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Geschichte auf Platt: Eun Wühnachtsdag

Wilhelm Engelke

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Detmold. Lange, lange es et oll her und doch denke eck gern an dösse Tuit trugge. Et es de Wühnachtstuit in muin’n Kinnerjohrn.

För us Kinner feng de Wühnachtstuit Anfang Dezember an. Es was de Tuit der körsten Dage un de längsten Nächte. Do brennen de Kuppellampen un de Petroljumslüchten velle Stunnen. Dösse Lampen brochten nich vell Lecht, öwwer doför vell Schatten. Dösse Schatten rege iuse Kinnerfantasie unwüs an.

Teo örste was et dat Klötterjönken, wat iuse Kinnerhärten beschäftige. Dat was öhne, de wonne in seon grauten Holte un worte van’ Christkindken no den Kinnern schicket. O, un wenn dat denn tatsächlich upper Dell haruppern kam un seh seo für seck hen: Da draus vom Walde komm ich her, na, dor verkröupen wü us örstmol bür Mamm’n achter der Schörten. Up’n mol stonnt et inner Stob’n. Hal dat öwwer’n langen, krüisen Bort, senn aulen Heot, langen Mantel un chraute Stiewel hat et antogen. Ümme den Mantel hal et senne dicke Kien un unnern Arm ’ne lange Reon un uppen Nacken senn chrauten Sack. Os et niu froge, ob wui auk jümmer ornlick wesen wörn , sehn wui natürlick olle : Jo. Öbber komisch, dat Klötterjönken wußte genau Beschöit, wer denn de Fensterschüim inschmetten har un bui wenne de Mamme jümmer örst schell’n möste, wenn heu Holt halen soll.

Geschichtenschreiber: Wilhelm Engelke hat viele plattdeutsche Geschichten geschrieben. - © Wilhelm Engelke
Geschichtenschreiber: Wilhelm Engelke hat viele plattdeutsche Geschichten geschrieben. (© Wilhelm Engelke)

Et packe oll jümmer seo no’r Reon, öbber os wui denn been soll’n, o, eck wöith auk na watt: Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drinn wohnen als Jesu allein. Dau was et denn teofrie un woll wetten, wat us dat Christkindken olls bringen sall. O, dat namm öbberhiupt keun Enne,seovell Wünske hall’n wui. Klötterjönken meune öbber, dat wör öbber wall’n betten vell, Christkindken möste ollen Kinnern upper janzen Welt watt bringen un nich bleos us oleine. Niu krühn wui iut den grauten Sacke Keks, Nötte un Appel. Komisch, de Appel sühn juste seo iut, os de, de de Mamme in’n Keller hadde! Jo, niu mößte et öbber foider, see Klötterjönken.

Watt hall de Mamme van doraf bet Wühnachten doch für ornlike un flinke Blahn. Wat könn’n wui schön stille sitten, wenn us ohms de Mamme iuter Büewel eoder iuten Märchenbeoke Wühnachtsgeschichten fürleos.
O, denn pucker dat lütke Kinnerhärte un de Backen, de gloisen man seo.

Jo, un up’n Mol was et denn Wühnachten. Für de schetterjen Bücksen hall’n wui ’ne röggene antogen un de Hor hal wui segar in’n Schüotel kemmt, dor klingel et upper besten Stoben. Os dor de Pappe den de Dür oppenmake, stunn’n wü blück für den grauten Lechterbaum. O, wat lüchten dor de lütchen Kinneraugen, söcke schöne, raute, bloge un chelle Lechter, un de Baum hange vuller Keks, Nötte un wir söcke Appel, os seo Klötterjönken auk hadde. Un niu, wat unner den Baum stundt, wat us dat Chritkindken olls brocht hadde.

Dor stund de Schlien, de was iut Breer tehaupe nehlt un dor stund dat Schaukelpert, dor stunn’n de Holsken, schön chreun anstrecken, un dor lögen nau’n paar Fiusthansken, de Mamme hadde doch noidig genau söcke stricket. Nei, wat wörn wui öwwer oll’s chlücklich. De Pappe un de Mamme satten stille inner Sofaecke, eck loiwe seu fröeuwen sick met us. De lütken Süster was intwisken inschlopen un hadde den Kopp bür’ Mamm’n inne Schlipp’n lächt.

Tehaupe häw den dat Leud van der stillen un der heiligen Nacht sungen, denn brochte us de Mamme int’ Bedde, dor häw wui den in’ Gebet den Christkindken Dankeschön segt.

