Detmolder Notar und Anwältin für Erbrecht erklären: Darauf kommt es beim Testament an

Kreis Lippe. Sich Gedanken über den eigenen Tod zu machen, ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Damit im Falle des Unvermeidlichen jedoch kein Chaos ausbricht und der Nachlass geregelt ist, kann ein Testament sinnvoll sein. Nur im schlimmsten Fall führt selbst das bei Hinterbliebenen zu Streit – und langen Erbstreitigkeiten vor Gericht. Allein am Landgericht Detmold sind in diesem Jahr 13 solcher Verfahren anhängig, im Jahr 2024 waren es insgesamt 49. Dazu kommen noch die Fälle, die vor den hiesigen Amtsgerichten entschieden werden. Darüber gibt es aber keine Statistik.

Die Probleme, um die es geht, sind oft ähnlich. Häufig liegt der Knackpunkt an unklaren oder zu langen Formulierungen, die zu viel Platz für Interpretation lassen. Damit der Inhalt des Testaments also wirklich den letzten Willen abdeckt, gibt es grundlegende Regeln zu beachten. Notar und Rechtsanwalt Wolf-Dieter Tölle, Sprecher des lippischen Anwaltvereins, und seine Kanzlei-Kollegin Anna-Luise Burg, Fachanwältin für Erbrecht, erklären, worauf es aus rechtlicher Sicht ankommt.

Wann ist der richtige Zeitpunkt? Streng genommen darf man bereits ab 16 Jahren ein Testament aufsetzen, sagt Anwältin Anna-Luise Burg. In diesem Alter machten sich aber natürlich die wenigsten wirklich Gedanken darüber. Bis ans Sterbebett warten, um seine Angelegenheiten zu regeln, sollte man aber lieber auch nicht, meint die Fachanwältin für Erbrecht: &bdquo;Ich denke, man sollte sich so früh wie möglich damit auseinandersetzen“, sagt Burg. &bdquo;Spätestens dann, wenn nennenswertes, eigenes Vermögen da ist.“Laut Notar und Rechtsanwalt Wolf-Dieter Tölle gibt es drei gute Gründe, weshalb Menschen anfangen, konkret über das nachzudenken, was passiert, wenn sie sterben. &bdquo;Häufig sind es Ältere über 60 oder Personen, die gerade geheiratet haben und ein Kind bekommen – oder aber Paare, die gemeinsam eine Immobilie erworben haben.“ In allen Fällen mache es Sinn, seinen Nachlass zu regeln. Das Gleiche gelte, wenn sich die Lebensumstände massiv änderten.

Wie setze ich ein Testament auf? Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder setzt man selbst ein handschriftliches Testament samt Unterschrift auf oder lässt sich beim Notar ein beurkundetes Testament erstellen, das direkt beim zuständigen Gericht hinterlegt werden kann. Letztere Station sei immer ein guter Aufbewahrungsort, auch wenn man sich für die handschriftliche Variante in Eigenregie entscheidet, meinen die Experten. &bdquo;Man weiß ja nicht, wer es nach meinem Tod findet und es möglicherweise zerreißen könnte“, sagt Tölle. Ein Testament in der Schublade bringe auch nichts, wenn der Erbfall eintritt. Dann müsse es eh bei Gericht eröffnet werden.Das Testament dort schonmal zu hinterlegen, koste inzwischen einmalig rund 100 Euro, erklärt der Notar. Es komplett handschriftlich zu verfassen, sei nötig, um vor möglichen Missbrauch zu schützen. Tölle: &bdquo;Eine Unterschrift lässt sich leicht fälschen, ein gesamter Text nicht.“ Fehlt die Unterschrift aber auf Anhängen oder möglicherweise sogar komplett auf dem Dokument, sei das sowieso das ganze Testament direkt unwirksam. Häufigste Fehlerquelle seien übrigens maschinell angefertigte Testamente, die Erbrechtler zum Überprüfen in die Hand gedrückt bekämen, erklärt Tölle. &bdquo;Das kann noch so gut formuliert sein, wenn es mit Maschine geschrieben und unterschrieben ist, wäre das komplett unwirksam.“

