Die Grippe tobt heftig in Lippe - macht eine Impfung jetzt noch Sinn?

Kreis Lippe. Die Grippewelle hat den Kreis Lippe fest im Griff. Das Klinikum kommt, wie andere Krankenhäuser in der Region, an seine Kapazitätsgrenzen. Laut Pressesprecher Christian Ritterbach sind knapp 120 Patienten isoliert und werden stationär versorgt. Das komme Hochzeiten der Corona-Pandemie nahe, berichtet Ritterbach.

Sind niedrige Impfzahlen schuld, dass sich die Influenza in dieser Saison breitmachen kann? Dazu kann das Klinikum nichts sagen. Denn: Kein Kranker muss seinen Impfstatus offenlegen. Besonders gefährdet sind Kleinkinder, ältere Menschen sowie chronisch kranke oder immungeschwächte Menschen.

Fieber, Husten, Gliederschmerzen Volle Wartezimmer hat auch Allgemeinmediziner Karl Arne Faust tagtäglich in seiner Gemeinschaftspraxis in Detmold vor sich. &bdquo;Es verdichtet sich gerade total“, sagt der Leiter der regionalen Ärztekammer. Allein sechs nachweisliche Fälle von Influenza Typ A habe Faust am Mittwochvormittag in der Sprechstunde vor sich sitzen gehabt. Die Symptome seien teils heftig: Fieber, trockener Husten, Gliederschmerzen. &bdquo;Die Patienten fühlen sich, als hätte man ihnen den Stecker gezogen.“

Ein Grund für den heftigen Wirkungstreffer könnte seiner Einschätzung nach die von der Pandemie gebliebene Impfmüdigkeit sein. Außerdem seien gerade viele Jüngere wieder unvorsichtiger, wenn es darum gehe, Kontakte zum eigenen Schutz zu meiden. &bdquo;Manche erkennen das Risiko zu spät“, sagt Faust.

Auch Apotheker Christian Schmidt, der in Lippe mehrere Apotheken betreibt, spürt den Krankenstand. &bdquo;Wer sich jetzt impfen lässt, ist in etwa 10 bis 14 Tagen geschützt“, wirbt er darum, etwas gegen schwere Krankheitsverläufe zu tun. Denn je nach Wetterlage könne sich die Welle noch bis März hinziehen.

Teufelskreis beim Impfen Christian Schmidt beschreibt die Intensität von Grippewellen als Chef der Bezirksgruppe im Apothekerverband als &bdquo;Ping-Pong-Spiel“. Sie kämen nicht umsonst wellenartig. Nach einer heftigen Saison ließen sich erfahrungsgemäß mehr Menschen impfen. Blieben die Krankheitszahlen durch den Schutz im Jahr darauf moderat, gingen auch die Impfzahlen wieder zurück. Ein Teufelskreis.

Um einem hohen Krankenstand vorzubeugen, bieten viele Firmen wie Phoenix Contact in Blomberg sowie Weidmüller in Detmold ihren Mitarbeitern im Herbst auf freiwilliger Basis an, sich die Grippeschutzimpfung zu bestimmten Terminen direkt im Unternehmen abzuholen. Beide Firmen sprechen von einem leicht erhöhten Krankenstand, der aber einem &bdquo;für diese Jahreszeit normalen Niveau“ entspreche. Phoenix Contact geht hierbei zudem eher von den üblichen Erkältungskrankheiten aus.

Und in den Schulen? Laut Schulamt macht sich die Krankheitswelle natürlich auch hier bemerkbar. Vereinzelt fielen Stunden aus oder könnten Ausflüge nicht stattfinden. &bdquo;Die Lage ist von Schule zu Schule sehr unterschiedlich.“ Die Bezirksregierung hat keine Informationen über Krankmeldungen oder temporäre Unterrichtsausfälle.