Alles verstanden? Wenn nicht, haben wir hier die Übersetzung

Ein Weihnachtstag

Lange, lange ist es schon her und doch denke ich gern an diese Zeit zurück. Es ist die Weihnachtszeit in meinen Kinderjahren. Für uns Kinder begann die Weihnachtszeit Anfang Dezember. Es war die Zeit der kürzesten Tage und der längsten Nächte, da brannten die Kuppellampen und die Petroliumsleuchten viele Stunden. Diese Lampen brachten nicht viel Licht dafür viel Schatten.

Diese Schatten regten unsere Kinderfantasie an. Zuerst war es das Klötterjönken, das unsere Kinderherzen beschäftigte. Das war einer, der wohnte in einem grossen Wald und wurde vom Christkind zu den Kindern geschickt. Oh, und wenn das denn tatsächlich auf der Deele heraufkam und sagte so vor sich hin: „Da drauß vom Walde komm ich her," na dann verkrochen wir uns erstmal bei Mutter hinter der Schürze. Auf einmal stand es inner Stube. Hatte das aber einen langen, krausen Bart, son' alten Hut, langen Mantel und grosse Stiefel hatte es angezogen. Um den Mantel hatte es sone dicke Kette, unterm Arm `ne lange Rute und auf`m Rücken `nen grossen Sack.

Als es nun fragte, ob wir auch immer ordentlich gewesen wären sagten wir natürlich ja. Aber komisch, das Klötterjönken wußte genau Bescheid, wer denn die Fensterscheibe eingeschmissen hatte und bei wem die Mutter erst immer schimpfen mußte, wenn er Holz holen mußte. Es faßte schon immer nach der Rute. Aber als wir dann beten sollten, ich weiß auch noch was: Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesu allein. Da war es zufrieden und wollte wissen, was uns das Christkind alles bringen sollte.

Oh, das nahm überhaupt kein Ende, soviel Wünsche hatten wir. Klötterjönken meinte denn auch, das wäre denn wohl ein bisschen viel, Christkindchen müßte allen Kindern auf der ganzen Welt was bringen und nicht nur uns alleine. Jetzt kriegten wir aus dem grossen Sack Keks, Nüsse und Äpfel. Komisch, die Äpfel sah'n genau so aus wie die, die die Mutter im Keller hatte. Ja, nun müßte es aber weiter. Was hatte die Mutter doch von da an für ordentliche und flinke Kinder. Was konnten wir schön still sitzen, wenn Mutter uns abends aus der Bibel oder aus einem Märchenbuch Weihnachtsgeschichten vorlas. Oh, denn klopfte das kleine Kinderherz und die Backen glänzten man nur so.

Ja, und auf einmal war es denn Weihnachten. Statt der dreckigen Hose hatten wir 'ne reine angezogen, und die Haare hatten wir mit 'nem Scheitel gekämmt, da klingelte es in der besten Stube. Als dann der Vater die Tür öffnete, standen wir erstaunt vor dem grossen Lichterbaum. Oh, was leuchteten da die kleinen Kinderaugen. Solche schöne rote, blaue und gelbe Lichter, und der Baum hing voller Keks, Nüsse und wieder solche Äpfel wie sie Klötterjönken auch hatte. Und nun, was unter dem Baum lag, was uns Christkindchen alles gebracht hatte.

Da stand der Schlitten, der war aus Brettern mit Nägeln zusammengenagelt, und da stand das Schaukelpferd, da standen Holzschuh, schön grün angestrichen, und da lagen noch 'n Paar Fausthandschuhe, die Mutter hatte doch neulich genau solche gestrickt. Nein, was waren wir über alles glücklich. Vater und Mutter saßen still in der Sofaecke, ich glaub sie freuten sich mit uns. Die kleine Schwester war inzwischen eingeschlafen und hatte ihr Köpfchen bei Mutter in'n Schoß gelegt.

Zusammen haben wir denn das Lied von der Stillen und der heiligen Nacht gesungen, dann brachte uns Mutter ins Bett. Da haben wir dann im Gebet dem Christkindchen Dankeschön gesagt.

Das sagt Wilhelm Engelke Junior:

Der Sohn: Wilhelm Engelke (78) liebt auch das Plattdeutsche. - © Wilhelm Engelke
Der Sohn: Wilhelm Engelke (78) liebt auch das Plattdeutsche. (© Wilhelm Engelke)

„Mein Vater ist im Dezember 1905 geboren, so dass diese Geschichte aus 1913/14 stammen muss. Er ist 1985 gestorben. In der Weihnachtsgeschichte schreibt er von seiner kleinen Schwester, die auf dem Schoß ihrer Mutter eingeschlafen ist. Die war 1912 geboren. Mein Vater ist in Niederschönhagen auf dem Hof Dorlastraße 2 geboren und ist auch hier aufgewachsen. Er erbte diesen Hof von seinen Eltern und bewirtschaftete ihn bis 1964. Mein Vater hat viele plattdeutsche Geschichten geschrieben."

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