Lügde: Kindesmissbrauch hätte zwei Jahre früher aufgedeckt werden können

Düsseldorf/Lügde. Nur ein dummer Zufall hat möglicherweise verhindert, dass der vielfache, schwere Kindesmissbrauch auf dem Campingplatz in Lügde nicht schon zwei Jahre früher aufgedeckt worden ist. In einer tabellarischen Auflistung von Missbrauchs-Verdachtsfällen bei der Polizei Lippe war der Namen des Haupttäters offenbar falsch geschrieben.

Nur deshalb konnte eine Kriminalhauptkommissarin ihn nach Verdachtshinweisen einer aufmerksamen Mitarbeiterin des Jobcenters Blomberg nicht finden. &bdquo;Hätte ich ihn in der Liste gefunden, wäre ich wohl anders in dem Fall vorgegangen und hätte Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft gehalten", sagte die Ermittlerin vor dem Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags. Zweimal wurde Andreas V. wegen eines Missbrauchsverdachts in die Exceldatei der Polizei Lippe eingetragen, 2002 und 2008. In beiden Fällen allerdings wurde von der Polizei nicht weiter ermittelt.

Jugendamt Hameln versicherte, dass alles in Ordnung sei Den Hinweisen auf einen möglichen sexuellen Missbrauch seines Pflegekindes, ein damals fünfjähriges Mädchen, durch den später enttarnten Pädokriminellen Andreas V. ist die Kriminalbeamtin, die bei der Polizei Lippe auf Sexualdelikte spezialisiert war, offenbar auch deshalb nicht weiter nachgegangen, weil es eine Absprache zwischen ihrem Kommissariat, der Staatsanwaltschaft Detmold und dem Jugendamt gab.

Danach sollte die Polizei bei &bdquo;weichen Hinweisen" auf sexuellen Kindesmissbrauch immer dann mit ihren Ermittlungen &bdquo;zurückhaltend" sein und die Staatsanwaltschaft nicht einschalten, wenn das Jugendamt in der Familie aktiv sei, &bdquo;also viel näher dran ist, als wir es je sein können", wie die Hauptkommissarin formulierte. Nach der Aufdeckung des Missbrauchs im November 2018 leitete die Beamtin übrigens zunächst die Ermittlungen in Lippe, bevor sie an das Polizeipräsidium Bielefeld übergingen.

Weil aber das Jugendamt Hameln versicherte, auf dem Campingplatz sei alles in Ordnung, es gebe dort keinen sexuellen Missbrauch und man betreue Pflegevater und Pflegekind sehr intensiv, gab es bei der Lipper Polizei absprachegemäß zunächst keine weiteren Ermittlungen und die Staatsanwaltschaft wurde nicht informiert – ein folgenschwerer Fehler, wie sich später herausstellte.

Bericht der Sonderermittlerin liegt endlich vor Nach mehreren Verzögerungen liegt jetzt der Entwurf des Berichts der Sonderermittlerin der niedersächsischen Landesregierung im Fall Lügde im Sozialministerium in Hannover vor. Darüber hat der neue Landrat des Kreises Hameln-Pyrmont, Dirk Adomat (SPD), am Freitag den Hamelner Kreistag informiert. Veröffentlicht ist der Bericht allerdings noch nicht.

Der Untersuchungsbericht resultiert aus einer Vereinbarung des Landkreises Hameln-Pyrmont mit dem Innen- sowie dem Sozialministerium in Hannover. Überprüft werden sollten die Fallbearbeitung und Organisation der Verwaltungsabläufe im Landkreis Hameln-Pyrmont im Zusammenhang mit dem Missbrauchsfall in Lügde.

Vor allem das Hamelner Jugendamt war wegen verschiedener Fehleinschätzungen und der Entscheidung, ein kleines Mädchen einem alleinstehenden Mann, der von der Grundsicherung auf einer verwahrlosten Campingplatzparzelle auf dem Campingplatz in Lügde lebte, als Pflegekind zu überlassen. Später stellte sich heraus, dass der Camper einer der Haupttäter des jahrelangen Kindesmissbrauchs und das Pflegekind eines der ersten Opfer des Pädokriminellen wurde.

Mit dem Sonderbericht war die frühere Erste Stadträtin und Sozialdezernentin der niedersächsischen Stadt Salzgitter, Christa Frenzel (SPD) bereits im Juni 2019 beauftragt worden. Die Fertigstellung des Berichts hatte sich immer wieder verzögert.

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