Auch Schulen betroffen Sabine Arning, Schulleiterin der Grundschule Am Teimer in Kalletal erklärt, es habe zuletzt einen hohen Anstieg der Krankenstände gegeben. &bdquo;Viele Kinder und Kollegen fallen über einen längeren Zeitraum aus, was die Situation erheblich belastet.“ Durch Mehrarbeit der verbleibenden Lehrkräfte sowie das Aufteilen der Klassen würden Unterricht und Betreuung aufrechterhalten. &bdquo;Die Gesundheit hat oberste Priorität. Gleichzeitig setzen wir alles daran, den Unterricht so gut wie möglich zu gewährleisten.“ Die Eltern seien aufgefordert, Kinder bei Krankheit zu Hause zu lassen und den Arzt aufzusuchen, um die Verbreitung von Erkrankungen zu minimieren.

Michale Hanke, Direktor des Hermann-Vöchting-Gymnasiums in Blomberg, spricht von einem &bdquo;normalen Krankenstand“. Montag hätten zum Beispiel 5 von 73 Lehrkräften gefehlt. &bdquo;Wir hören von grippalen Infekten, zum Teil auch mit schwereren Verläufen und Fieber, aber im normalen Ausmaß für diese Jahreszeit.“ Unterricht werde dann Lehrkräfte vertreten, &bdquo;hierfür haben wir in vielen Stunden Bereitschaften eingerichtet.“

In Lage gebe es zwar einen höheren Krankenstand bei den Schülern, das sei aber &bdquo;der Jahreszeit entsprechend nicht unüblich“, heißt es aus dem Rathaus. Zu Unterrichtsausfällen komme es in den meisten Fällen nicht, durch das Kollegium habe bislang alles aufgefangen werden können.

Notfallplan für die Kitas &bdquo;Der Krankenstand bei den Kita-Mitarbeitern ist relativ hoch“, erklärt indes Sylvia Riemann, Sprecherin des DRK Lippe. Es handele sich aber nicht nur um die Grippe, sondern auch um grippale Infekte im Allgemeinen, ebenso wie Magen-Darm-Erkrankungen. &bdquo;Wenn viele Mitarbeiter betroffen sind, tritt ein Notfallplan in Kraft nach einem Ampelsystem, damit die Eltern jederzeit über den aktuellen Stand in der Einrichtung informiert sind.“ Es würden häufiger Gruppen zusammengelegt oder Eltern würden gebeten, ihre Kinder früher abzuholen oder zu Hause zu betreuen, falls möglich und – je nach &bdquo;Ampelfarbe“.

Eine komplette Kitaschließung sei bislang nicht nötig gewesen. &bdquo;Wichtig ist, dass eine Notbetreuung, wenn sie in Kraft tritt, sozial gerecht gestaltet wird, die Betreuung also nicht nur für berufstätige Eltern gilt, sondern beispielsweise auch für Eltern, die Angehörige pflegen oder wichtige Termine wahrnehmen müssen.“

Einschränkungen seien allerdings oft nur kurzfristig, da schnell und flexibel auf personelle Verbesserungen in den betroffenen Gruppen reagiert werden könne. In den Kitas der AWO OWL hingegen seien zwar einige Mitarbeiter und Kinder erkrankt, &bdquo;für den Jahresanfang mit Erkältungs- und Grippewelle hält sich der Umfang aber in Maßen. Eine Notbetreuung gebe es derzeit in keiner Einrichtung.

Der Tipp: das Dreifach-Test-Kit Wenn etwas aus der Pandemie-Zeit hängen geblieben ist, dann das: Testen hilft. Sagt zumindest Arzt Karl Arne Faust. Wer mit ersten Symptomen nicht direkt zum Arzt in ein volles Wartezimmer wolle, dem rät er, sich ein Dreifach-Test-Kit aus der Apotheke zu holen. Inzwischen könne man für kleines Geld auf einen Rutsch prüfen, ob es sich bei den Symptomen um Influenza Typ A (gerade in Lippe verbreitet), Typ B oder Covid handele.

Wer dann Klarheit habe, sollte direkt in die Hausarztpraxis und sich Hilfsmittel verschreiben lassen. &bdquo;Man kann inzwischen mit Medikamenten gut den schweren Verlauf einer Influenza unterbrechen“, erklärt Faust. Das sei aber nur zu einem frühen Anfangsstadium der Erkrankung möglich, ehe das Virus volle Fahrt aufnehme.

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