Leiterin der Uni-Klinik für Frauenheilkunde Lippe: „Diagnose Krebs ist kein Todesurteil“

Kreis Lippe. Eigentlich müsste 365 Mal im Jahr Welt-Krebs-Tag sein, nicht nur einmal am 4. Februar. Sagt Prof. Dr. Beyhan Ataseven , die Leiterin der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (UK OWL) am Klinikum Lippe. Denn: &bdquo;Krebs ist ein Thema, das beschäftigt uns täglich.“ Aber immerhin stehe der Krebs durch so einen Tag offensiv auf der Tagesordnung, und das sei gut. Denn: &bdquo;Wer will schon freiwillig über Krankheiten reden?“

Mit dem Alter steigt die Gefahr, Krebs zu bekommen: Zellen teilen sich Zeit ihres Lebens, diese Prozesse können im Alter durcheinanderkommen, es schleichen sich Fehler ein. Das Immunsystem verliert die Kontrolle. Aber: &bdquo;Das Altern können wir nicht abschalten. Aber es gibt Risikofaktoren, die wir minimieren können“, sagt Ataseven. Und darum geht es beim Welt-Krebs-Tag: Um Vorsorge und Früherkennung.

Bewegen, gut ernähren, UV-Strahlen verhindern Ein Großteil der Krebserkrankungen sei vermeidbar: durch gesunde Ernährung, Bewegung, Nichtrauchen, Vermeidung von UV-Strahlung und Gewichtsreduzierung. Beyhan Ataseven hat alarmierende Zahlen parat: 2030 werden jährlich 600.000 neue Krebs-Erkrankungen in Deutschland erwartet, davon wären 40 Prozent vermeidbar, sorge man heute vor. In einem Land wie Deutschland gebe es im Gegensatz zu vielen anderen Ländern Optionen zur Früherkennung - in ihrem Fachgebiet, der Gynäkologie, stünden jeder Versicherten Angebote zu: das systematische Testverfahren für Früherkennung von Brustkrebs-Früherkennung (Screening) und Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge durch Abstriche. Letzterer werde durch einen Virus hervorgerufen. &bdquo;Eine der wenigen Krebserkrankungen, die wir durch Impfung größtenteils vermeiden könnten.“ Weltweit erkrankt jede Minute eine Frau an Gebärmutterhalskrebs, jede zweite Minute stirbt eine daran - die Weltgesundheitsorganisation wirbt für Impfung, will das Virus ausrotten. In Deutschland erkranken um die 4000 Frauen daran - &bdquo;deutlich weniger, weil sie die Früherkennung nutzen.“ Mindestens 20-Jährige können diese Früherkennung in Anspruch nehmen.

Ein Thema des Welt-Krebs-Tages ist also, die Akzeptanz für die Vorsorge noch zu steigern. Von manchen Angeboten wüssten viele Frauen gar nichts, obgleich sie zur Brustkrebs-Früherkennung per Post angeschrieben würden. Anderen sei die Bedeutung der Untersuchung gar nicht bekannt oder sie nähmen sich die Zeit nicht. &bdquo;Daran müssen wir arbeiten.“

Auch Männer sind in der Pflicht Beyhan Ataseven weiß auch um die Sorge, die Angst, dass etwas gefunden werden könnte. &bdquo;Die Frauen fühlen sich gesund.“ Aber es gehe ja eben darum, einen Tumor zu entdecken - &bdquo;zu Zeiten, in denen es noch gar keine Symptome gibt.“ In Sachen Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs nimmt Ataseven auch die Männer in die Pflicht: Die Viren seien sexuell übertragbar, &bdquo;bei Pocken wären wir ja auch nicht auf die Idee gekommen, nur die Hälfte der Menschheit zu impfen.“ Sie respektiere Impfkritiker, aber &bdquo;wir müssen aufklären, aufklären, aufklären, welche Optionen es gibt, und dadurch die Menschen überzeugen.“

Screeningprogramme machten nur Sinn und seien nur legitim, wenn dadurch nachweislich die Krebs-Sterblichkeit sinke. Dies sei bei dem Mammographie-Screening belegt. Wichtig sei jedoch auch, dass Frauen sich regelmäßig abtasteten. &bdquo;60 Prozent der Fälle werden durch die Frau selbst getastet.“ Und: Generell gilt es, auf Körpersignale, zum Beispiel auf Hautveränderungen zu achten, im Zweifel mit dem Hausarzt zu sprechen. Womit sie wieder beim wichtigen Thema &bdquo;Angst“ sei: Die könne Frauen wie Männern durch frühzeitige Konsultationen auch genommen werden.

Nachsorgeprogramme laufen über viele Jahre Egal welcher: Krebs ist zweifellos ernst zu nehmen, sagt Beyhan Ataseven. Krebs kann definitiv lebensbedrohlich sein. Aber: &bdquo;Es ist ganz wichtig zu wissen: Das ist nicht automatisch ein Todesurteil.“ Die Onkologie habe sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt; in der Behandlung habe sich einiges getan. Nachsorgeprogramme liefen über viele Jahre über immer längere Intervalle - auch, um eventuelle Therapie-Nachwirkungen zu beobachten. Vor allem Menschen, deren Verwandte an Krebs verstorben sind, sollen aufpassen. Mancher Krebs ist vererbbar. &bdquo;Wie ist Verwandtschaftsgrad, in welchem Alter ist der oder diejenige Verwandte daran erkrankt?“ Diese Kriterien seien wichtig, Checklisten liegen idealerweise beim Arzt.

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