag, 10. Dezember, sein. Geöffnet Freitag und Samstag von 14 bis 21 Uhr und Sonntag von 11 bis 19 Uhr. Das Museumsgelände winterlich und festlich illuminiert, dazu weihnachtlich geschmückte Stuben in den historischen Häusern im Paderborner Dorf. Dort warten neben kunsthandwerklichen und kulinarischen Angeboten Adventsbasteleien und weihnachtliche Musik auf Groß und Klein. Weitere Infos unter www.museumsadvent.lwl.org .

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

LZplus Black-Deal

1 € pro Woche

Weiterlesen mit LZplus