Lemgo. Verschleiern musste sich Laura Ramm nicht, aber darauf achten, dass Schultern und Beine bedeckt sind. Und das bei über 40 Grad. Die Lemgoerin reiste in die kurdische Hauptstadt – nach Erbil im Nordirak. Ob Taxifahrer, Schuster oder der Weg in die Selbstständigkeit: Flüchtlingen vor ihrer Rückkehr eine Zukunft in ihrem Heimatland aufzeigen, ist ihr Job. Laura Ramm ist Ausreise- und Perspektivberaterin. In Erbil hat sie sich angesehen, was für Rückkehrer möglich ist.
Vier Stunden dauerte der Flug in den Nordirak. Eine Woche blieb Laura Ramm im Oktober dort – mit einem Team von zehn Rückreiseberatern aus ganz Deutschland. „Ich habe diese Exkursion gemacht, um mich davon zu überzeugen, dass das, was wir den Rückreisenden anbieten, wirklich existiert", sagt sie.
Rückreisende bekommen finanzielle Hilfe
Als Ausreise- und Perspektivberaterin ist sie seit mehr als einem Jahr dafür zuständig, mit den Menschen, die in ihr Heimatland zurückreisen möchten oder keine Chance auf eine Zukunft in Deutschland haben, einen ersten Plan aufzustellen, um in der Heimat wieder Fuß zu fassen. „Gemeinsam überlegen wir, was die Person dort beruflich machen könnte", erklärt sie. Viele würden Taxifahrer werden, andere eröffnen eigene Schuh- oder Handygeschäfte. Ein kleines Startkapital gibt es von Organisationen vor Ort, die die Förderungen aus Deutschland erhalten. „Nicht bar auf die Hand, sondern in Form von Sachleistungen", macht Laura Ramm deutlich. Damit ließe sich von heute auf morgen zwar keine Existenz gründen, es biete aber den Anstoß für Rückkehrer, ihr Leben im Heimatland in die Hand zu nehmen.
Den Rückkehrern, die die 28-Jährige im Nordirak besucht hat, sei es gut ergangen. „Es gab niemanden, der nicht zurechtgekommen ist", weiß sie. Auch öffentliche Einrichtungen wie die Schule oder das Krankenhaus habe sie sich angesehen. Von der Gastfreundschaft ist die Lemgoerin noch heute überwältigt. „Wir wurden herzlich empfangen, es gab keinerlei Anfeindungen, auf all unsere Wünsche wurde eingegangen", erinnert sie sich.

Untergebracht waren die Deutschen in einem Hotel. Besonders die Esskultur wird Laura Ramm in Erinnerung bleiben. „Der Tisch war stets voll mit Vorspeisen, dann gab es die Hauptspeise und zum Abschluss Tee und Baklava", beschreibt sie die Restaurantbesuche. Bezahlen hätte man allerdings nur die Hauptspeise müssen, der Rest sei pure Gastfreundschaft gewesen.
"Ich habe mich keine Sekunde unsicher gefühlt"
Familie und Freunde standen der Reise erst skeptisch gegenüber. „Wenn ich erzählt habe, dass ich in den Irak reise, war niemand begeistert", sagt die Lemgoerin. Wegen der Sicherheit in dem Land hätten viele große Bedenken gehabt. Obwohl es dort seit Jahren keine Anschläge mehr gegeben habe, wie Laura Ramm unterstreicht. „Ich habe mich in keiner Sekunde unsicher gefühlt."

Bevor sie im vergangenen Jahr die Stelle als Ausreiseberaterin angenommen hat, war die 28-Jährige für Asylanträge zuständig. Angestellt ist sie bei der Herberge zur Heimat. Den neuen Job wollte sie erst gar nicht machen. „Das war für mich sehr negativ behaftet", sagt Laura Ramm. „Menschen zurück in die Heimat schicken." Dann habe sie erkannt, dass sie die meist unumgängliche Ausreise mit ihrer Arbeit für die Iraker, Syrer oder Iraner, mit denen sie häufig zusammenarbeitet, einfacher macht.
Gelegentlich berät sie heute sogar Migranten bei der Rückkehr, mit denen sei damals die Asylanträge ausgefüllt hat. „Zu sehen, dass sie keine Zukunft in Deutschland haben, ist oft emotional", gibt sie zu.
Gefallen an ihrem neuen Job hat sie aber längst gefunden. Die Exkursion nach Erbil war für Laura Ramm sehr wertvoll, die Mitfahrt ein Privileg, wie sie selbst sagt. „Es stärkt die Glaubwürdigkeit, wenn vor den Migranten jemand sitzt, der weiß, wie die Lebensverhältnisse und Chancen in ihrer Heimat wirklich sind", macht sie deutlich. Die Vertrauensbasis sei sofort eine andere. „Ich kann die Menschen nun mit einem besseren Gefühl zurückschicken", resümiert die Lemgoerin. „Ich weiß, sie werden in ihrem Heimatland aufgefangen."
Tausende kehren zurück

Deutschland unterstützt mit einem Förderprogramm Personen bei der freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) organisiert und betreut die Ausreise. Diese bietet Migranten finanzielle Unterstützung an. „Wir Rückkehrberater stehen in enger Kooperation mit IOM", unterstreicht Ausreiseberaterin Laura Ramm. „Die Anträge, die wir mit den Rückkehrern ausfüllen, gehen an die Organisation und werden von dort aus genehmigt." 15.962 Personen wurde 2018 nach Auskunft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Ausreise über das Förderprogramm des Bundes ermöglicht.