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Wiederaufbau der Johanniter nach dem zweiten Weltkrieg begann in Lügde

Herrenmeister Oskar Prinz von Preußen reaktivierte von der Osterräderstadt aus die Organisation. Dabei bekam er Hilfe von der Firma Schwering & Hasse

Guntmar Wolff

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Das Johanniter-Stift in Lügde: Heimleiterin Inga Francksen steht neben dem alten Eingangsbegrenzungspfleiler. Die Betreuungseinrichtung wurde unter anderem errichtet, weil von der Osterräderstadt der Wiederaufbau des Ordens vorangetrieben wurde. - © Bernhard Preuss
Das Johanniter-Stift in Lügde: Heimleiterin Inga Francksen steht neben dem alten Eingangsbegrenzungspfleiler. Die Betreuungseinrichtung wurde unter anderem errichtet, weil von der Osterräderstadt der Wiederaufbau des Ordens vorangetrieben wurde. (© Bernhard Preuss)

Lügde. Vor Kurzem haben Mitarbeiter und Bewohner des Johanniter-Stifts in Lügde den 20. Geburtstag der Einrichtung gefeiert. Die Osterräderstadt hat für die karitative Organisation aber noch aus einem ganz anderen Grund eine besondere Bedeutung. Von Lügde aus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg der Wiederaufbau der Johanniter in Deutschland vorangetrieben. 

Während der Zeit des Nationalsozialismus war der Orden in seinen Aktivitäten stark eingeschränkt, durfte beispielsweise keine neuen Mitglieder aufnehmen. „Nach dem Ende des Krieges war es jedoch der Wunsch vieler Mitglieder, damals noch Ordensritter genannt, wieder unter dem achtspitzigen Kreuz tätig zu werden", erzählt Jürgen von Olberg, ehrenamtlicher Vorstand der Johanniter Lippe-Höxter.

An dieser Stelle kommt Oskar Prinz von Preußen ins Spiel. Dieser war bis zum Ende des Krieges Herrenmeister des Johanniterordens gewesen und blieb dies auch bis an sein Lebensende 1958. Um aber in Deutschland den Orden wieder aufzubauen, brauchte er Hilfe. Die erhielt er von der Lügder Firma Schwering & Hasse. Das Unternehmen, das heute auf lackierte Kupfer- und Aluminiumdrähte spezialisiert ist, war damals noch in Teilen eine Zigarrenfabrik.

Diesem Geschäftszweig stand Ernst Hasse vor. Er stellte dem Prinzen ein Büro zur Verfügung, von wo aus dieser den Orden und seine Aktivitäten wieder aufbaute. Unter der Ägide des Prinzen von Preußen wurde unter anderem im Jahre 1952 die bis heute bestehende Institution der Johanniter Unfall-Hilfe gegründet.

Unterstützung hatte die Organisation damals auch vom britischen Ritterordens St. John bekommen. Denn um wieder aktiv werden zu dürfen, brauchten die Johanniter die Genehmigung der Alliierten. Die Mitglieder des St.-John-Ordens hatten unter anderem durchblicken lassen, dass sie die Erste-Hilfe-Kenntnisse der deutschen Bevölkerung als „völlig unzureichend ansehe", so von Olberg.

Aus diesem Grund entschieden sich die Verantwortlichen der Johanniter, das Aufgabenfeld zu erweitern. Neben dem Betreiben von Krankenhäusern und der Ausbildung zu Johanniterschwestern „sollte der Ordensarbeit eine neue Richtung gegeben werden", erläutert Jürgen von Olberg die Historie und fährt fort: „Die Engländer stimmten dem zu, da die Johanniter als unbelastet durch die Nazi-Zeit galten."

Dass es seit 1996 im ehemaligen Postenhof in der Osterräderstadt ein Seniorenwohn- und Pflegeheim der Johanniter gibt, habe auch mit dieser Geschichte zu tun. „Um daran zu erinnern, dass Lügde der Ort gewesen ist, von wo aus die Wiederbelebung des Ordens stattgefunden hat, wurde die Einrichtung errichtet", erzählt von Olberg.

Heute betreiben die Johanniter außerdem in Elbrinxen noch eine Tageseinrichtung für Kleinkinder unter drei Jahren und in Lügde selbst noch zwei offene Ganztagsschulen.

Information

Herrenmeister der Hohenzollern

Unter Johanniterorden ist die protestantische Ordensgemeinschaft im Gesamtorden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem zu verstehen, die 1538 aus der Ordensprovinz Brandenburg des Ritterordens des Johanniter- oder Hospitaliterordens hervorgegangen ist. An der Spitze des Johanniterordens steht eigenen Angaben zufolge der Herrenmeister. Seit 1693 wurden ununterbrochen Hohenzollernprinzen zu Herrenmeistern gewählt. 

Der Johanniterorden trägt unter anderem Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäuser. Als Ordenswerke bestehen darüber hinaus die Johanniter-Unfall-Hilfe mit rund 1,4 Millionen aktiven und fördernden Mitgliedern, die Johanniter-Schwesternschaft sowie die Johanniter-Hilfsgemeinschaften.

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