Das Kreuz mit der AfD: Unsere Regeln im Wahlkampf

Kreis Lippe. Zum Umgang der LZ mit der AfD äußert sich Chefredakteur Dirk Baldus in einem Kommentar.

Nicht oft gibt eine Redaktion Einblick in ihre Entscheidungsfindung. Gern auf Nachfrage oder im direkten Dialog. Nicht aber an herausragender Stelle und öffentlich. Hier und jetzt sind Worte in eigener Sache dringend angebracht.

Die AfD ist aus rein juristischem Blickwinkel nicht als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht das anders, hat aber mit Rücksicht auf ein ausstehendes Gerichtsurteil im vergangenen Mai eine sogenannte Stillhaltezusage abgegeben. Will heißen: Die Behörde wird diese Aussage vorläufig nicht öffentlich wiederholen.

In die Zeit dieser Unklarheit fällt die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. Hier in Lippe kandidieren in Detmold, Extertal, Leopoldshöhe, Augustdorf, Oerlinghausen und Blomberg AfD-Männer für das Bürgermeister-Amt. In Schieder-Schwalenberg scheiterte die Partei an formalen Hürden, für Lage lehnte der Kreiswahlausschuss die Kandidatur von Uwe Detert ab, weil die Mehrheit Zweifel an seiner Verfassungstreue hatte.

Live-Formate und Interviews Unser journalistisches Ziel ist es, Ihnen als Leserinnen und Leser eine möglichst umfassende Hilfe für die Entscheidungsfindung am 14. September zu geben. Dabei setzen wir als Redaktion auf Live-Formate und Interviews mit den Kandidaten. Doch wie geht man mit den Kandidaten der AfD um? Mit den Männern, die für eine Partei stehen, die Tageszeitungen zur Lügenpresse abstempelt und öffentlich-rechtliche Sender Staatsfernsehen nennt? Eine Frage, die uns als Redaktion intensiv beschäftigt.

Und auf die wir mit einer anderen Frage antworten müssen. Wer sind wir, dass wir uns über das Recht stellen und präjudizierend eine Partei ausschließen? Aus diesem Blickwinkel hat sich die Redaktion dazu entschlossen, die Kandidaten der AfD gleich zu behandeln. Mit aller journalistischen Sorgfalt, der notwendigen Distanz (wie zu allen anderen auch) und mit einem besonderen Augenmerk auf Verfassungstreue.

Was heißt das konkret? Bei unseren Vor-Ort-Veranstaltungen werden die AfD-Kandidaten ihre Sicht der Dinge äußern können. Bis zu dem Punkt, an dem sie nachweisbar lügen oder das Fundament unserer Demokratie verlassen. Dann werden sie umgehend ausgeschlossen.

Keine Veröffentlichung bei inhaltlichen Veränderungen Bei den Interviews gestaltet sich unsere Richtlinie vielschichtiger. Die Wortlautinterviews mit allen Kandidaten – egal welcher Partei - können von diesen vor Abdruck autorisiert werden. Dieser im Journalismus übliche Schritt dient dazu, dass man sein Gesagtes an der ein oder Stelle sprachlich glätten kann. Denn niemand redet wie gedruckt. All unsere Kandidaten wissen vorher aber auch: Verändern sie anschließend inhaltliche Aussagen, wird die Redaktion das Interview, das aufgezeichnet worden ist, ablehnen.

Die ersten Interviews mit AfD-Kandidaten, die der LZ nun zur Veröffentlichung freigegeben worden sind, zeichnen sich allerdings teilweise durch ein besonderes Merkmal aus. &bdquo;Flood the Zone with Shit“ (harmlos übersetzt: Überflute die Zone mit Mist) ist ein Satz, der vom ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon geprägt wurde. Das ausgegebene Ziel: die öffentliche Diskussion in den Medien so stark mit Desinformationen und Ablenkungen zu überschwemmen, dass es nahezu unmöglich wird, Fakten von Fiktion zu unterscheiden. Durch Verwirrung sollen gezielt falsche Narrative verbreitet werden, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Ein Muster, das sich die AfD landes- und bundesweit immer wieder zu eigen macht.

Faktencheck und Weiterleitung an Behörden Aus diesem Grund wird die LZ diese Interviews gegebenenfalls kommentiert veröffentlichen. Wir werden alle Aussagen inhaltlich auf ihren Wahrheitsgehalt checken und diese – wenn sie falsch sind – in einem danebenstehenden Text widerlegen. Fallen in diesen Interviews Aussagen, die unserer Meinung nach der Verfassung widersprechen könnten, werden wir diese nicht veröffentlichen, sondern an die verantwortlichen Behörden zur Prüfung weiterleiten. Und Sie als Leserinnen und Leser transparent über diesen Schritt informieren.

All das mit der festen Überzeugung, dass wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, mit unserer journalistischen Herangehensweise hinreichend Rüstzeug an die Hand geben, um am Wahltag verantwortungsbewusst zu entscheiden.

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