Lemgo. Das Stadtpalais bekommt ein Schwesterhotel in der Breiten Straße. Nach Informationen der LZ hat sich Professor Klaus Steffens als Investor bei der europaweiten Ausschreibung des Doppelpacks „Alte Abtei plus Hansa-Hotel" durchgesetzt. Dem gebürtigen Lemgoer und ehemaligen Industriemanager beim bayerischen Triebwerkshersteller MTU gehört bereits das Stadtpalais an der Papenstraße.
Dort betreibt Maik Soukal als Pächter den Betrieb – künftig soll er auch das zweite Drei- bis Vier-Sterne-Haus in und neben der Alten Abtei führen, wie Beigeordneter Dirk Tolkemitt bestätigt. Nach Angaben von Architekt Reinhard Schwakenberg bringen es die beiden Hotelstandorte zusammen auf etwa 80 Zimmer, was einer heutzutage wirtschaftlich zu betreibenden Größenordnung entspreche. Konkret: Das alte Hansa-Hotel, in dem die Stadt derzeit Flüchtlinge untergebracht hat, soll abgerissen werden. An seiner Stelle würde ein Bettenhaus mit 27 Zimmern entstehen, die sich auf insgesamt drei Obergeschosse verteilen – dazu kommt die Rezeption im Erdgeschoss.

Außerdem ist eine Durchfahrt zu Parkplätzen im Hinterhof vorgesehen. Die restlichen benötigten Stellplätze sind in der Orpingstraße und auf dem Parkplatz Langenbrücker Tor eingeplant, wie Dirk Tolkemitt unterstreicht. Der Neubau-Teil des Hotelprojekts würde größtenteils im Jahr 2018 über die Bühne gehen. Der Abriss des alten Hansa-Hotels ist nach dem Auszug der Flüchtlinge sogar noch für dieses Jahr angepeilt, sodass der Straßen- und Entwässerungsbetrieb mit den noch fälligen Kanal- und Leitungsarbeiten loslegen könnte.
Sind diese fortgeschritten, könnten nach Kalkulation von Tolkemitt parallel die Rohbauarbeiten am Hotelneubau beginnen. „Erst anschließend kann die Breite Straße neu gepflastert werden", verweist Architekt Reinhard Schwakenberg auf das schwere Gerät, das notwendig ist und die Straße sonst arg in Mitleidenschaft ziehen würde.
Läuft alles nach Plan, wäre nach Vorstellung des Architekten von Investor Klaus Steffens der Neubauteil des neuen Hotels spätestens Ostern 2019 in Betrieb. Dann wird es baulich richtig interessant: Zwischenzeitlich will die Stadt nämlich das Wippermannsche Haus in der Kramerstraße umbauen, sodass hier die Volkshochschule Ende 2019 einziehen kann – damit wäre auch die Alte Abtei frei für das Hotelprojekt. Während des Neubaus würden daher gleich gläserne Verbindungsbrücken zwischen Neubau und VHS auf allen Etagen hergestellt.
In der Alten Abtei sollen dann ab 2020 nach Worten von Architekt Reinhard Schwakenberg ebenfalls einige Hotelzimmer entstehen. Das Besondere sind aber die Business-Appartements, die in den großen Sälen des altehrwürdigen Gebäudes mit Wohnküche, Schlafzimmer und Bad eingerichtet würden. Professoren oder Gäste der Hochschule oder Vertreter und Manager aus der Wirtschaft könnten hier für beispielsweise sechs Monate eine voll ausgestattete, möblierte Wohnung finden, sagt Schwakenberg. Sechs solcher Appartements mit bis zu 80 Quadratmeter seien eingeplant.
Wirtschaftlich ist das Projekt für Klaus Steffens und Stadtpalais-Betreiber Maik Soukal interessant, da sich Größenvorteile ergeben. Insbesondere ist ein besserer Personaleinsatz möglich, sagt Soukal mit Blick auf den Doppelstandort. Ein Beispiel wäre ein Nachtportier für beide Häuser, der sowohl von der Breiten Straße als auch der Papenstraße erreichbar ist. Dazu kämen Preisvorteile beim Einkauf von Waren.
Während direkt hinter der Alten Abtei auch Außenplätze für das Essensangebot für Hotelgäste bereit stünden, ist ebenfalls an eine öffentlich zugängliche Außengastronomie gedacht. Allerdings nicht direkt im Abteigarten, sondern nach Süden hin – zum Spielplatz an der Wallanlagen. Direkt hinter der Remise ist hier ein Cafébetrieb vorgesehen, der einen Kaffeegarten in Bega-Nähe mit sich bringen könnte. Ein vollwertiger Restaurant- oder Biergartenbetrieb wäre dies aber nicht.
Kommentar: Ein Plan mit Niveau
von Till Brand
Lemgo schließt eine Lücke: Im Drei-bis-Vier-Sterne-Bereich hat die Stadt bislang zu wenige Hotelbetten vorzuweisen. Ändern soll sich das durch den Verkauf der Alten Abtei, in der heute noch die Volkshochschule sitzt. In Kombination mit einem Neubau anstelle des maroden Hansa-Hotels sollen einige Dutzende Zimmer mit Anspruch entstehen.
Das ergibt Sinn. Lemgoer Firmen wie etwa der Sitzhersteller und Global-Player Isringhausen haben immer wieder Gäste aus dem Ausland. Auf dem Lüttfeld macht sich außerdem der „Innovation Campus" auf den Weg zu weiterem Wachstum. Die Nachfrage zahlungskräftiger Kundschaft, die ein gewisses Niveau erwartet, dürfte also eher zu- als abnehmen. Kein Wunder, dass im Hotel auch Business-Appartements geplant sind, in denen Manager länger bleiben können.
Erfolg versprechend ist das Vorhaben auch aus einem anderen Grund: Es kopiert teilweise die Idee des Stadtpalais, wo neben dem altehrwürdigen Hotel-Restaurant ebenfalls ein neues Bettenhaus entstanden ist. Ach ja: Investor sowie Betreiber sind an der Breiten Straße auch die Gleichen. Man kennt also den Markt.
Zuguterletzt ist die Nachricht eine gute für die Breite Straße. Nach „Bega-Beach", Brücke, Eis-Box, Pflaster und dem Brunnen für den Waisenhausplatz ist beim alten Sorgenkind wieder richtig Musik drin. Das neue Hotel ist ein wichtiger Baustein.