So stehen Lippes Bundestagsabgeordnete zu einem möglichen AfD-Verbot

Kreis Lippe. Längst überfällig oder ein Schnellschuss? - In der Bewertung eines möglichen Parteiverbotsverfahrens für die AfD scheiden sich die Geister der Bundestagsabgeordneten. Dass die Partei jedoch eine Gefahr für die Demokratie darstellt, darin sind sie sich einig.

Die Christdemokratin Kerstin Vieregge sagt dazu: &bdquo;Ich habe keinen Zweifel daran, dass die AfD eine ernsthafte Gefahr für unsere Demokratie und Stabilität in unserem Land darstellt.“ Allerdings: &bdquo;Eine so weitreichende Entscheidung – wie zum Beispiel ein Parteiverbotsverfahren - darf nicht aus einem emotionalen Impuls heraus getroffen werden, sondern braucht Sorgfalt, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit.“

Nicht dem Opfer-Mythos in die Karten spielen Andernfalls, so ihre Sorge, &bdquo;erweisen wir unserer Demokratie einen Bärendienst – und stärken damit genau die, die ihr bewusst schaden wollen“. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die &bdquo;etablierten“ Parteien einen politischen Gegenspieler schlicht verbieten wollten – ohne ausreichende Transparenz und Rechtsstaatlichkeit, denn auch das sei eine Gefahr für die Demokratie. &bdquo;Umso mehr Bedenken habe ich angesichts des Zeitpunkts und der Art der öffentlichen Bekanntgabe der Hochstufung.“ Die Extertalerin kritisiert die Kommunikation des Verfassungsschutzes, ein kaum zweiseitiges Pressestatement sei zu wenig.

Wenn ein Parteiverbotsverfahren angestoßen werde, müsse sichergestellt sein, dass es auch erfolgreich sei. &bdquo;Sonst spielt dies weiter dem Opfer-Mythos-Narrativ der AfD in die Karten. Deshalb braucht es eine belastbare Beweislage, die der Verfassungsschutz mit seinen erweiterten Befugnissen nun konsequent erarbeiten muss. Einen Schnellschuss darf es nicht geben.“

Ob die AfD am Ende verboten werde oder nicht – &bdquo;keines der Probleme, die Menschen zur AfD treiben, wird dadurch gelöst. Weder Politikverdrossenheit noch Vertrauensverlust in Staat und demokratische Parteien lassen sich mit einem Verbot bekämpfen. Wir müssen dieser Partei den Nährboden für ihre Stärke entziehen – durch konkrete Antworten, sichtbare Problemlösungen und einen Staat, der wieder als handlungsfähig erlebt wird.“

&bdquo;Ein Verbot hat hohe Hürden“ So sieht es auch CDU-Bundestagsabgeordneter Christian Haase . &bdquo;Ein Verbot hat hohe Hürden. Ich würde deshalb raten, das Gutachten des Verfassungsschutzes zunächst einmal genau auszuwerten. Selbst wenn eine Partei verboten ist, sind ihre Wähler nicht weg. Es muss daher höchste Pflicht eines Demokraten sein, die Probleme der Menschen richtig anzusprechen und zu lösen, für eine stabile Regierung zu sorgen sowie die AfD politisch zu stellen.“ Durch die Einstufung als &bdquo;gesichert rechtsextrem“ könne er einer Wahl von AfD-Politikern in Ämter, die mit Sicherheitsinteressen verbunden sind, oder als Vertreter demokratischer Gruppen, zum Beispiel als Ausschussvorsitzende, nicht zustimmen.

&bdquo;Überfällige Bestätigung der jahrelangen Warnungen“ Grünen-Abgeordneter Robin Wagener sieht die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem als eine &bdquo;bittere, aber längst überfällige Bestätigung unserer jahrelangen Warnungen. Die Partei hetzt systematisch gegen Minderheiten, Parlament und Rechtsstaat.“ Er persönlich habe bereits in der vergangenen Wahlperiode den gescheiterten Antrag des CDU-Ostbeauftragten Marco Wanderwitz auf ein Parteiverbot der AfD im Bundestag unterstützt. Die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der AfD gegen die Grundlagen unseres Zusammenlebens seien offensichtlich. &bdquo;Wir dürfen nicht zulassen, dass sie weiter in unseren Parlamenten und in den Kommunen mitmischt - sie arbeitet an der Zerschlagung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.“ Er erwarte, dass Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat über einen Verbotsantrag beraten.

&bdquo;Jetzt liegen die Dinge anders“ Jürgen Berghahn (SPD) hat die vergangene Legislaturperiode lang als Bundestagsabgeordneter im selben Saal gesessen wie die AfD. Auch wenn der Istruper Berlin auf eigenen Wunsch den Rücken gekehrt hat, hat er eine Meinung zu einem möglichen Parteiverbotsverfahren gegen die AfD. Vor der jüngst erfolgten Einstufung habe er es für falsch gehalten, das Parteiverbotsverfahren in Gang zu setzen, sagt Berghahn auf Nachfrage der LZ. &bdquo;Doch jetzt liegen die Dinge anders. Jetzt wäre es aus meiner Sicht an der Zeit, das Thema noch mal in den Bundestag einzubringen.“

Deutschland sei eine wehrhafte Demokratie, darum müsse jetzt zumindest geprüft werden, ob ein solches Verfahren möglich ist. Es sei nun mal vorgesehen, um einer aktiven Gefährdung der Demokratie zu begegnen, und um zu verhindern, dass es einer Partei gelinge, den Staat zu stürzen. &bdquo;Es gibt genügend Indizien, dass genau dies das Ziel der AfD ist, angefangen bei dem konspirativen Treffen in Potsdam über diverse Reichsbürger, die mit der AfD gemeinsame Sache machen und Waffendepots und Trainingslager besitzen. Man kann nicht warten, wie es in den 30-er Jahren passiert war, als plötzlich SA-Truppen durch die Straßen marschierten.“ Gleichwohl sei das über 1000-seitige Gutachten des Verfassungsschutzes ja noch nicht öffentlich. &bdquo;Das muss noch genau geprüft werden, bevor weitere Schritte passieren.“

So stehen Lippes Bundestagsabgeordnete zu einem möglichen AfD-Verbot

Abgeordneter kehrt AfD nach Hochstufung den Rücken

Breite Front gegen die AfD auch in NRW: «der Hauptgegner»

Dobrindt: AfD-Gutachten reicht nicht für Verbotsverfahren

AfD zieht gegen Verfassungsschutz erneut vor Gericht

Menschenrechtsinstitut: Chance für AfD-Verbot in Karlsruhe

Klingbeil: AfD politisch «kleinkriegen» - Orban stützt AfD