„Freude verschenkt“: Kunden erinnern sich an die alte Gärtnerei Kaufmann in Brake

Lemgo-Brake. Die ehemalige Gärtnerei Kaufmann war Mitte des 20. Jahrhunderts ein fester Bestandteil der Braker Wirtschaft. Als das Gebäude 2018 abbrannte , stand es schon lange leer . Nun wurde die Brandruine an der Lemgoer Straße abgerissen, um Platz für einen Lidl zu schaffen. Mit dem Abriss wurden bei vielen ehemaligen Kunden Erinnerungen an die alte Gärtnerei wach.

&bdquo;Es ist jammerschade, dass das Haus sich selbst überlassen wurde. Das war so ein schöner, markanter Backsteinbau“, findet Sven-Eric Bierhenke. Vor Ort habe es die seltensten Kakteen gegeben. &bdquo;Ich kann mich noch erinnern, dass mir Willi Kaufmann mal einen 80 Jahre alten Kaktus gezeigt hat. Da habe ich mich als Kind gefragt, wie lange der wohl schon dort stehen muss“, erzählt der Immobilienmakler.

Kostenlose Blumen für Frauen Der Inhaber sei ein richtiges Braker Original gewesen. &bdquo;Er schlurfte immer im typischen Gärtnerlook mit Latzhose und Strohhut durch den Laden und zeigte einem, was man wollte und noch viel mehr“, erinnert sich Bierhenke. Beim Bezahlen drehte sich der Gärtner um, griff in die Taschen seiner Latzhose und holte das Wechselgeld immer passend heraus. Außerdem habe er immer ein offenes Ohr für seine Kunden gehabt.

&bdquo;Herr Kaufmann war schon ein bisschen schrullig, das muss man so sagen“, sagt Hartmut Baack und lacht. Frauen habe er immer eine kostenlose Blume mitgegeben und gesagt: &bdquo;Damit sie wiederkommen.“ Baack erinnert sich noch an eine Geschichte, die damals in ganz Brake erzählt worden sei: &bdquo;Herr Kaufmann misstraute den Banken. Er soll sein Haus damals in bar bezahlt haben.“

Besondere Orchideen Seine Kunden habe er zudem ganz selbstverständlich geduzt und direkt beim Reinkommen gefragt: &bdquo;Willste was kaufen? Was willste denn haben?“ Die Gärtnerei Kaufmann sei außerdem bekannt für ihre Orchideen gewesen. Der Inhaber habe sich seit den 50er-Jahren auf die Orchideenzucht spezialisiert und sie europaweit liefern lassen.

&bdquo;In der Gärtnerei gab es auch bis zum Schluss keine Ölheizung“, sagt Baack. Kaufmann sei einer der letzten Braker gewesen, der noch mit Koks geheizt habe. Die Gewächshäuser seien außerdem nie verschlossen gewesen. &bdquo;Das wussten die Braker Lausbuben aus der Nähe natürlich und dann gab es bei einigen zu Muttertag eine wunderschöne Orchidee“, weiß Baack.

Ganze Orchideen-Sträuße Jens Begemann erinnert sich ebenfalls an die besondere Orchideensammlung der Gärtnerei Kaufmann. Der Inhaber habe ganze Sträuße aus Frauenschuh-Orchideen verkauft. &bdquo;Das war eine teure Angelegenheit“, sagt Begemann. Und auf seine Blumen sei der Gärtner stolz gewesen. Er habe oft gesagt: &bdquo;Ach komm doch mal mit. Ich muss dir erst mal meine Blumen zeigen.“

Wenn Kunden schlecht gelaunt waren, habe Kaufmann immer einen lockeren Spruch parat gehabt und sie mit einer Führung durch die Gewächshäuser wieder aufgebaut. Und wenn Begemann als Kind von seiner Oma zum Blumenholen geschickt wurde, habe er regelmäßig eine extra Blume geschenkt bekommen.

Inhaber war ein echtes Unikum Auch Jost Wolf erinnert sich gut an die ehemalige Gärtnerei: &bdquo;Ich hätte nicht gedacht, dass ich es noch erlebe, dass die Brandruine abgerissen wird. Schon mein halbes Leben stand die dort so rum.“ Den Inhaber habe er als echtes Unikum in Erinnerung. Er habe ihm nie sagen wollen, was eine einzelne Schnittblume koste. Stattdessen habe sich Kaufmann einfach ein paar auf den Arm gepackt und gesagt: &bdquo;So, das wären dann zehn Mark.“

&bdquo;Mein Vater hat dort früher regelmäßig Rosen für meine Mutter gekauft. Der Gärtner hat das aber wohl anders interpretiert und ihm irgendwann ein paar Blumen umsonst dazu gegeben: ,Damit Ihre Frau auch mal ein paar Blumen bekommt.’“, erinnert sich Wolf.

Preise nach Bauchgefühl Dass die Brandruine nun abgerissen wurde, hat auch bei einigen Facebook-Nutzern Erinnerungen geweckt.&bdquo;Kaufmanns Willi war eine Seele von Mann. Als ich 1988 nach der Trennung kein Geld für einen Tannenbaum hatte, musste ich noch nicht mal den Tannenzweig bezahlen, den ich kaufen wollte“, schreibt eine Nutzerin. Zusätzlich habe er ihr noch eine Rose geschenkt.

Dass das Haus nun abgerissen wurde, macht einen weiteren Nutzer traurig: &bdquo;Wieder verschwindet ein Stück Vergangenheit. Die alte Gärtnerei Kaufmann war für mich ein besonderer Ort.“ Schon als Kind sei er dort gewesen. Kaufmann habe nicht nur Blumen gebunden, sondern Freude verschenkt. Seine Preise habe er offenbar nach Bauchgefühl gemacht – wie es ihm gerade so in den Kopf kam, erinnert sich ein ehemaliger Kunde.

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