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Wo fange ich überhaupt an? Am allerwichtigsten sei, sich darüber im Klaren zu werden, wer überhaupt der Haupterbe sein soll, findet das Kanzlei-Duo. Als klassischer Fehler passiere in diesem Kontext allerdings oft, dass nicht über den kompletten Nachlass verfügt werde, sondern nur herausragende Dinge bedacht würden. &bdquo;Da steht dann einfach: Meine Tochter erbt das Haus“, erklärt Tölle. &bdquo;Ja, aber was ist mit dem Rest des Vermögens?“ Das sei dann Interpretationssache und die mache es mitunter schwierig. Im Falle eines Erbstreits könne diskutiert werden, ob die Tochter also eigentlich gar nicht für den gesamten Nachlass bedacht werden sollte. Den verstorbenen Erblasser könne man dann ja schlecht fragen.

Das deutsche Erbrecht sehe nämlich vor, den Nachlass als Ganzes zu betrachten, der wie ein Kuchen unter möglichen Erbinnen und Erben aufgeteilt werden könne. Daher müsse man seinen Nachlass nach Quote vererben. Beispiel: &bdquo;Ich habe drei Töchter. Jede erbt ein Drittel.“ Wie der Nachlass dann konkret aufgeteilt werde, damit müssten sich die Erben dann auseinandersetzen.

Bei mehreren Erbinnen und Erben sei es daher sinnvoll, im Vorfeld über einen möglichen Testamentsvollstrecker nachzudenken. &bdquo;Das kann auch eine Vertrauensperson sein“, erklärt Burg. Insbesondere wenn es Menschen betrifft, die sich nicht (mehr) verstehen, könne das viel Chaos ersparen.

Jede Person sollte sich über die Bedeutung im Klaren sein. &bdquo;Der Nachlass ist immer eine Einheit. Alle Rechten und Pflichten, alle Aktiv- und Passivvermögen gehen über“, sagt Tölle. &bdquo;Ich erbe also auch Schulden, kann das Erbe dann aber ausschlagen oder nicht annehmen.“

Wie vermeide ich Fehler? Sich in einer entsprechenden Anwaltskanzlei oder beim Notar beraten zu lassen, hält der Sprecher des lippischen Anwaltvereins für sinnvoll – auch wenn man ein Testament nicht unbedingt notariell beurkunden lassen müsste. Wer das Extrageld nicht ausgeben mag oder kann, sollte sich zumindest im Vorfeld umfassend selbst informieren und entsprechende Literatur lesen, sagt Tölle.

Die Künstliche Intelligenz in Form von Chat GPT mit dem Entwurf eines Testaments zu beauftragen, davon rät Wolf-Dieter Tölle aktuell noch ab. &bdquo;Das ist noch zu unsicher. Man gibt dreimal dasselbe ein und es kommt jedes Mal etwas anderes dabei heraus.“ Das sei insbesondere beim Erbrecht schwierig, wo es vor allem um Klarheit gehe.

Fehler ließen sich daher am besten vermeiden, sagen die beiden Juristen, wenn man möglichst präzise formuliere. Wer ein Testament aufsetzt, sollte daher möglichst kurz und klar aufschreiben, was er oder sie will. Passagen zu den Motiven oder Erklärungsversuche würden meistens nur unnötige Angriffsfläche bieten, um Testamente möglicherweise anzufechten.

Erbe versus Vermächtnis – wo liegt der Unterschied? Manche Begriffe können auch zu inhaltlichen Problemen führen. Während das Erbe den gesamten Nachlass regelt und je nach Wunsch des Verstorbenen in Quoten eingeteilt wird, gibt es darüber hinaus noch die Möglichkeit, bestimmte Gegenstände, Immobilien oder Geldbeträge aus dem Vermächtnis konkreten Personen zu vermachen. Das müsse im Testament deutlich vermerkt werden.

