Kreis Lippe. Erst vor wenigen Wochen stand fest: Die Wölfin unter dem Namen GW1044f zieht durch die Senne. Jetzt hat die NRW-Landesregierung ein 922 Quadratkilometer großes Areal zwischen Bielefeld, Paderborn und Detmold offiziell zum Wolfsgebiet erklärt. Der Truppenübungsplatz Senne liegt genau im Zentrum.
Wolfsberater in Lippe freuen sich über diesen Schritt. "Ich finde es gut, dass die Landesregierung das Gebiet nun ausgewiesen hat", erklärt Thomas Pusch, Luchs- und Wolfsberater für den Kreis Lippe. Durch die Ausweisung hätten Weidetierhalter von heute an die Möglichkeit, Fördermittel zur Prävention zu beantragen. "Im Moment werden die Projekte, wie Zaunerhöhungen und ähnliches mit 80 Prozent gefördert", so Pusch, der für den Naturschutzbund (NABU) als Sprecher im Landesfachausschuss "Wolf" tätig ist.
In Zukunft könnte die Förderung auf 100 Prozent aufgestockt werden, so der Experte. Die Förderung erstrecke sich auch auf einen Bereich um das eigentliche Wolfsgebiet herum, womit dann knapp 3400 Quadratkilometer Fläche abgedeckt würden.
Die Entscheidung zur Ausweisung begründete NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) am Donnerstag. "Uns liegen genügend Nachweise und Anhaltspunkte vor, so dass von einer standorttreuen Wölfin ausgegangen werden kann."
Auch Dirk Grote, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Naturschutzgroßprojekt Senne und Teutoburger Wald, freut sich über die Entscheidung der Landesregierung. "Wir wussten, dass die Entscheidung ansteht und arbeiten im Augenblick schon aktiv daran, die Koppel in Oerlinghausen sicherer zu machen", so der Experte. Schließlich ist das Naturschutzgroßprojekt Senne und Teutoburger Wald im Wolfsschutzgebiet.

Falls es in Zukunft in der Nähe einen Wolfsriss gibt, soll die bereits vorhandene Koppel ein sicherer Zufluchtsort für weibliche Rinder und ihre Kälber sein. "Wir haben uns schon bei der Beschaffung der Rinder vor einigen Jahren mit dem Auftreten des Wolfes beschäftigt", erklärt Grote. So hätte sich das Naturschutzgroßprojekt nur Rinder mit Hörnern ausgesucht. "Damit sind die Tiere wehrhafter, auch Wölfen gegenüber", erklärt Grote. Auch der Zaun der Ziegenkoppel werde nun erhöht. "Wenn der Wolf allerdings in der Nähe ist, werden wir die Ziegen in eine wolfssichere Koppel umsiedeln", so Grote.
Denn klar sei auch: Das einheimische Wild reagiere empfindlich auf das Raubtier. "Wenn der Wolf ein Tier reißt, meidet das Wild die Umgebung", so Grote. Weidetierhalter haben laut Pusch mit der Ausweisung des Wolfsgebietes nun eine klare Aufgabe, wenn es später kein böses Erwachen geben soll. "Ab heute beginnt eine zwölfmonatige Übergangszeit, in der die Weidetierhalter ihre Koppeln wolfssicher machen müssen", so Pusch. Denn sollte der Wolf in einem Jahr ein Tier reißen, ist es an den Weidetierhaltern zu beweisen, dass der geforderte Mindestschutz für die Tiere eingehalten wurde.
"Was genau die Bestimmungen sind, steht in den Förderrichtlinien" so Pusch. So sollen in Zukunft fünf stromführende Litzen bei Zäunen den Wolf davon abhalten, die Koppel zu betreten. Sowohl Pusch als auch Grote begrüßen ausdrücklich nicht nur den Antrag, sondern auch die Rückkehr des Wolfes. "Es ist doch schön zu sehen , wenn die Natur wieder voller wird", bringt es Pusch auf den Punkt.
Mit der Ausweisung des neuen Wolfsgebietes können ab sofort Fördergelder für den Schutz von Tierherden beantragt werden. Das gelte auch für eine Pufferzone um das eigentliche Wolfsgebiet herum, womit insgesamt knapp 3400 Quadratkilometer Fläche abgedeckt würden. Der Truppenübungsplatz Senne, der im Zentrum des Wolfsgebiets liegt, ist landschaftlich stark von Heide, Moor und Wald geprägt. Für den Wolf gilt das als ein idealer Standort.
Landwirt Felix Hohmeyer ist direkt von der Neuregelung betroffen. Der Bielefelder lässt seine Rinder und Schafherden und anderem auch in Oerlinghausen auf kreiseigenen Flächen weiden. "Im Großen und Ganzen sehe ich die Ausweisung des Gebietes als positiv an", erklärt der Züchter.
Der Grund für seine Ansicht sei die Möglichkeit, für die Einzäunung der Herden nun finanzielle Unterstützung zu bekommen. Hohmeyer kann sowohl die Argumente der Wolfsgegner als auch die der Befürworter nachvollziehen. "Ich finde, dass in dieser Diskussion zu stark in Schwarz-Weiß-Kategorien argumentiert wird", so Hohmeyer, der betont, dass der Wolf eine klare Existenzberechtigung habe. "Wir haben einfach verlernt, mit ihm zu leben", ist er sich sicher.
Allerdings äußert Hohmeyer auch Bedenken. "Ich bin mir sicher, dass es irgendwann einen Übergriff eines Wolfes auf einen Menschen geben wird", so Hohmeyer. Denn für ihn steht eins fest: "Der Wolf ist nicht scheu und wird es auch nicht werden.
Mehr zum Wolf in NRW gibt es auf der Seite des Landesamts für Natur und Umwelt.