Vor allem Frauen fürchten sich abends vor dem Lemgoer Wall

Lemgo. Der Lemgoer Wall erfüllt vielerlei Zwecke: Er dient den Bürgern als Naherholungsgebiet, dient Fußgängern und Radfahrern als Wegstrecke und ist Heimat für viele Wildtiere. Doch vor allem in der dunklen Jahreszeit scheuen vor allem Frauen die Grünanlage, wie jüngst Schülerinnen im Jugendforum der Stadt einmal mehr betonten. Warum sie Angst haben, und ob das ungute Gefühl berechtigt ist, dazu hat die LZ bei Stadt und Polizei nachgefragt.

Uneinsichtige, durch Büsche und Sträucher abgetrennte Ecken und ein alter Bestand an hohen und wuchtigen Bäumen schaffen laut Rainer Heidemann von der Abteilung Forst und Grün der Stadt Lemgo eine etwas unheimliche Atmosphäre. In den dunklen Ecken, die vom Hauptweg nicht einsehbar sind, treffen sich immer wieder Gruppen, um Alkohol zu trinken. &bdquo;Wir haben bereits einige Sträucher und Bänke versetzt, um für eine bessere Übersicht zu sorgen. Auch pflegetechnisch ist es ohne Sträucher deutlich einfacher", erklärt Heidemann.

Bei der Beleuchtung wurde in den vergangenen Jahren viel erneuert und nachgerüstet, nachdem in der Vergangenheit Bürger immer wieder mehr Leuchten gefordert hatten. Im Stadtentwicklungsausschuss 2015 wurde ein neues Konzept beschlossen. Bis 2025 wird die Beleuchtung demnach komplett ausgetauscht. Im Bereich des Salvertorwall, zwischen dem Kriegerdenkmal und dem Ostertor und entlang des Kastanienwalls wurde bereits auf eine LED-Beleuchtung aufgestockt.

Aktuell fehlen noch neue Lampen auf dem Johannistorwall und dem Ostertorwall, erklärte Heiko Fischer von der Stadt Lemgo. Er ist verantwortlich für die Beleuchtungen von Straßen und Wegen. &bdquo;In den meisten Bereichen haben die Leuchten einen Abstand von 30 bis 45 Meter. Nur im Süden auf Lindenwall und dem hohem Wall sowie entlang der Engelbert-Kaempfer-Straße stehen sie aufgrund der speziellen Technik, bei der das Licht indirekt über den Deckel abgestrahlt wird, noch dichter", erklärt Fischer.

Keine kriminellen Vorfälle bekannt Allerdings brennen die Leuchten nicht die ganze Nacht, sondern werden je nach Tag ein bis zwei Stunden nach Mitternacht aus- und morgens gegen fünf oder sieben Uhr wieder eingeschaltet. Dass es nun aber am Wall gefährlicher ist, als anderswo in der Stadt, das kann Polizei Wachleiter Dirk Wallenstein so nicht bestätigen: &bdquo;Uns sind auf der Polizeistelle keine Beschwerden oder besonderen Vorfälle bekannt." Er geht davon aus, dass das subjektive Unsicherheitsgefühl vor allem von der Dunkelheit hervorgerufen werde. Gefährlich ist es dort seiner Erfahrung nach aber nicht.

Besonderer oder häufigerer Kontrollen als an andern Orten bedarf es am Wall nach Aussagen von Dirk Wallenstein nicht. Allerdings gäbe es hin und wieder kleine Delikte wie Taschendiebstähle. Dies sei aber in Bereichen, an denen sich viele Menschen aufhalten, nichts Außergewöhnliches. Beschwerden über Lärmbelästigung im Bereich des Ostertorwalls habe die Stadt bereits mit der Versetzung der Parkbänke entgegen gewirkt, sagt Wallenstein.

Der Wall dient allerdings nicht nur als Erholungsgebiet für die Bürger, sondern auch als Lebensraum für viele heimische Tiere. Vor allem die Fledermäuse leben in den Baumhöhlen der alten Linde, berichtete Willi Hennebrüder vom BUND Lemgo. Der Lindenwall diene ebenfalls als Lebensraum für eine reichhaltige Vogel- und Insektenwelt.

&bdquo;Die Rodungsmaßnahmen im Bereich der Bega hatten bereits negative Auswirkungen auf den Bestand der Fledermäuse. Diese lassen sich nicht so leicht umsiedeln, wie man vielleicht annehmen mag." Den geplanten Baumfällungen der Lindenallee kann er demnach nicht viel abgewinnen.

"Die Angst nehmen" Ein Kommentar von Katrin Kantelberg

Angsträume sind hässlich – und auch der Wall in Lemgo wird von Bürgern zu bestimmten Zeiten als solcher wahrgenommen. Damit verliert der Grüngürtel einen Teil seiner zweifellos hohen Attraktivität. Und das könnte sich letztlich zum Imageverlust auch für die Stadt auswachsen, denn die verkauft die Wallanlage rund um die Innenstadt zu Recht als eine der Vorzeigestrecken der alten Hansestadt.

Doch vor allem Frauen fühlen sich in der dunklen Jahreszeit dort nicht wohl. Sie meiden das Gebiet, auch wenn es nach aktuellen Erkenntnissen der Polizei keinen Grund dafür gibt. Wichtig ist es jetzt allerdings, die subjektiven Angstgefühle der Nutzer ernst zu nehmen – und das eben tut die Stadt. Sie hat reagiert, unübersichtliche Ecken lichter gestaltet, Bänke versetzt, zusätzliche Lampen installiert und ein neues Beleuchtungskonzept aufgestellt.

Gut gemacht. Denn nur, wenn die Stadt aktiv gegensteuert, kann sie verhindern, dass die Wallanlage – zu Recht oder nicht – auf Dauer an Anziehungskraft verliert.

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