Bei diesem Punkt komme es auf das richtige Vokabular an, erklärt Anna-Luise Burg: Die beiden Sätze &bdquo;Ich setze als Erben ein...“ und &bdquo;ich vermache Person X...“ befassten sich nämlich mit zwei komplett unterschiedlichen Vorgängen innerhalb des Erbrechts. Eine falsch gewählte Formulierung könnte unnötig Raum für Interpretationen lassen und zu Unklarheiten führen, die der Erblasser oder die Erblasserin damit gar nicht hatte bezwecken wollen. Wichtig sei auch: Wenn jemand aus dem Vermächtnis beispielsweise ein Haus oder eine teure Uhr zugesprochen bekommt, derjenige oder diejenige aber keinen Anspruch auf den eigentlichen Nachlass hat, kann er oder sie den im Testament zugesicherten Besitz gegenüber dem eigentlichen Erben geltend machen. Die Erben müssen sich an das Testament halten.

Kann ich ein Testament jederzeit ändern? Ein Testament gilt nicht als in Stein gemeißelt. Wenn sich die Lebenssituation ändert oder sich jemand beispielsweise mit Angehörigen zerstreitet, kann ein Neues her. &bdquo;Wir hatten schon Fälle, da hatte jemand 17 Testamente geschrieben“, sagt Tölle. Jede Person könne ihr Testament zu Lebzeiten so oft ändern oder ergänzen, wie gewünscht. Es müsse nur darauf geachtet werden, die Formalitäten weiter einzuhalten.

Sobald ein neuer Erbe eingesetzt wird, sei das alte ungültig, erklären die Experten. Ein expliziter Satz, der das alte entwertet, müsse im neuen Testament nicht drinstehen. Er schade aber auch nicht, fügt Anna-Luise Burg hinzu. Wolf-Dieter Tölle empfiehlt weiter, ein Testament am besten mit Ort und Datum zu versehen, damit es in der Chronologie gar nicht erst Unklarheiten gibt.

Problematisch könne es im fortschreitenden Alter und damit verbundener schwerer Krankheit – wie Demenz – nur manchmal werden, die Tragweite der eigenen Testamentsänderung noch zu überblicken. Zu beweisen, ob jemand in diesen Momenten nicht mehr testierfähig gewesen ist, sei aber schwer.

Wie läuft das beim Berliner Testament? Beim Klassiker setzen sich Eheleute gemeinschaftlich als Erben ein – und benennen beispielsweise die eigenen Kinder als Schlusserben. Laut Tölle kann hier eine &bdquo;wechselbezügliche“ Bindungswirkung bestehen, die den Hinterbliebenen daran hindert, das gemeinsame Testament nach dem Tod des Partners zu ändern – selbst wenn sich das ganze Leben noch mal umkrempelt. Vielen sei dieser Punkt nicht bewusst, sagt Tölle, es sollte daher explizit geregelt werden, ob das Testament änderbar sein soll oder nicht. Ein Berliner Testament könne von einem Partner handschriftlich verfasst werden, müsse aber die Unterschrift beider Eheleute enthalten.

Teilweise versuchten Ehepaare, solche Fälle über eine Vor- und Nacherbschaft zu regeln. Diese rechtliche Konstruktion beschränke aber die Verfügungsbefugnis des Vorerben stark, was in der Regel nicht dem Willen des Erblassers entspreche, wenn der überlebende Ehepartner finanziell abgesichert werden soll.

Und was ist mit dem Pflichtanteil? Der Pflichtanteil im Erbrecht ist ein Mindestanspruch auf einen Geldbetrag für bestimmte Familienangehörige. Dieser steht Kindern, Ehegatten und Eltern immer zu. Nur in Härtefällen – zum Beispiel bei schweren Gewalttaten – könne er entfallen. Ein Grund sei allerdings nicht mal, sagt Tölle, wenn Kinder rund 50 Jahre keinen Kontakt mehr zu den Eltern halten würden. Als Pflichtteil sei immer die Hälfte der gesetzlichen Erbquote vorgesehen. Das sei klar geregelt.

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